der Fläche, am Rande der Sonnenkugel nicht gesehen werden können. Zwar hat Wolfgang Kraft (Comment. Acad. Petrop. To. VII. ingl. in Diss. I. de Atmosphaera Solis. Tubing. 1746. Diss. II. 1747. 4.) aus diesem Umstand ihren Abstande von der Sonne folgern und bestimmen wollen, aber dabey die Bewegung der Erde in Betrachtung zu ziehen vergessen. Da die Flecken am Rande der Sonne äußerst schmal, als dünne Striche erscheinen, gegen die Mitte aber weit breiter und runder werden, so kan man hieraus mit de la Lande schließen, daß sie auf die Oberfläche der Sonne selbst haften. Wären sie über dieselbe, als freyschwebende besondere Körper, erhaben, so müßten sie uns am Rande einen eben so großen Theil der Sonne, als in der Mitte, verdecken.
Bald nach der ersten Entdeckung hielten viele die Sonnenflecken für eigne um die Sonne laufende Planeten. Johann Tarde (Borbonia sidera, falso maculae Solis nuncupata, Paris. 1620. 4.) u. ein Niederländer (Malapertii Sidera Austriaca periheliaca. Duaci 1627. 4.) gaben diesen vermeinten Planeten eigne Namen. Selbst Otto von Guericke (Exp. nova de spatio vacuo. L. I. c. 13. p. 21.) läßt die Flecken als Planeten um die Sonne laufen. Aber diese Meinung widerlegt sich durch den Mangel des Abstands von der Sonne und durch ihre Vergänglichkeit.
Galilei, der dem Systeme der Unvergänglichkeit der Himmel nicht geneigt war, hielt sie für eine Art von Rauch und Wolken, oder auch für Schaum auf dem großen Meere von feiner flüßiger Sonnenmaterie. Auch Hevel (Selenogr. p. 83.) ist dieser Meinung, und Herr v. Wolf, der die Himmelskörper nach lauter von der Erde abstrahirten Begriffen beurtheilt, erklärt die Sonnenflecken ganz entscheidend für Wolken oder Sammlungen der aus dem Sonnenkörper aufgestiegnen Dünste. Diese Erklärung möchte wenigstens einen andern Begriff von Wolken, als den gewöhnlichen, voraussetzen. Sammlungen lockerer Dünste könnten doch das dort so dichte Sonnenlicht nicht so stark aufhalten, daß sie sich als ganz schwarze Kerne zeigten.
der Flaͤche, am Rande der Sonnenkugel nicht geſehen werden koͤnnen. Zwar hat Wolfgang Kraft (Comment. Acad. Petrop. To. VII. ingl. in Diſſ. I. de Atmoſphaera Solis. Tubing. 1746. Diſſ. II. 1747. 4.) aus dieſem Umſtand ihren Abſtande von der Sonne folgern und beſtimmen wollen, aber dabey die Bewegung der Erde in Betrachtung zu ziehen vergeſſen. Da die Flecken am Rande der Sonne aͤußerſt ſchmal, als duͤnne Striche erſcheinen, gegen die Mitte aber weit breiter und runder werden, ſo kan man hieraus mit de la Lande ſchließen, daß ſie auf die Oberflaͤche der Sonne ſelbſt haften. Waͤren ſie uͤber dieſelbe, als freyſchwebende beſondere Koͤrper, erhaben, ſo muͤßten ſie uns am Rande einen eben ſo großen Theil der Sonne, als in der Mitte, verdecken.
Bald nach der erſten Entdeckung hielten viele die Sonnenflecken fuͤr eigne um die Sonne laufende Planeten. Johann Tarde (Borbonia ſidera, falſo maculae Solis nuncupata, Paris. 1620. 4.) u. ein Niederlaͤnder (Malapertii Sidera Auſtriaca periheliaca. Duaci 1627. 4.) gaben dieſen vermeinten Planeten eigne Namen. Selbſt Otto von Guericke (Exp. nova de ſpatio vacuo. L. I. c. 13. p. 21.) laͤßt die Flecken als Planeten um die Sonne laufen. Aber dieſe Meinung widerlegt ſich durch den Mangel des Abſtands von der Sonne und durch ihre Vergaͤnglichkeit.
Galilei, der dem Syſteme der Unvergaͤnglichkeit der Himmel nicht geneigt war, hielt ſie fuͤr eine Art von Rauch und Wolken, oder auch fuͤr Schaum auf dem großen Meere von feiner fluͤßiger Sonnenmaterie. Auch Hevel (Selenogr. p. 83.) iſt dieſer Meinung, und Herr v. Wolf, der die Himmelskoͤrper nach lauter von der Erde abſtrahirten Begriffen beurtheilt, erklaͤrt die Sonnenflecken ganz entſcheidend fuͤr Wolken oder Sammlungen der aus dem Sonnenkoͤrper aufgeſtiegnen Duͤnſte. Dieſe Erklaͤrung moͤchte wenigſtens einen andern Begriff von Wolken, als den gewoͤhnlichen, vorausſetzen. Sammlungen lockerer Duͤnſte koͤnnten doch das dort ſo dichte Sonnenlicht nicht ſo ſtark aufhalten, daß ſie ſich als ganz ſchwarze Kerne zeigten.
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der Flaͤche, am Rande der Sonnenkugel nicht geſehen werden koͤnnen. Zwar hat Wolfgang Kraft (Comment. Acad. Petrop. To. VII. ingl. in Diſſ. I. de Atmoſphaera Solis. Tubing. 1746. Diſſ. II. 1747. 4.) aus dieſem Umſtand ihren Abſtande von der Sonne folgern und beſtimmen wollen, aber dabey die Bewegung der Erde in Betrachtung zu ziehen vergeſſen. Da die Flecken am Rande der Sonne aͤußerſt ſchmal, als duͤnne Striche erſcheinen, gegen die Mitte aber weit breiter und runder werden, ſo kan man hieraus mit de la Lande ſchließen, daß ſie auf die Oberflaͤche der Sonne ſelbſt haften. Waͤren ſie uͤber dieſelbe, als freyſchwebende beſondere Koͤrper, erhaben, ſo muͤßten ſie uns am Rande einen eben ſo großen Theil der Sonne, als in der Mitte, verdecken.
Bald nach der erſten Entdeckung hielten viele die Sonnenflecken fuͤr eigne um die Sonne laufende Planeten. Johann Tarde (Borbonia ſidera, falſo maculae Solis nuncupata, Paris. 1620. 4.) u. ein Niederlaͤnder (Malapertii Sidera Auſtriaca periheliaca. Duaci 1627. 4.) gaben dieſen vermeinten Planeten eigne Namen. Selbſt Otto von Guericke (Exp. nova de ſpatio vacuo. L. I. c. 13. p. 21.) laͤßt die Flecken als Planeten um die Sonne laufen. Aber dieſe Meinung widerlegt ſich durch den Mangel des Abſtands von der Sonne und durch ihre Vergaͤnglichkeit.
Galilei, der dem Syſteme der Unvergaͤnglichkeit der Himmel nicht geneigt war, hielt ſie fuͤr eine Art von Rauch und Wolken, oder auch fuͤr Schaum auf dem großen Meere von feiner fluͤßiger Sonnenmaterie. Auch Hevel (Selenogr. p. 83.) iſt dieſer Meinung, und Herr v. Wolf, der die Himmelskoͤrper nach lauter von der Erde abſtrahirten Begriffen beurtheilt, erklaͤrt die Sonnenflecken ganz entſcheidend fuͤr Wolken oder Sammlungen der aus dem Sonnenkoͤrper aufgeſtiegnen Duͤnſte. Dieſe Erklaͤrung moͤchte wenigſtens einen andern Begriff von Wolken, als den gewoͤhnlichen, vorausſetzen. Sammlungen lockerer Duͤnſte koͤnnten doch das dort ſo dichte Sonnenlicht nicht ſo ſtark aufhalten, daß ſie ſich als ganz ſchwarze Kerne zeigten.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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