Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Herr de la Lande glaubt, die Beständigkeit des Orts der Flecken in der Sonne nöthige schlechterdings, sie für Massen zu halten, die am Sonnenkörper fest sind. Dies hat auch schon de la Hire für möglich gehalten, und seine vorhin erwähnte Hypothese dahin modificirt, daß die dunkeln Massen wirkliche Hervorragungen des Sonnenkörpers seyn könnten, die sich wie Klippen über das leuchtende Fluidum auf der Oberfläche erhöben, die Nebel aber seichte Stellen, die das leuchtende Fluidum wenig bedeckte, und die gleichsam Sandbänke um diese Klippen bildeten. Dieser Muthmaßung giebt de la Lande vielen Beyfall. Hievon weicht auch dasjenige nur wenig ab, was Hr. Bode (Beschaftigungen der berliner Ges. naturforschender Freunde, II. B. Berlin, 1766. gr. 8. S. 225 u. f.) vorgetragen und in hohem Grade wahrscheinlich gemacht hat. Nach der Meinung dieses mit Recht beliebten Schriststellers ist die Sonne ein dunkler Körper, wie unsere Erde, der aus Land und Wasser besteht, Berge und Thäler auf seiner Oberfläche hat, und um den sich eine Atmosphäre verbreitet. Auf diesen Körper hat der Schöpfer die Lichtmaterie zusammengebracht, welche um selbigen, wie die Luft um unsern Erdball, strömet. Diese Photosphäre zieht sich zuweilen auf der Sonne hie und da zuruck, und läßt uns alsdann durch die in ihr entstehenden Oefnungen Theile von der dunkeln Oberfläche der Sonne selbst sehen. Sind diese entblößten Stellen der Sonne so beschaffen, daß sie nur wenig Licht zurückwerfen, wie z. B. ein Meer, ein schattichtes Thal, eine tiefe Grube, so erscheint uns ein mehr oder minder schwärzlicher Sonnenfleck; sind es solche, die mehr Licht zurücksenden, z. B. sandiges Erdreich, so sehen wir einen weißlichen Fleck oder eine Sonnenfackel. Die Nebel sind entweder wirklich hellere Theile auf der Sonnenfläche, die den dunkeln Fleck in der Mitte, der vielleicht eine tiefe Grube ist, umschließen, oder sie rühren davon her, daß der Lichtüberzug um die Ränder der Oefnung herum sehr dünn ist, und die dunkle Fläche durchschimmern
Herr de la Lande glaubt, die Beſtaͤndigkeit des Orts der Flecken in der Sonne noͤthige ſchlechterdings, ſie fuͤr Maſſen zu halten, die am Sonnenkoͤrper feſt ſind. Dies hat auch ſchon de la Hire fuͤr moͤglich gehalten, und ſeine vorhin erwaͤhnte Hypotheſe dahin modificirt, daß die dunkeln Maſſen wirkliche Hervorragungen des Sonnenkoͤrpers ſeyn koͤnnten, die ſich wie Klippen uͤber das leuchtende Fluidum auf der Oberflaͤche erhoͤben, die Nebel aber ſeichte Stellen, die das leuchtende Fluidum wenig bedeckte, und die gleichſam Sandbaͤnke um dieſe Klippen bildeten. Dieſer Muthmaßung giebt de la Lande vielen Beyfall. Hievon weicht auch dasjenige nur wenig ab, was Hr. Bode (Beſchaftigungen der berliner Geſ. naturforſchender Freunde, II. B. Berlin, 1766. gr. 8. S. 225 u. f.) vorgetragen und in hohem Grade wahrſcheinlich gemacht hat. Nach der Meinung dieſes mit Recht beliebten Schriſtſtellers iſt die Sonne ein dunkler Koͤrper, wie unſere Erde, der aus Land und Waſſer beſteht, Berge und Thaͤler auf ſeiner Oberflaͤche hat, und um den ſich eine Atmoſphaͤre verbreitet. Auf dieſen Koͤrper hat der Schoͤpfer die Lichtmaterie zuſammengebracht, welche um ſelbigen, wie die Luft um unſern Erdball, ſtroͤmet. Dieſe Photoſphaͤre zieht ſich zuweilen auf der Sonne hie und da zuruck, und laͤßt uns alsdann durch die in ihr entſtehenden Oefnungen Theile von der dunkeln Oberflaͤche der Sonne ſelbſt ſehen. Sind dieſe entbloͤßten Stellen der Sonne ſo beſchaffen, daß ſie nur wenig Licht zuruͤckwerfen, wie z. B. ein Meer, ein ſchattichtes Thal, eine tiefe Grube, ſo erſcheint uns ein mehr oder minder ſchwaͤrzlicher Sonnenfleck; ſind es ſolche, die mehr Licht zuruͤckſenden, z. B. ſandiges Erdreich, ſo ſehen wir einen weißlichen Fleck oder eine Sonnenfackel. Die Nebel ſind entweder wirklich hellere Theile auf der Sonnenflaͤche, die den dunkeln Fleck in der Mitte, der vielleicht eine tiefe Grube iſt, umſchließen, oder ſie ruͤhren davon her, daß der Lichtuͤberzug um die Raͤnder der Oefnung herum ſehr duͤnn iſt, und die dunkle Flaͤche durchſchimmern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0106" xml:id="P.4.96" n="96"/><lb/> uͤberhaupt verbieten, die Sonne fuͤr brennend oder gluͤhend anzunehmen.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de la Lande</hi> glaubt, die Beſtaͤndigkeit des Orts der Flecken in der Sonne noͤthige ſchlechterdings, ſie fuͤr Maſſen zu halten, die am Sonnenkoͤrper feſt ſind. Dies hat auch ſchon <hi rendition="#b">de la Hire</hi> fuͤr moͤglich gehalten, und ſeine vorhin erwaͤhnte Hypotheſe dahin modificirt, daß die dunkeln Maſſen wirkliche Hervorragungen des Sonnenkoͤrpers ſeyn koͤnnten, die ſich wie Klippen uͤber das leuchtende Fluidum auf der Oberflaͤche erhoͤben, die Nebel aber ſeichte Stellen, die das leuchtende Fluidum wenig bedeckte, und die gleichſam Sandbaͤnke um dieſe Klippen bildeten. Dieſer Muthmaßung giebt <hi rendition="#b">de la Lande</hi> vielen Beyfall.</p> <p>Hievon weicht auch dasjenige nur wenig ab, was Hr. <hi rendition="#b">Bode</hi> (Beſchaftigungen der berliner Geſ. naturforſchender Freunde, <hi rendition="#aq">II.</hi> B. Berlin, 1766. gr. 8. S. 225 u. f.) vorgetragen und in hohem Grade wahrſcheinlich gemacht hat. Nach der Meinung dieſes mit Recht beliebten Schriſtſtellers iſt die Sonne ein dunkler Koͤrper, wie unſere Erde, der aus Land und Waſſer beſteht, Berge und Thaͤler auf ſeiner Oberflaͤche hat, und um den ſich eine Atmoſphaͤre verbreitet. Auf dieſen Koͤrper hat der Schoͤpfer die Lichtmaterie zuſammengebracht, welche um ſelbigen, wie die Luft um unſern Erdball, ſtroͤmet. Dieſe <hi rendition="#b">Photoſphaͤre</hi> zieht ſich zuweilen auf der Sonne hie und da zuruck, und laͤßt uns alsdann durch die in ihr entſtehenden Oefnungen Theile von der dunkeln Oberflaͤche der Sonne ſelbſt ſehen. Sind dieſe entbloͤßten Stellen der Sonne ſo beſchaffen, daß ſie nur wenig Licht zuruͤckwerfen, wie z. B. ein Meer, ein ſchattichtes Thal, eine tiefe Grube, ſo erſcheint uns ein mehr oder minder ſchwaͤrzlicher Sonnenfleck; ſind es ſolche, die mehr Licht zuruͤckſenden, z. B. ſandiges Erdreich, ſo ſehen wir einen weißlichen Fleck oder eine Sonnenfackel. Die Nebel ſind entweder wirklich hellere Theile auf der Sonnenflaͤche, die den dunkeln Fleck in der Mitte, der vielleicht eine tiefe Grube iſt, umſchließen, oder ſie ruͤhren davon her, daß der Lichtuͤberzug um die Raͤnder der Oefnung herum ſehr duͤnn iſt, und die dunkle Flaͤche durchſchimmern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
uͤberhaupt verbieten, die Sonne fuͤr brennend oder gluͤhend anzunehmen.
Herr de la Lande glaubt, die Beſtaͤndigkeit des Orts der Flecken in der Sonne noͤthige ſchlechterdings, ſie fuͤr Maſſen zu halten, die am Sonnenkoͤrper feſt ſind. Dies hat auch ſchon de la Hire fuͤr moͤglich gehalten, und ſeine vorhin erwaͤhnte Hypotheſe dahin modificirt, daß die dunkeln Maſſen wirkliche Hervorragungen des Sonnenkoͤrpers ſeyn koͤnnten, die ſich wie Klippen uͤber das leuchtende Fluidum auf der Oberflaͤche erhoͤben, die Nebel aber ſeichte Stellen, die das leuchtende Fluidum wenig bedeckte, und die gleichſam Sandbaͤnke um dieſe Klippen bildeten. Dieſer Muthmaßung giebt de la Lande vielen Beyfall.
Hievon weicht auch dasjenige nur wenig ab, was Hr. Bode (Beſchaftigungen der berliner Geſ. naturforſchender Freunde, II. B. Berlin, 1766. gr. 8. S. 225 u. f.) vorgetragen und in hohem Grade wahrſcheinlich gemacht hat. Nach der Meinung dieſes mit Recht beliebten Schriſtſtellers iſt die Sonne ein dunkler Koͤrper, wie unſere Erde, der aus Land und Waſſer beſteht, Berge und Thaͤler auf ſeiner Oberflaͤche hat, und um den ſich eine Atmoſphaͤre verbreitet. Auf dieſen Koͤrper hat der Schoͤpfer die Lichtmaterie zuſammengebracht, welche um ſelbigen, wie die Luft um unſern Erdball, ſtroͤmet. Dieſe Photoſphaͤre zieht ſich zuweilen auf der Sonne hie und da zuruck, und laͤßt uns alsdann durch die in ihr entſtehenden Oefnungen Theile von der dunkeln Oberflaͤche der Sonne ſelbſt ſehen. Sind dieſe entbloͤßten Stellen der Sonne ſo beſchaffen, daß ſie nur wenig Licht zuruͤckwerfen, wie z. B. ein Meer, ein ſchattichtes Thal, eine tiefe Grube, ſo erſcheint uns ein mehr oder minder ſchwaͤrzlicher Sonnenfleck; ſind es ſolche, die mehr Licht zuruͤckſenden, z. B. ſandiges Erdreich, ſo ſehen wir einen weißlichen Fleck oder eine Sonnenfackel. Die Nebel ſind entweder wirklich hellere Theile auf der Sonnenflaͤche, die den dunkeln Fleck in der Mitte, der vielleicht eine tiefe Grube iſt, umſchließen, oder ſie ruͤhren davon her, daß der Lichtuͤberzug um die Raͤnder der Oefnung herum ſehr duͤnn iſt, und die dunkle Flaͤche durchſchimmern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |