Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Die Chymiker betrachten indeß die Phänomene des Schießpulvers von einer andern Seite, und hielten sie mit Recht für eine Folge des gewöhnlichen Verpuffens, welches hier nur schneller als sonst, und augenblicklich durch die ganze Masse des Pulvers verbreitet werde. Man hat aber wenig Erklärungen dieses Verpuffens gewagt. Macquer, um Stahls Theorie desselben deutlicher zu machen, nimmt dazu einen durch Vereinigung der Salpetersäure mit dem Brennbaren entstehenden Salpeterschwefel an, der so entzündlich sey, daß er keinen Augenblick, ohne zu glühen, bestehen könne, s. Verpuffen. Uebrigens setzt er das Wesentliche des Schießpulvers blos in den Salpeter und die Kohlen, und glaubt, der Schwefel befördere blos die Geschwindigkeit der Entzündung. Priestley (Exp. and observ. relating to various branches of natural philosophy. London, 1779. 8. p. 255.) erinnert dagegen, es würde dieser Salpeterschwefel ohne gemeine Luft doch nicht brennen können, die Luft aber, worinn sich das Pulver entzünde, würde durch das entbundene Brennbare bald phlogistisirt seyn, und das Brennen nicht weiter befördern. Er erklärt daher die Entzündung des Pulvers, so wie das Verpuffen überhaupt, aus der dephlogistisirten Luft, welche sich bey der Glühhitze aus dem Salpeter in Menge entwickelt, und in welcher alle entzündliche Körper schnell und heftig mit Glanz und Knistern verbrennen. Er nimmt an, daß hiebey auch die Salpetersäure entbunden, und vielleicht mit zu Hervorbringung der dephlogistisirten Luft oder einer andern Gasart verwendet werde. D. Ingenhouß (Versuch einer neuen Theorie über das Schießpulver, in dess. Vermischten Schriften. Wien, 1784. gr. 8. B. I. S. 305. u. f.) wendet dagegen ein, die dephlogistisirte Luft allein knalle nicht, ohne mit brennbarer vermischt zu seyn; auch sey ihm die Erzeugung eines Salpetergeistes hiebey nicht wahrscheinlich, da man in ofner
Die Chymiker betrachten indeß die Phaͤnomene des Schießpulvers von einer andern Seite, und hielten ſie mit Recht fuͤr eine Folge des gewoͤhnlichen Verpuffens, welches hier nur ſchneller als ſonſt, und augenblicklich durch die ganze Maſſe des Pulvers verbreitet werde. Man hat aber wenig Erklaͤrungen dieſes Verpuffens gewagt. Macquer, um Stahls Theorie deſſelben deutlicher zu machen, nimmt dazu einen durch Vereinigung der Salpeterſaͤure mit dem Brennbaren entſtehenden Salpeterſchwefel an, der ſo entzuͤndlich ſey, daß er keinen Augenblick, ohne zu gluͤhen, beſtehen koͤnne, ſ. Verpuffen. Uebrigens ſetzt er das Weſentliche des Schießpulvers blos in den Salpeter und die Kohlen, und glaubt, der Schwefel befoͤrdere blos die Geſchwindigkeit der Entzuͤndung. Prieſtley (Exp. and obſerv. relating to various branches of natural philoſophy. London, 1779. 8. p. 255.) erinnert dagegen, es wuͤrde dieſer Salpeterſchwefel ohne gemeine Luft doch nicht brennen koͤnnen, die Luft aber, worinn ſich das Pulver entzuͤnde, wuͤrde durch das entbundene Brennbare bald phlogiſtiſirt ſeyn, und das Brennen nicht weiter befoͤrdern. Er erklaͤrt daher die Entzuͤndung des Pulvers, ſo wie das Verpuffen uͤberhaupt, aus der dephlogiſtiſirten Luft, welche ſich bey der Gluͤhhitze aus dem Salpeter in Menge entwickelt, und in welcher alle entzuͤndliche Koͤrper ſchnell und heftig mit Glanz und Kniſtern verbrennen. Er nimmt an, daß hiebey auch die Salpeterſaͤure entbunden, und vielleicht mit zu Hervorbringung der dephlogiſtiſirten Luft oder einer andern Gasart verwendet werde. D. Ingenhouß (Verſuch einer neuen Theorie uͤber das Schießpulver, in deſſ. Vermiſchten Schriften. Wien, 1784. gr. 8. B. I. S. 305. u. f.) wendet dagegen ein, die dephlogiſtiſirte Luft allein knalle nicht, ohne mit brennbarer vermiſcht zu ſeyn; auch ſey ihm die Erzeugung eines Salpetergeiſtes hiebey nicht wahrſcheinlich, da man in ofner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0853" xml:id="P.3.847" n="847"/><lb/> eingekerkerter Luft; und alſo auf ein Misverſtaͤndniß gruͤnden, welches erſt in neuern Zeiten durch richtigere Begriffe von Entwickelung der Gasarten gehoben werden koͤnnte.</p> <p>Die Chymiker betrachten indeß die Phaͤnomene des Schießpulvers von einer andern Seite, und hielten ſie mit Recht fuͤr eine Folge des gewoͤhnlichen Verpuffens, welches hier nur ſchneller als ſonſt, und augenblicklich durch die ganze Maſſe des Pulvers verbreitet werde. Man hat aber wenig Erklaͤrungen dieſes Verpuffens gewagt. <hi rendition="#b">Macquer,</hi> um <hi rendition="#b">Stahls</hi> Theorie deſſelben deutlicher zu machen, nimmt dazu einen durch Vereinigung der Salpeterſaͤure mit dem Brennbaren entſtehenden Salpeterſchwefel an, der ſo entzuͤndlich ſey, daß er keinen Augenblick, ohne zu gluͤhen, beſtehen koͤnne, ſ. <hi rendition="#b">Verpuffen.</hi> Uebrigens ſetzt er das Weſentliche des Schießpulvers blos in den Salpeter und die Kohlen, und glaubt, der Schwefel befoͤrdere blos die Geſchwindigkeit der Entzuͤndung.</p> <p><hi rendition="#b">Prieſtley</hi><hi rendition="#aq">(Exp. and obſerv. relating to various branches of natural philoſophy. London, 1779. 8. p. 255.)</hi> erinnert dagegen, es wuͤrde dieſer Salpeterſchwefel ohne gemeine Luft doch nicht brennen koͤnnen, die Luft aber, worinn ſich das Pulver entzuͤnde, wuͤrde durch das entbundene Brennbare bald phlogiſtiſirt ſeyn, und das Brennen nicht weiter befoͤrdern. Er erklaͤrt daher die Entzuͤndung des Pulvers, ſo wie das Verpuffen uͤberhaupt, aus der dephlogiſtiſirten Luft, welche ſich bey der Gluͤhhitze aus dem Salpeter in Menge entwickelt, und in welcher alle entzuͤndliche Koͤrper ſchnell und heftig mit Glanz und Kniſtern verbrennen. Er nimmt an, daß hiebey auch die Salpeterſaͤure entbunden, und vielleicht mit zu Hervorbringung der dephlogiſtiſirten Luft oder einer andern Gasart verwendet werde.</p> <p><hi rendition="#b">D. Ingenhouß</hi> (Verſuch einer neuen Theorie uͤber das Schießpulver, in deſſ. Vermiſchten Schriften. Wien, 1784. gr. 8. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 305. u. f.) wendet dagegen ein, die dephlogiſtiſirte Luft allein knalle nicht, ohne mit brennbarer vermiſcht zu ſeyn; auch ſey ihm die Erzeugung eines Salpetergeiſtes hiebey nicht wahrſcheinlich, da man in ofner<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [847/0853]
eingekerkerter Luft; und alſo auf ein Misverſtaͤndniß gruͤnden, welches erſt in neuern Zeiten durch richtigere Begriffe von Entwickelung der Gasarten gehoben werden koͤnnte.
Die Chymiker betrachten indeß die Phaͤnomene des Schießpulvers von einer andern Seite, und hielten ſie mit Recht fuͤr eine Folge des gewoͤhnlichen Verpuffens, welches hier nur ſchneller als ſonſt, und augenblicklich durch die ganze Maſſe des Pulvers verbreitet werde. Man hat aber wenig Erklaͤrungen dieſes Verpuffens gewagt. Macquer, um Stahls Theorie deſſelben deutlicher zu machen, nimmt dazu einen durch Vereinigung der Salpeterſaͤure mit dem Brennbaren entſtehenden Salpeterſchwefel an, der ſo entzuͤndlich ſey, daß er keinen Augenblick, ohne zu gluͤhen, beſtehen koͤnne, ſ. Verpuffen. Uebrigens ſetzt er das Weſentliche des Schießpulvers blos in den Salpeter und die Kohlen, und glaubt, der Schwefel befoͤrdere blos die Geſchwindigkeit der Entzuͤndung.
Prieſtley (Exp. and obſerv. relating to various branches of natural philoſophy. London, 1779. 8. p. 255.) erinnert dagegen, es wuͤrde dieſer Salpeterſchwefel ohne gemeine Luft doch nicht brennen koͤnnen, die Luft aber, worinn ſich das Pulver entzuͤnde, wuͤrde durch das entbundene Brennbare bald phlogiſtiſirt ſeyn, und das Brennen nicht weiter befoͤrdern. Er erklaͤrt daher die Entzuͤndung des Pulvers, ſo wie das Verpuffen uͤberhaupt, aus der dephlogiſtiſirten Luft, welche ſich bey der Gluͤhhitze aus dem Salpeter in Menge entwickelt, und in welcher alle entzuͤndliche Koͤrper ſchnell und heftig mit Glanz und Kniſtern verbrennen. Er nimmt an, daß hiebey auch die Salpeterſaͤure entbunden, und vielleicht mit zu Hervorbringung der dephlogiſtiſirten Luft oder einer andern Gasart verwendet werde.
D. Ingenhouß (Verſuch einer neuen Theorie uͤber das Schießpulver, in deſſ. Vermiſchten Schriften. Wien, 1784. gr. 8. B. I. S. 305. u. f.) wendet dagegen ein, die dephlogiſtiſirte Luft allein knalle nicht, ohne mit brennbarer vermiſcht zu ſeyn; auch ſey ihm die Erzeugung eines Salpetergeiſtes hiebey nicht wahrſcheinlich, da man in ofner
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