Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Spiegelcabinet, Spiegelkasten Cistula catoptrica, Boite catoptrique, Caisse catoptrique, Cabinet de glace. Man giebt diesen Namen allen mit Wänden umschloßenen Räumen, in welchen mehrere Planspiegel so angebracht sind, daß sie die Bilder der Gegenstände vervielfältigen. Man bekleidet entweder große Zimmer und Säle so mit Spiegeln, daß die Gegenstände darinn fast ins Unzählbare vervielfältiget werden (Spiegelzimmer, Spiegelsäle), oder man richtet kleine portative Spiegelkasten so ein, daß der von außen hineinsehende Zuschauer mehrere Gegenstände, statt eines einzigen, erblickt. Die ganze Sache beruht auf der Vervielfältigung der Bilder durch zween oder mehrere Planspiegel. Wenn man zween Planspiegel einander parallel gegenüber stellt, so werden die Stralen, die ein dazwischenliegender Gegenstand aussendet, unaufhörlich von einem Spiegel zum andern zurückgeworfen. Also sieht ein Auge, das sich ebenfalls zwischen den Spiegeln befindet, den Gegenstand in beyden durch einmal, zweymal, dreymal u. s. w. hin und her reflectirte Stralen, oder es erscheint ihm in jedem Spiegel eine Reihe von unzählbaren Bildern des Gegenstandes, unter denen die hintern immer schwächer werden (weil doch bey jeder Reflexion etwas Licht verlohren geht), so daß man die letzten wegen ihrer Schwäche und Dunkelheit nicht mehr wahrnehmen kan. So bildet eine brennende Kerze zwischen parallelen Spiegeln in jedem eine geradlinichte Reihe von fast unzählbaren Lichtflammen ab. Wenn die Ebenen beyder Spiegel einen Winkel mit einander machen, so bleiben die vervielfältigten Bilder nicht mehr in einer geradlinichten Reihe, sondern stellen sich in einen Kreisbogen, der den Abstand des Gegenstands von der Spitze des Winkels zum Halbmesser hat, und es können in jedem Spiegel nur so viel Bilder gesehen werden, als in dem hinter dem Spiegel liegenden Halbkreise Platz haben. Daher sieht man in solchen Spiegeln statt eines Lichts mehrere in einem Kreise stehende, statt eines gleich chenklichten Dreyecks, dessen Winkel an der Spitze in den Winkel beyder Spiegel passet, ein ganzes Polygon u. s. w. Die Gesetze Spiegelcabinet, Spiegelkaſten Ciſtula catoptrica, Boite catoptrique, Caiſse catoptrique, Cabinet de glace. Man giebt dieſen Namen allen mit Waͤnden umſchloßenen Raͤumen, in welchen mehrere Planſpiegel ſo angebracht ſind, daß ſie die Bilder der Gegenſtaͤnde vervielfaͤltigen. Man bekleidet entweder große Zimmer und Saͤle ſo mit Spiegeln, daß die Gegenſtaͤnde darinn faſt ins Unzaͤhlbare vervielfaͤltiget werden (Spiegelzimmer, Spiegelſaͤle), oder man richtet kleine portative Spiegelkaſten ſo ein, daß der von außen hineinſehende Zuſchauer mehrere Gegenſtaͤnde, ſtatt eines einzigen, erblickt. Die ganze Sache beruht auf der Vervielfaͤltigung der Bilder durch zween oder mehrere Planſpiegel. Wenn man zween Planſpiegel einander parallel gegenuͤber ſtellt, ſo werden die Stralen, die ein dazwiſchenliegender Gegenſtand ausſendet, unaufhoͤrlich von einem Spiegel zum andern zuruͤckgeworfen. Alſo ſieht ein Auge, das ſich ebenfalls zwiſchen den Spiegeln befindet, den Gegenſtand in beyden durch einmal, zweymal, dreymal u. ſ. w. hin und her reflectirte Stralen, oder es erſcheint ihm in jedem Spiegel eine Reihe von unzaͤhlbaren Bildern des Gegenſtandes, unter denen die hintern immer ſchwaͤcher werden (weil doch bey jeder Reflexion etwas Licht verlohren geht), ſo daß man die letzten wegen ihrer Schwaͤche und Dunkelheit nicht mehr wahrnehmen kan. So bildet eine brennende Kerze zwiſchen parallelen Spiegeln in jedem eine geradlinichte Reihe von faſt unzaͤhlbaren Lichtflammen ab. Wenn die Ebenen beyder Spiegel einen Winkel mit einander machen, ſo bleiben die vervielfaͤltigten Bilder nicht mehr in einer geradlinichten Reihe, ſondern ſtellen ſich in einen Kreisbogen, der den Abſtand des Gegenſtands von der Spitze des Winkels zum Halbmeſſer hat, und es koͤnnen in jedem Spiegel nur ſo viel Bilder geſehen werden, als in dem hinter dem Spiegel liegenden Halbkreiſe Platz haben. Daher ſieht man in ſolchen Spiegeln ſtatt eines Lichts mehrere in einem Kreiſe ſtehende, ſtatt eines gleich chenklichten Dreyecks, deſſen Winkel an der Spitze in den Winkel beyder Spiegel paſſet, ein ganzes Polygon u. ſ. w. Die Geſetze <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0142" xml:id="P.4.132" n="132"/><lb/> </p> </div> <div n="3"> <head>Spiegelcabinet, Spiegelkaſten</head><lb/> <p><hi rendition="#aq">Ciſtula catoptrica, <hi rendition="#i">Boite catoptrique, Caiſse catoptrique, Cabinet de glace.</hi></hi> Man giebt dieſen Namen allen mit Waͤnden umſchloßenen Raͤumen, in welchen mehrere Planſpiegel ſo angebracht ſind, daß ſie die Bilder der Gegenſtaͤnde vervielfaͤltigen. 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Spiegelcabinet, Spiegelkaſten
Ciſtula catoptrica, Boite catoptrique, Caiſse catoptrique, Cabinet de glace. Man giebt dieſen Namen allen mit Waͤnden umſchloßenen Raͤumen, in welchen mehrere Planſpiegel ſo angebracht ſind, daß ſie die Bilder der Gegenſtaͤnde vervielfaͤltigen. Man bekleidet entweder große Zimmer und Saͤle ſo mit Spiegeln, daß die Gegenſtaͤnde darinn faſt ins Unzaͤhlbare vervielfaͤltiget werden (Spiegelzimmer, Spiegelſaͤle), oder man richtet kleine portative Spiegelkaſten ſo ein, daß der von außen hineinſehende Zuſchauer mehrere Gegenſtaͤnde, ſtatt eines einzigen, erblickt. Die ganze Sache beruht auf der Vervielfaͤltigung der Bilder durch zween oder mehrere Planſpiegel.
Wenn man zween Planſpiegel einander parallel gegenuͤber ſtellt, ſo werden die Stralen, die ein dazwiſchenliegender Gegenſtand ausſendet, unaufhoͤrlich von einem Spiegel zum andern zuruͤckgeworfen. Alſo ſieht ein Auge, das ſich ebenfalls zwiſchen den Spiegeln befindet, den Gegenſtand in beyden durch einmal, zweymal, dreymal u. ſ. w. hin und her reflectirte Stralen, oder es erſcheint ihm in jedem Spiegel eine Reihe von unzaͤhlbaren Bildern des Gegenſtandes, unter denen die hintern immer ſchwaͤcher werden (weil doch bey jeder Reflexion etwas Licht verlohren geht), ſo daß man die letzten wegen ihrer Schwaͤche und Dunkelheit nicht mehr wahrnehmen kan. So bildet eine brennende Kerze zwiſchen parallelen Spiegeln in jedem eine geradlinichte Reihe von faſt unzaͤhlbaren Lichtflammen ab.
Wenn die Ebenen beyder Spiegel einen Winkel mit einander machen, ſo bleiben die vervielfaͤltigten Bilder nicht mehr in einer geradlinichten Reihe, ſondern ſtellen ſich in einen Kreisbogen, der den Abſtand des Gegenſtands von der Spitze des Winkels zum Halbmeſſer hat, und es koͤnnen in jedem Spiegel nur ſo viel Bilder geſehen werden, als in dem hinter dem Spiegel liegenden Halbkreiſe Platz haben. Daher ſieht man in ſolchen Spiegeln ſtatt eines Lichts mehrere in einem Kreiſe ſtehende, ſtatt eines gleich chenklichten Dreyecks, deſſen Winkel an der Spitze in den Winkel beyder Spiegel paſſet, ein ganzes Polygon u. ſ. w. Die Geſetze
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