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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Innerhalb der kalten Zonen wird der perpetuelle Tag, welcher daselbst im Sommer statt findet, durch die Hotizontalrefraction beträchtlich verlängert, zumal da diese wegen der kalten und dichten Luft dort sehr stark ist. Die Niederländer, welche 1597 mit Hemskerk und Wilhelm Barentß in Novazembla unter 76° Breite überwinterten, sahen den Rand der Sonne schon am 24. Jan. wieder, da sie ihn der Rechnung nach ohne die Brechung erst am 10ten Febr. hätten sehen können. Aus diesem schon von Kepler (Paralip. ad Vitell. p. 138.) angeführten Beyspiele folgt die dortige Horizontalrefraction=4 1/2 Grad, fast 9mal größer, als sie sonst die Beobachtungen geben, welches unglaublich scheint. Herr Kästner (Anmerk. zu Lulofs Kenntniß der Erdkugel, §. 466.) zeigt aber aus einer holländischen Sammlung von Reisebeschreibungen, welche 1646 herausgekommen ist, daß in der Nachricht von Barentß dritter Schiffahrt wirklich die obenerwähnten Tage angegeben sind.

Schon um die Grenzen der kalten Zone, wo es eigentlich noch keinen beständigen Tag geben sollte, wird doch die Sonne am längsten Tage durch die Brechung ganz über dem Horizonte erhalten. Dieses merkwürdige Phänomen sahe König Carl XI. am 14. Jun. a. St. 1694 zu Torneä, und ließ es im folgenden Jahre durch seine Mathematiker Bilemberg und Spole genauer beobachten. (Refractio Solis inoccidui iussu Caroli XI. circa solstitium aestivum 1695 observata, s. Act. Erud. Lips. 1697. Febr. p. 91.). Auch diese Beobachter geben die Brechung ungewöhnlich groß (über zween Durchmesser der Sonnenscheibe) an.

Von der Brechung rührt es her, daß man bey Mondfinsternissen oft Sonne und Mond beyde zugleich über dem Horizonte sieht, ob sie schon in der That einander dem Durchmesser nach gegenüber stehen müssen. Plinius führt dies als etwas Wunderbares an (Mirum, quanam ratione, cum solis exortu umbra illa hebetatrix sub terra esse debeat, semel jam acciderit, ut in occasu luna deficeret, utroque super terram conspicuo sidere. H. N. II. 13.)


Innerhalb der kalten Zonen wird der perpetuelle Tag, welcher daſelbſt im Sommer ſtatt findet, durch die Hotizontalrefraction betraͤchtlich verlaͤngert, zumal da dieſe wegen der kalten und dichten Luft dort ſehr ſtark iſt. Die Niederlaͤnder, welche 1597 mit Hemskerk und Wilhelm Barentß in Novazembla unter 76° Breite uͤberwinterten, ſahen den Rand der Sonne ſchon am 24. Jan. wieder, da ſie ihn der Rechnung nach ohne die Brechung erſt am 10ten Febr. haͤtten ſehen koͤnnen. Aus dieſem ſchon von Kepler (Paralip. ad Vitell. p. 138.) angefuͤhrten Beyſpiele folgt die dortige Horizontalrefraction=4 1/2 Grad, faſt 9mal groͤßer, als ſie ſonſt die Beobachtungen geben, welches unglaublich ſcheint. Herr Kaͤſtner (Anmerk. zu Lulofs Kenntniß der Erdkugel, §. 466.) zeigt aber aus einer hollaͤndiſchen Sammlung von Reiſebeſchreibungen, welche 1646 herausgekommen iſt, daß in der Nachricht von Barentß dritter Schiffahrt wirklich die obenerwaͤhnten Tage angegeben ſind.

Schon um die Grenzen der kalten Zone, wo es eigentlich noch keinen beſtaͤndigen Tag geben ſollte, wird doch die Sonne am laͤngſten Tage durch die Brechung ganz uͤber dem Horizonte erhalten. Dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen ſahe Koͤnig Carl XI. am 14. Jun. a. St. 1694 zu Torneaͤ, und ließ es im folgenden Jahre durch ſeine Mathematiker Bilemberg und Spole genauer beobachten. (Refractio Solis inoccidui iuſſu Caroli XI. circa ſolſtitium aeſtivum 1695 obſervata, ſ. Act. Erud. Lipſ. 1697. Febr. p. 91.). Auch dieſe Beobachter geben die Brechung ungewoͤhnlich groß (uͤber zween Durchmeſſer der Sonnenſcheibe) an.

Von der Brechung ruͤhrt es her, daß man bey Mondfinſterniſſen oft Sonne und Mond beyde zugleich uͤber dem Horizonte ſieht, ob ſie ſchon in der That einander dem Durchmeſſer nach gegenuͤber ſtehen muͤſſen. Plinius fuͤhrt dies als etwas Wunderbares an (Mirum, quanam ratione, cum ſolis exortu umbra illa hebetatrix ſub terra eſſe debeat, ſemel jam acciderit, ut in occaſu luna deficeret, utroque ſuper terram conſpicuo ſidere. H. N. II. 13.)

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[257/0267] Innerhalb der kalten Zonen wird der perpetuelle Tag, welcher daſelbſt im Sommer ſtatt findet, durch die Hotizontalrefraction betraͤchtlich verlaͤngert, zumal da dieſe wegen der kalten und dichten Luft dort ſehr ſtark iſt. Die Niederlaͤnder, welche 1597 mit Hemskerk und Wilhelm Barentß in Novazembla unter 76° Breite uͤberwinterten, ſahen den Rand der Sonne ſchon am 24. Jan. wieder, da ſie ihn der Rechnung nach ohne die Brechung erſt am 10ten Febr. haͤtten ſehen koͤnnen. Aus dieſem ſchon von Kepler (Paralip. ad Vitell. p. 138.) angefuͤhrten Beyſpiele folgt die dortige Horizontalrefraction=4 1/2 Grad, faſt 9mal groͤßer, als ſie ſonſt die Beobachtungen geben, welches unglaublich ſcheint. Herr Kaͤſtner (Anmerk. zu Lulofs Kenntniß der Erdkugel, §. 466.) zeigt aber aus einer hollaͤndiſchen Sammlung von Reiſebeſchreibungen, welche 1646 herausgekommen iſt, daß in der Nachricht von Barentß dritter Schiffahrt wirklich die obenerwaͤhnten Tage angegeben ſind. Schon um die Grenzen der kalten Zone, wo es eigentlich noch keinen beſtaͤndigen Tag geben ſollte, wird doch die Sonne am laͤngſten Tage durch die Brechung ganz uͤber dem Horizonte erhalten. Dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen ſahe Koͤnig Carl XI. am 14. Jun. a. St. 1694 zu Torneaͤ, und ließ es im folgenden Jahre durch ſeine Mathematiker Bilemberg und Spole genauer beobachten. (Refractio Solis inoccidui iuſſu Caroli XI. circa ſolſtitium aeſtivum 1695 obſervata, ſ. Act. Erud. Lipſ. 1697. Febr. p. 91.). Auch dieſe Beobachter geben die Brechung ungewoͤhnlich groß (uͤber zween Durchmeſſer der Sonnenſcheibe) an. Von der Brechung ruͤhrt es her, daß man bey Mondfinſterniſſen oft Sonne und Mond beyde zugleich uͤber dem Horizonte ſieht, ob ſie ſchon in der That einander dem Durchmeſſer nach gegenuͤber ſtehen muͤſſen. Plinius fuͤhrt dies als etwas Wunderbares an (Mirum, quanam ratione, cum ſolis exortu umbra illa hebetatrix ſub terra eſſe debeat, ſemel jam acciderit, ut in occaſu luna deficeret, utroque ſuper terram conſpicuo ſidere. H. N. II. 13.)

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/267>, abgerufen am 22.11.2024.