Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Kepler (Astronomia nova, tradita Comment. de motibus stellae Martis, Pragae, 1609. fol. in Introduct.) hatte schon vor Entdeckung der Sonnenflecken an eine Umwälzung der Sonne um ihre Axe gedacht, mittelst welcher sie die Planeten um sich führen könnte. Descartes benützt diese Umwälzung, um den Wirbel in Bewegung zu setzen, der alle Planeten um die Sonne führt, wobey es ein günstiger Umstand ist, daß Umwälzung der Sonne und Bewegung der Planeten beyde nach einerley Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, gehen. Aber nach Newtons Mechanik des Himmels besteht die Umdrehung der Sonne ganz für sich, ohne einigen Einfluß auf die Umläufe der übrigen Weltkörper zu haben. Dennoch bleibt der Sonnenäquator allemal in unserm Sonnensystem die einzige Ebne in ihrer Art -- eine Ebne, deren Lage ganz allein durch die Umdrehung des Hauptkörpers bestimmt wird, von allen Beziehungen auf andere Körper frey, und so viel wir wissen, unveränderlich ist, welches man weder von der Ekliptik, noch von irgend einer andern Ebne im Weltsystem sagen kan. Daher hat Cassini vorgeschlagen (Mem. de Paris 1734. p. 146.), die Stellungen der Planeten lieber auf den Sonnenäquator, als auf die Erdbahn, zu beziehen. Diesem an sich schicklichen Vorschlage steht aber das entgegen, daß die Bestimmung der Lage des Sonnenäquators selbst allzufeine Beobachtungen erfordert, und daher immer schwer und unsicher bleibt. Meinungen über die Natur der Sonnenflecken. Bey Untersuchung der Natur der Sonnenflecken kömmt es zuerst in Frage, ob sie wohl auf der Fläche der Sonne selbst liegen, oder ob sie über diese Fläche erhaben sind und frey schweben. Die Erscheinungen enthalten nichts, was uns nöthigte, das Letztere anzunehmen. Man bemerkt an ihnen keine Parallaxe gegen die Sonne, und der Umstand, daß sie etwas länger unsichtbar, als sichtbar, sind, erklärt sich leicht daraus, daß sie, wegen der Wendung und Verkürzung Kepler (Aſtronomia nova, tradita Comment. de motibus ſtellae Martis, Pragae, 1609. fol. in Introduct.) hatte ſchon vor Entdeckung der Sonnenflecken an eine Umwaͤlzung der Sonne um ihre Axe gedacht, mittelſt welcher ſie die Planeten um ſich fuͤhren koͤnnte. Descartes benuͤtzt dieſe Umwaͤlzung, um den Wirbel in Bewegung zu ſetzen, der alle Planeten um die Sonne fuͤhrt, wobey es ein guͤnſtiger Umſtand iſt, daß Umwaͤlzung der Sonne und Bewegung der Planeten beyde nach einerley Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, gehen. Aber nach Newtons Mechanik des Himmels beſteht die Umdrehung der Sonne ganz fuͤr ſich, ohne einigen Einfluß auf die Umlaͤufe der uͤbrigen Weltkoͤrper zu haben. Dennoch bleibt der Sonnenaͤquator allemal in unſerm Sonnenſyſtem die einzige Ebne in ihrer Art — eine Ebne, deren Lage ganz allein durch die Umdrehung des Hauptkoͤrpers beſtimmt wird, von allen Beziehungen auf andere Koͤrper frey, und ſo viel wir wiſſen, unveraͤnderlich iſt, welches man weder von der Ekliptik, noch von irgend einer andern Ebne im Weltſyſtem ſagen kan. Daher hat Caſſini vorgeſchlagen (Mém. de Paris 1734. p. 146.), die Stellungen der Planeten lieber auf den Sonnenaͤquator, als auf die Erdbahn, zu beziehen. Dieſem an ſich ſchicklichen Vorſchlage ſteht aber das entgegen, daß die Beſtimmung der Lage des Sonnenaͤquators ſelbſt allzufeine Beobachtungen erfordert, und daher immer ſchwer und unſicher bleibt. Meinungen uͤber die Natur der Sonnenflecken. Bey Unterſuchung der Natur der Sonnenflecken koͤmmt es zuerſt in Frage, ob ſie wohl auf der Flaͤche der Sonne ſelbſt liegen, oder ob ſie uͤber dieſe Flaͤche erhaben ſind und frey ſchweben. Die Erſcheinungen enthalten nichts, was uns noͤthigte, das Letztere anzunehmen. Man bemerkt an ihnen keine Parallaxe gegen die Sonne, und der Umſtand, daß ſie etwas laͤnger unſichtbar, als ſichtbar, ſind, erklaͤrt ſich leicht daraus, daß ſie, wegen der Wendung und Verkuͤrzung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0103" xml:id="P.4.93" n="93"/><lb/> </p> <p><hi rendition="#b">Kepler</hi> (<hi rendition="#aq">Aſtronomia nova, tradita Comment. de motibus ſtellae Martis, Pragae, 1609. fol. in Introduct.</hi>) hatte ſchon vor Entdeckung der Sonnenflecken an eine Umwaͤlzung der Sonne um ihre Axe gedacht, mittelſt welcher ſie die Planeten um ſich fuͤhren koͤnnte. <hi rendition="#b">Descartes</hi> benuͤtzt dieſe Umwaͤlzung, um den Wirbel in Bewegung zu ſetzen, der alle Planeten um die Sonne fuͤhrt, wobey es ein guͤnſtiger Umſtand iſt, daß Umwaͤlzung der Sonne und Bewegung der Planeten beyde nach einerley Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, gehen. 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Kepler (Aſtronomia nova, tradita Comment. de motibus ſtellae Martis, Pragae, 1609. fol. in Introduct.) hatte ſchon vor Entdeckung der Sonnenflecken an eine Umwaͤlzung der Sonne um ihre Axe gedacht, mittelſt welcher ſie die Planeten um ſich fuͤhren koͤnnte. Descartes benuͤtzt dieſe Umwaͤlzung, um den Wirbel in Bewegung zu ſetzen, der alle Planeten um die Sonne fuͤhrt, wobey es ein guͤnſtiger Umſtand iſt, daß Umwaͤlzung der Sonne und Bewegung der Planeten beyde nach einerley Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, gehen. Aber nach Newtons Mechanik des Himmels beſteht die Umdrehung der Sonne ganz fuͤr ſich, ohne einigen Einfluß auf die Umlaͤufe der uͤbrigen Weltkoͤrper zu haben.
Dennoch bleibt der Sonnenaͤquator allemal in unſerm Sonnenſyſtem die einzige Ebne in ihrer Art — eine Ebne, deren Lage ganz allein durch die Umdrehung des Hauptkoͤrpers beſtimmt wird, von allen Beziehungen auf andere Koͤrper frey, und ſo viel wir wiſſen, unveraͤnderlich iſt, welches man weder von der Ekliptik, noch von irgend einer andern Ebne im Weltſyſtem ſagen kan. Daher hat Caſſini vorgeſchlagen (Mém. de Paris 1734. p. 146.), die Stellungen der Planeten lieber auf den Sonnenaͤquator, als auf die Erdbahn, zu beziehen. Dieſem an ſich ſchicklichen Vorſchlage ſteht aber das entgegen, daß die Beſtimmung der Lage des Sonnenaͤquators ſelbſt allzufeine Beobachtungen erfordert, und daher immer ſchwer und unſicher bleibt. Meinungen uͤber die Natur der Sonnenflecken.
Bey Unterſuchung der Natur der Sonnenflecken koͤmmt es zuerſt in Frage, ob ſie wohl auf der Flaͤche der Sonne ſelbſt liegen, oder ob ſie uͤber dieſe Flaͤche erhaben ſind und frey ſchweben. Die Erſcheinungen enthalten nichts, was uns noͤthigte, das Letztere anzunehmen. Man bemerkt an ihnen keine Parallaxe gegen die Sonne, und der Umſtand, daß ſie etwas laͤnger unſichtbar, als ſichtbar, ſind, erklaͤrt ſich leicht daraus, daß ſie, wegen der Wendung und Verkuͤrzung
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