Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Daher konnte unmöglich zwischen diesem und dem fahrenheitischen Thermometer die gewünschte Uebereinstimmung statt finden. Reaumur selbst (Mem. de Paris, 1739.) sagt, um übereinstimmende Werkzeuge beyder Art zu haben, müsse man das Quecksilberthermometer nach dem seinigen graduiren. Nollet giebt an, 10 reaum. Grade wären 20 2/3 fahrenh. gleich; allein es trift dieses nur in der Nähe des Eispunkts zu. Das Schlimmste aber war, daß man sich nun verstattete, Quecksilberthermometer, auf denen man Eispunkt und Siedpunkt des Wassers bestimmt hatte, zwischen diesen Punkten in 80 Theile zu theilen, und reaumürische Thermometer zu nennen, gerade, als ob sie mit den eigentlichen reaumürischen Weingeistthermometern wirklich übereinstimmend wären. Solche Werkzeuge können sehr vortreflich seyn, aber es sind nicht reaumürische Thermometer. Inzwischen hat man sich in Frankreich einmal das Gesetz gemacht, Fahrenheits Eintheilung nicht anzunehmen, dem Quecksilberthermometer zwischen Eisund Siedpunkt 80 Grade zu geben, und ihm Reaumurs Namen beyzulegen, welches letztere auch in andern Ländern allgemein angenommen ist. Hieraus entsteht nun die Zweydeutigkeit, daß man von einer nach reaumürischen Graden angegebnen Beobachtung nicht weiß, von welches Thermometers Graden sie zu verstehen sey, wenn der Beobachter nicht ausdrücklich hinzusetzt, ob er ein Weingeist- oder ein Quecksilberthermometer gebraucht habe. Beyderley Grade aber weichen, besonders bey großer Hitze oder Kälte, sehr weit von einander
Daher konnte unmoͤglich zwiſchen dieſem und dem fahrenheitiſchen Thermometer die gewuͤnſchte Uebereinſtimmung ſtatt finden. Reaumur ſelbſt (Mém. de Paris, 1739.) ſagt, um uͤbereinſtimmende Werkzeuge beyder Art zu haben, muͤſſe man das Queckſilberthermometer nach dem ſeinigen graduiren. Nollet giebt an, 10 reaum. Grade waͤren 20 2/3 fahrenh. gleich; allein es trift dieſes nur in der Naͤhe des Eispunkts zu. Das Schlimmſte aber war, daß man ſich nun verſtattete, Queckſilberthermometer, auf denen man Eispunkt und Siedpunkt des Waſſers beſtimmt hatte, zwiſchen dieſen Punkten in 80 Theile zu theilen, und reaumuͤriſche Thermometer zu nennen, gerade, als ob ſie mit den eigentlichen reaumuͤriſchen Weingeiſtthermometern wirklich uͤbereinſtimmend waͤren. Solche Werkzeuge koͤnnen ſehr vortreflich ſeyn, aber es ſind nicht reaumuͤriſche Thermometer. Inzwiſchen hat man ſich in Frankreich einmal das Geſetz gemacht, Fahrenheits Eintheilung nicht anzunehmen, dem Queckſilberthermometer zwiſchen Eisund Siedpunkt 80 Grade zu geben, und ihm Reaumurs Namen beyzulegen, welches letztere auch in andern Laͤndern allgemein angenommen iſt. Hieraus entſteht nun die Zweydeutigkeit, daß man von einer nach reaumuͤriſchen Graden angegebnen Beobachtung nicht weiß, von welches Thermometers Graden ſie zu verſtehen ſey, wenn der Beobachter nicht ausdruͤcklich hinzuſetzt, ob er ein Weingeiſt- oder ein Queckſilberthermometer gebraucht habe. Beyderley Grade aber weichen, beſonders bey großer Hitze oder Kaͤlte, ſehr weit von einander <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0328" xml:id="P.4.318" n="318"/><lb/> num. 197. p. 650.</hi>), <hi rendition="#b">Muſſchenbroeks</hi> und <hi rendition="#b">Haubolds</hi> eigner Erfahrung ſeine Ausdehnbarkeit durch die Verduͤnſtung. Auch nehmen ſeine Ausdehnungen einen ſehr ungleichen Gang; ſie eilen in der Waͤrme den Ausdehnungen des Queckſilbers vor, und bleiben in der Kaͤlte zuruͤck. <hi rendition="#b">Martine</hi> tadelt auch, daß die Kugeln der reaumuͤriſchen Thermometer allzugroß ausfallen, daher die Menge ihres Liquors die aͤußere Waͤrme nicht geſchwind und gleichfoͤrmig genug annimmt.</p> <p>Daher konnte unmoͤglich zwiſchen dieſem und dem fahrenheitiſchen Thermometer die gewuͤnſchte Uebereinſtimmung ſtatt finden. <hi rendition="#b">Reaumur</hi> ſelbſt (<hi rendition="#aq">Mém. de Paris, 1739.</hi>) ſagt, um uͤbereinſtimmende Werkzeuge beyder Art zu haben, muͤſſe man das Queckſilberthermometer nach dem ſeinigen graduiren. <hi rendition="#b">Nollet</hi> giebt an, 10 reaum. Grade waͤren 20 2/3 fahrenh. gleich; allein es trift dieſes nur in der Naͤhe des Eispunkts zu.</p> <p>Das Schlimmſte aber war, daß man ſich nun verſtattete, Queckſilberthermometer, auf denen man <hi rendition="#b">Eispunkt</hi> und <hi rendition="#b">Siedpunkt des Waſſers</hi> beſtimmt hatte, zwiſchen dieſen Punkten in 80 Theile zu theilen, und <hi rendition="#b">reaumuͤriſche Thermometer</hi> zu nennen, gerade, als ob ſie mit den eigentlichen reaumuͤriſchen Weingeiſtthermometern wirklich uͤbereinſtimmend waͤren. Solche Werkzeuge koͤnnen ſehr vortreflich ſeyn, aber es ſind nicht <hi rendition="#b">reaumuͤriſche Thermometer.</hi> Inzwiſchen hat man ſich in Frankreich einmal das Geſetz gemacht, Fahrenheits Eintheilung nicht anzunehmen, dem <hi rendition="#b">Queckſilberthermometer</hi> zwiſchen Eisund Siedpunkt 80 Grade zu geben, und ihm <hi rendition="#b">Reaumurs</hi> Namen beyzulegen, welches letztere auch in andern Laͤndern allgemein angenommen iſt.</p> <p>Hieraus entſteht nun die Zweydeutigkeit, daß man von einer nach reaumuͤriſchen Graden angegebnen Beobachtung nicht weiß, von welches Thermometers Graden ſie zu verſtehen ſey, wenn der Beobachter nicht ausdruͤcklich hinzuſetzt, ob er ein Weingeiſt- oder ein Queckſilberthermometer gebraucht habe. Beyderley Grade aber weichen, beſonders bey großer Hitze oder Kaͤlte, ſehr weit von einander<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0328]
num. 197. p. 650.), Muſſchenbroeks und Haubolds eigner Erfahrung ſeine Ausdehnbarkeit durch die Verduͤnſtung. Auch nehmen ſeine Ausdehnungen einen ſehr ungleichen Gang; ſie eilen in der Waͤrme den Ausdehnungen des Queckſilbers vor, und bleiben in der Kaͤlte zuruͤck. Martine tadelt auch, daß die Kugeln der reaumuͤriſchen Thermometer allzugroß ausfallen, daher die Menge ihres Liquors die aͤußere Waͤrme nicht geſchwind und gleichfoͤrmig genug annimmt.
Daher konnte unmoͤglich zwiſchen dieſem und dem fahrenheitiſchen Thermometer die gewuͤnſchte Uebereinſtimmung ſtatt finden. Reaumur ſelbſt (Mém. de Paris, 1739.) ſagt, um uͤbereinſtimmende Werkzeuge beyder Art zu haben, muͤſſe man das Queckſilberthermometer nach dem ſeinigen graduiren. Nollet giebt an, 10 reaum. Grade waͤren 20 2/3 fahrenh. gleich; allein es trift dieſes nur in der Naͤhe des Eispunkts zu.
Das Schlimmſte aber war, daß man ſich nun verſtattete, Queckſilberthermometer, auf denen man Eispunkt und Siedpunkt des Waſſers beſtimmt hatte, zwiſchen dieſen Punkten in 80 Theile zu theilen, und reaumuͤriſche Thermometer zu nennen, gerade, als ob ſie mit den eigentlichen reaumuͤriſchen Weingeiſtthermometern wirklich uͤbereinſtimmend waͤren. Solche Werkzeuge koͤnnen ſehr vortreflich ſeyn, aber es ſind nicht reaumuͤriſche Thermometer. Inzwiſchen hat man ſich in Frankreich einmal das Geſetz gemacht, Fahrenheits Eintheilung nicht anzunehmen, dem Queckſilberthermometer zwiſchen Eisund Siedpunkt 80 Grade zu geben, und ihm Reaumurs Namen beyzulegen, welches letztere auch in andern Laͤndern allgemein angenommen iſt.
Hieraus entſteht nun die Zweydeutigkeit, daß man von einer nach reaumuͤriſchen Graden angegebnen Beobachtung nicht weiß, von welches Thermometers Graden ſie zu verſtehen ſey, wenn der Beobachter nicht ausdruͤcklich hinzuſetzt, ob er ein Weingeiſt- oder ein Queckſilberthermometer gebraucht habe. Beyderley Grade aber weichen, beſonders bey großer Hitze oder Kaͤlte, ſehr weit von einander
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |