Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Man erhält den Stahl aus einigen Eisenerzen, besonders den braunsteinhaltigen, gleich durchs erste Ausschmelzen, weit öfter aber durch die Kunst, aus dem Roheisen und dem geschmeidigen Eisen, entweder durch Schmelzen oder durch Cementiren. Der Schmelzstahl wird gewöhnlich aus sortirtem, dazu geschicktem Roheisen durch Schmelzen und wiederholtes Glühen, Schmieden und Härten; der Brennstahl hingegegen aus geschmeidigem Eisen durch Cementation mit Kohlengestiebe (oder andern viel Brennbares, aber nur keinen Schwefel oder Vitriolsäure, enthaltenden Cementpulvern) bereitet, s. Cementation. Der Schmelzstahl wird doch für den besten gehalten. Der englische Gußstahl (cast-steel) ist Brennstahl, der noch mit einem Zusatze, der ihm seine Geschmeidigkeit erhält, geschmolzen ist. Der Damascener Stahl wird aus zusammengeschmiedeten Blechen von Stahl, weichem Eisen und sprödem Eisen bereitet, welche im Weißglühen zusammengedreht und geschmiedet werden. Kein Metall, außer dem Eisen, ist dieser mannigfaltigen Abwechselung seiner Schmelzbarkeit, Geschmeidigkeit, Glanzes u. s. w. fähig; die Erklärungen hievon sind aber noch immer sehr räthselhaft. Die Stahlbereitung war längst durch den Weg der Erfahrung bekannt, als Reaumür's erste lehrreiche Versuche (L'art de convertir le fer forge en acier etc. Paris, 1722. 4. 1770. 4.) die Chymiker auf die Gedanken brachten, den Stahl für ein völlig reines, durch und durch metallisches, Eisen zu halten, da hingegen das Roheisen mit Schwefel vermischt und noch gleichsam vererzet, das Stangeneisen zwar vom Schwefel befreyt, aber doch noch mit vielen nicht regulinischen Eisenkalktheilen verunreiniget sey. Diese Theorie, aus der sich vieles leicht erklärt, ist lange Zeit die herrschende geblieben, bis Bergmann (Diss. de analysi ferri, resp. Jo. Gadolin. Vpsala 1781. 4. und in Opusc. phys. chym. Vol. III. p. 1.) und Rinmann (Geschichte des Eisens, aus d. Schwedischen übers. von Georgi. Berlin, 1785. 8. B. II. §. 266 u.
Man erhaͤlt den Stahl aus einigen Eiſenerzen, beſonders den braunſteinhaltigen, gleich durchs erſte Ausſchmelzen, weit oͤfter aber durch die Kunſt, aus dem Roheiſen und dem geſchmeidigen Eiſen, entweder durch Schmelzen oder durch Cementiren. Der Schmelzſtahl wird gewoͤhnlich aus ſortirtem, dazu geſchicktem Roheiſen durch Schmelzen und wiederholtes Gluͤhen, Schmieden und Haͤrten; der Brennſtahl hingegegen aus geſchmeidigem Eiſen durch Cementation mit Kohlengeſtiebe (oder andern viel Brennbares, aber nur keinen Schwefel oder Vitriolſaͤure, enthaltenden Cementpulvern) bereitet, ſ. Cementation. Der Schmelzſtahl wird doch fuͤr den beſten gehalten. Der engliſche Gußſtahl (caſt-ſteel) iſt Brennſtahl, der noch mit einem Zuſatze, der ihm ſeine Geſchmeidigkeit erhaͤlt, geſchmolzen iſt. Der Damaſcener Stahl wird aus zuſammengeſchmiedeten Blechen von Stahl, weichem Eiſen und ſproͤdem Eiſen bereitet, welche im Weißgluͤhen zuſammengedreht und geſchmiedet werden. Kein Metall, außer dem Eiſen, iſt dieſer mannigfaltigen Abwechſelung ſeiner Schmelzbarkeit, Geſchmeidigkeit, Glanzes u. ſ. w. faͤhig; die Erklaͤrungen hievon ſind aber noch immer ſehr raͤthſelhaft. Die Stahlbereitung war laͤngſt durch den Weg der Erfahrung bekannt, als Reaumuͤr's erſte lehrreiche Verſuche (L'art de convertir le fer forgé en acier etc. Paris, 1722. 4. 1770. 4.) die Chymiker auf die Gedanken brachten, den Stahl fuͤr ein voͤllig reines, durch und durch metalliſches, Eiſen zu halten, da hingegen das Roheiſen mit Schwefel vermiſcht und noch gleichſam vererzet, das Stangeneiſen zwar vom Schwefel befreyt, aber doch noch mit vielen nicht reguliniſchen Eiſenkalktheilen verunreiniget ſey. Dieſe Theorie, aus der ſich vieles leicht erklaͤrt, iſt lange Zeit die herrſchende geblieben, bis Bergmann (Diſſ. de analyſi ferri, reſp. Jo. Gadolin. Vpſala 1781. 4. und in Opuſc. phyſ. chym. Vol. III. p. 1.) und Rinmann (Geſchichte des Eiſens, aus d. Schwediſchen uͤberſ. von Georgi. Berlin, 1785. 8. B. II. §. 266 u. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0190" xml:id="P.4.180" n="180"/><lb/> Laͤßt man ihn zum Gluͤhen kommen, ſo wird er durchs Erkalten wiederum ganz weich.</p> <p>Man erhaͤlt den Stahl aus einigen Eiſenerzen, beſonders den braunſteinhaltigen, gleich durchs erſte Ausſchmelzen, weit oͤfter aber durch die Kunſt, aus dem Roheiſen und dem geſchmeidigen Eiſen, entweder durch <hi rendition="#b">Schmelzen</hi> oder durch <hi rendition="#b">Cementiren.</hi> Der <hi rendition="#b">Schmelzſtahl</hi> wird gewoͤhnlich aus ſortirtem, dazu geſchicktem Roheiſen durch Schmelzen und wiederholtes Gluͤhen, Schmieden und Haͤrten; der <hi rendition="#b">Brennſtahl</hi> hingegegen aus geſchmeidigem Eiſen durch Cementation mit Kohlengeſtiebe (oder andern viel Brennbares, aber nur keinen Schwefel oder Vitriolſaͤure, enthaltenden Cementpulvern) bereitet, <hi rendition="#b">ſ. Cementation.</hi> Der Schmelzſtahl wird doch fuͤr den beſten gehalten. Der engliſche <hi rendition="#b">Gußſtahl</hi> (<hi rendition="#aq">caſt-ſteel</hi>) iſt Brennſtahl, der noch mit einem Zuſatze, der ihm ſeine Geſchmeidigkeit erhaͤlt, geſchmolzen iſt. Der <hi rendition="#b">Damaſcener Stahl</hi> wird aus zuſammengeſchmiedeten Blechen von Stahl, weichem Eiſen und ſproͤdem Eiſen bereitet, welche im Weißgluͤhen zuſammengedreht und geſchmiedet werden.</p> <p>Kein Metall, außer dem Eiſen, iſt dieſer mannigfaltigen Abwechſelung ſeiner Schmelzbarkeit, Geſchmeidigkeit, Glanzes u. ſ. w. faͤhig; die Erklaͤrungen hievon ſind aber noch immer ſehr raͤthſelhaft. Die Stahlbereitung war laͤngſt durch den Weg der Erfahrung bekannt, als <hi rendition="#b">Reaumuͤr's</hi> erſte lehrreiche Verſuche (<hi rendition="#aq">L'art de convertir le fer forgé en acier etc. Paris, 1722. 4. 1770. 4.</hi>) die Chymiker auf die Gedanken brachten, den Stahl fuͤr ein voͤllig reines, durch und durch metalliſches, Eiſen zu halten, da hingegen das Roheiſen mit Schwefel vermiſcht und noch gleichſam vererzet, das Stangeneiſen zwar vom Schwefel befreyt, aber doch noch mit vielen nicht reguliniſchen Eiſenkalktheilen verunreiniget ſey. Dieſe Theorie, aus der ſich vieles leicht erklaͤrt, iſt lange Zeit die herrſchende geblieben, bis <hi rendition="#b">Bergmann</hi> (<hi rendition="#aq">Diſſ. de analyſi ferri, reſp. <hi rendition="#i">Jo. Gadolin.</hi> Vpſala 1781. 4.</hi> und in <hi rendition="#aq">Opuſc. phyſ. chym. Vol. III. p. 1.</hi>) und <hi rendition="#b">Rinmann</hi> (Geſchichte des Eiſens, aus d. Schwediſchen uͤberſ. von <hi rendition="#b">Georgi.</hi> Berlin, 1785. 8. B. <hi rendition="#aq">II. §. 266</hi> u.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0190]
Laͤßt man ihn zum Gluͤhen kommen, ſo wird er durchs Erkalten wiederum ganz weich.
Man erhaͤlt den Stahl aus einigen Eiſenerzen, beſonders den braunſteinhaltigen, gleich durchs erſte Ausſchmelzen, weit oͤfter aber durch die Kunſt, aus dem Roheiſen und dem geſchmeidigen Eiſen, entweder durch Schmelzen oder durch Cementiren. Der Schmelzſtahl wird gewoͤhnlich aus ſortirtem, dazu geſchicktem Roheiſen durch Schmelzen und wiederholtes Gluͤhen, Schmieden und Haͤrten; der Brennſtahl hingegegen aus geſchmeidigem Eiſen durch Cementation mit Kohlengeſtiebe (oder andern viel Brennbares, aber nur keinen Schwefel oder Vitriolſaͤure, enthaltenden Cementpulvern) bereitet, ſ. Cementation. Der Schmelzſtahl wird doch fuͤr den beſten gehalten. Der engliſche Gußſtahl (caſt-ſteel) iſt Brennſtahl, der noch mit einem Zuſatze, der ihm ſeine Geſchmeidigkeit erhaͤlt, geſchmolzen iſt. Der Damaſcener Stahl wird aus zuſammengeſchmiedeten Blechen von Stahl, weichem Eiſen und ſproͤdem Eiſen bereitet, welche im Weißgluͤhen zuſammengedreht und geſchmiedet werden.
Kein Metall, außer dem Eiſen, iſt dieſer mannigfaltigen Abwechſelung ſeiner Schmelzbarkeit, Geſchmeidigkeit, Glanzes u. ſ. w. faͤhig; die Erklaͤrungen hievon ſind aber noch immer ſehr raͤthſelhaft. Die Stahlbereitung war laͤngſt durch den Weg der Erfahrung bekannt, als Reaumuͤr's erſte lehrreiche Verſuche (L'art de convertir le fer forgé en acier etc. Paris, 1722. 4. 1770. 4.) die Chymiker auf die Gedanken brachten, den Stahl fuͤr ein voͤllig reines, durch und durch metalliſches, Eiſen zu halten, da hingegen das Roheiſen mit Schwefel vermiſcht und noch gleichſam vererzet, das Stangeneiſen zwar vom Schwefel befreyt, aber doch noch mit vielen nicht reguliniſchen Eiſenkalktheilen verunreiniget ſey. Dieſe Theorie, aus der ſich vieles leicht erklaͤrt, iſt lange Zeit die herrſchende geblieben, bis Bergmann (Diſſ. de analyſi ferri, reſp. Jo. Gadolin. Vpſala 1781. 4. und in Opuſc. phyſ. chym. Vol. III. p. 1.) und Rinmann (Geſchichte des Eiſens, aus d. Schwediſchen uͤberſ. von Georgi. Berlin, 1785. 8. B. II. §. 266 u.
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