Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
"Hätte man aber auch einen gehörig abgesonderten Goldschwefel, so würde dieser, z. B. an Silber gebracht, doch nichts weiter thun, als eine Masse Silber zu Gold machen, die der Masse Gold gleich wäre, aus der man ihn gezogen hätte. Gesetzt nun auch, diese Masse hätte dadurch das völlige Gewicht und alle ursprünglichen Eigenschaften des Goldes bekommen; war es bey dem allen nicht eben so gut, jenen Goldschwefel da zu lassen, wo er schon von Natur war? Was hat man denn weiter gewonnen, als einen artigen Versuch, der doch nicht ohne Kosten abgegangen seyn kan?" "Freylich lassen die Alchymisten ihren Goldschwefel so wirken, wie den Samen, der auskeimt und zur Pflanze wird, oder wie das Feuer, das sich durch brennbare Stoffe verbreitet und vervielfältiget. Darauf laufen die Geschichten von eingestreuten Goldpulvern hinaus, wovon schon wenige Stäubchen große Goldmassen hervorbringen sollen. Aber welche Physik müßte das seyn, die sich zu Begriffen dieser Art bequemen könnte?" "Nur dann wäre Gewinn zu hoffen, wenn sich aus Stoffen, die nicht Gold sind, z. B. aus Thau, Manna, Honig u. dergl. ein Universalgeist ziehen ließe, der fähig wäre, eine Portion Silber oder Kupfer in Gold zu verwandeln. Das geben zwar auch die Alchymisten vor, aber was für Behauptungen sind dies, und welche Erwartungen lassen sich darauf gründen!" "Was dem Steine der Weisen noch mehr Verehrer verschaft, ist das Vorgeben, daß er eine Universalarzney abgebe. Woher aber wissen das die, die ihn suchen: und
”Haͤtte man aber auch einen gehoͤrig abgeſonderten Goldſchwefel, ſo wuͤrde dieſer, z. B. an Silber gebracht, doch nichts weiter thun, als eine Maſſe Silber zu Gold machen, die der Maſſe Gold gleich waͤre, aus der man ihn gezogen haͤtte. Geſetzt nun auch, dieſe Maſſe haͤtte dadurch das voͤllige Gewicht und alle urſpruͤnglichen Eigenſchaften des Goldes bekommen; war es bey dem allen nicht eben ſo gut, jenen Goldſchwefel da zu laſſen, wo er ſchon von Natur war? Was hat man denn weiter gewonnen, als einen artigen Verſuch, der doch nicht ohne Koſten abgegangen ſeyn kan?“ ”Freylich laſſen die Alchymiſten ihren Goldſchwefel ſo wirken, wie den Samen, der auſkeimt und zur Pflanze wird, oder wie das Feuer, das ſich durch brennbare Stoffe verbreitet und vervielfaͤltiget. Darauf laufen die Geſchichten von eingeſtreuten Goldpulvern hinaus, wovon ſchon wenige Staͤubchen große Goldmaſſen hervorbringen ſollen. Aber welche Phyſik muͤßte das ſeyn, die ſich zu Begriffen dieſer Art bequemen koͤnnte?“ ”Nur dann waͤre Gewinn zu hoffen, wenn ſich aus Stoffen, die nicht Gold ſind, z. B. aus Thau, Manna, Honig u. dergl. ein Univerſalgeiſt ziehen ließe, der faͤhig waͤre, eine Portion Silber oder Kupfer in Gold zu verwandeln. Das geben zwar auch die Alchymiſten vor, aber was fuͤr Behauptungen ſind dies, und welche Erwartungen laſſen ſich darauf gruͤnden!“ ”Was dem Steine der Weiſen noch mehr Verehrer verſchaft, iſt das Vorgeben, daß er eine Univerſalarzney abgebe. Woher aber wiſſen das die, die ihn ſuchen: und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0198" xml:id="P.4.188" n="188"/><lb/> man weiß aber auch Mittel, ihnen ihrige vorige Geſtalt wiederzugeben, weil ihre erſten Grundſtoffe unzerſetzt geblieben ſind. Zwar hat man unter dem Brennſpiegel Zerſetzungen bewirkt, zu denen das gewoͤhnliche Ofenfeuer zu ſchwach geweſen waͤre: dieſe wuͤrden aber den Alchymiſten keinen Vortheil gewaͤhren, da das Sonnenfeuer die wirkſamſten und koſtbarſten Grundtheile der Metalle verfluͤchtigt, und nichts, als eine verglaſete, zu aller fernern Behandlung unbrauchbare Schlacke zuruͤcklaͤßt.“</p> <p>”Haͤtte man aber auch einen gehoͤrig abgeſonderten Goldſchwefel, ſo wuͤrde dieſer, z. B. an Silber gebracht, doch nichts weiter thun, als eine Maſſe Silber zu Gold machen, die der Maſſe Gold gleich waͤre, aus der man ihn gezogen haͤtte. Geſetzt nun auch, dieſe Maſſe haͤtte dadurch das voͤllige Gewicht und alle urſpruͤnglichen Eigenſchaften des Goldes bekommen; war es bey dem allen nicht eben ſo gut, jenen Goldſchwefel da zu laſſen, wo er ſchon von Natur war? Was hat man denn weiter gewonnen, als einen artigen Verſuch, der doch nicht ohne Koſten abgegangen ſeyn kan?“</p> <p>”Freylich laſſen die Alchymiſten ihren Goldſchwefel ſo wirken, wie den Samen, der auſkeimt und zur Pflanze wird, oder wie das Feuer, das ſich durch brennbare Stoffe verbreitet und vervielfaͤltiget. Darauf laufen die Geſchichten von eingeſtreuten Goldpulvern hinaus, wovon ſchon wenige Staͤubchen große Goldmaſſen hervorbringen ſollen. Aber welche Phyſik muͤßte das ſeyn, die ſich zu Begriffen dieſer Art bequemen koͤnnte?“</p> <p>”Nur dann waͤre Gewinn zu hoffen, wenn ſich aus Stoffen, die nicht Gold ſind, z. B. aus Thau, Manna, Honig u. dergl. ein Univerſalgeiſt ziehen ließe, der faͤhig waͤre, eine Portion Silber oder Kupfer in Gold zu verwandeln. Das geben zwar auch die Alchymiſten vor, aber was fuͤr Behauptungen ſind dies, und welche Erwartungen laſſen ſich darauf gruͤnden!“</p> <p>”Was dem <hi rendition="#b">Steine der Weiſen</hi> noch mehr Verehrer verſchaft, iſt das Vorgeben, daß er eine Univerſalarzney abgebe. Woher aber wiſſen das die, die ihn ſuchen: und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0198]
man weiß aber auch Mittel, ihnen ihrige vorige Geſtalt wiederzugeben, weil ihre erſten Grundſtoffe unzerſetzt geblieben ſind. Zwar hat man unter dem Brennſpiegel Zerſetzungen bewirkt, zu denen das gewoͤhnliche Ofenfeuer zu ſchwach geweſen waͤre: dieſe wuͤrden aber den Alchymiſten keinen Vortheil gewaͤhren, da das Sonnenfeuer die wirkſamſten und koſtbarſten Grundtheile der Metalle verfluͤchtigt, und nichts, als eine verglaſete, zu aller fernern Behandlung unbrauchbare Schlacke zuruͤcklaͤßt.“
”Haͤtte man aber auch einen gehoͤrig abgeſonderten Goldſchwefel, ſo wuͤrde dieſer, z. B. an Silber gebracht, doch nichts weiter thun, als eine Maſſe Silber zu Gold machen, die der Maſſe Gold gleich waͤre, aus der man ihn gezogen haͤtte. Geſetzt nun auch, dieſe Maſſe haͤtte dadurch das voͤllige Gewicht und alle urſpruͤnglichen Eigenſchaften des Goldes bekommen; war es bey dem allen nicht eben ſo gut, jenen Goldſchwefel da zu laſſen, wo er ſchon von Natur war? Was hat man denn weiter gewonnen, als einen artigen Verſuch, der doch nicht ohne Koſten abgegangen ſeyn kan?“
”Freylich laſſen die Alchymiſten ihren Goldſchwefel ſo wirken, wie den Samen, der auſkeimt und zur Pflanze wird, oder wie das Feuer, das ſich durch brennbare Stoffe verbreitet und vervielfaͤltiget. Darauf laufen die Geſchichten von eingeſtreuten Goldpulvern hinaus, wovon ſchon wenige Staͤubchen große Goldmaſſen hervorbringen ſollen. Aber welche Phyſik muͤßte das ſeyn, die ſich zu Begriffen dieſer Art bequemen koͤnnte?“
”Nur dann waͤre Gewinn zu hoffen, wenn ſich aus Stoffen, die nicht Gold ſind, z. B. aus Thau, Manna, Honig u. dergl. ein Univerſalgeiſt ziehen ließe, der faͤhig waͤre, eine Portion Silber oder Kupfer in Gold zu verwandeln. Das geben zwar auch die Alchymiſten vor, aber was fuͤr Behauptungen ſind dies, und welche Erwartungen laſſen ſich darauf gruͤnden!“
”Was dem Steine der Weiſen noch mehr Verehrer verſchaft, iſt das Vorgeben, daß er eine Univerſalarzney abgebe. Woher aber wiſſen das die, die ihn ſuchen: und
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