Man hat zwar seitdem die Gefrierung des Quecksilbers genauer untersucht, und gefunden, daß die dazu erforderliche Kälte bey weitem so groß nicht ist, als man ehedem glaubte, s. Gefrierung; auch daß sich dabey ein plötzliches Zusammenziehen ereignet. Daher müßten eher die Verdichtungen des Quecksilbers bey zunehmender Kälte stärker werden, als sie dem wahren Gange der Wärme gemäß seyn sollten. Hiedurch leiden nun zwar die bey 2) und 3) angeführten Umstände einige Einschränkung: aber Herr de Lüc macht auch wahrscheinlich, daß die Ursache der Zusammenziehung beym Gefrieren plötzlich entstehe, und nicht so, wie die Ursache der Ausdehnung, schon vorher auf den Gang der Verdichtungen Einfluß habe, woraus denn folgt, daß eine Materie, deren Verdichtungen in Vergleichung mit allen andern zunehmend sind, in ihrem Gange den Verhältnissen der Veränderungen der Wärme selbst am nächsten komme. Daß nun das Quecksilber wirklich eine solche Materie sey, zeigt Herr de Lüc in einer aus mühsamen Versuchen gezognen Tabelle (§. 418. m, der Uebers. S. 431.), wo der Gang eines Quecksilberthermometers mit dem Gange von sechs andern von Baumöl, Camillenöl, Quendelöl, Weingeist, Salzwasser und Wasser verglichen ist.
Dies alles wäre denn doch nur hypothetisch. Aber Herr de Lüc fügt sogleich eine Bestätigung seines Satzes durch unmittelbare Erfahrungen hinzu. Renaldini hatte vorgeschlagen, das Thermometer in Mischungen von kaltem und warmem Wasser zu graduiren; Wolf (Elem. Aerom. Lips. 1709. 12. p. 209. sqq.) und Bülfinger (Elem. Phys. Lips. 1742. 8.) hatten diesen Vorschlag angeführt; auch war Herr le Sage in Genf darauf gekommen, mit der nöthigen Vorsicht das Thermometer in solche Mischungen zu bringen, und dadurch ein äquidifferentiales Thermometer (dessen ungleiche Grade gleiche Unterschiede der wirklichen Wärme ausdrückten) zu verfertigen. Hr. de Lüc benützte diese Gedanken sinnreich. Er mischte gleiche Massen Wasser von ungleichen Temperaturen m, n, welche nach Richmanns Regel (s. Feuer, Th. II. S. 219.) eine Mischung
Man hat zwar ſeitdem die Gefrierung des Queckſilbers genauer unterſucht, und gefunden, daß die dazu erforderliche Kaͤlte bey weitem ſo groß nicht iſt, als man ehedem glaubte, ſ. Gefrierung; auch daß ſich dabey ein ploͤtzliches Zuſammenziehen ereignet. Daher muͤßten eher die Verdichtungen des Queckſilbers bey zunehmender Kaͤlte ſtaͤrker werden, als ſie dem wahren Gange der Waͤrme gemaͤß ſeyn ſollten. Hiedurch leiden nun zwar die bey 2) und 3) angefuͤhrten Umſtaͤnde einige Einſchraͤnkung: aber Herr de Luͤc macht auch wahrſcheinlich, daß die Urſache der Zuſammenziehung beym Gefrieren ploͤtzlich entſtehe, und nicht ſo, wie die Urſache der Ausdehnung, ſchon vorher auf den Gang der Verdichtungen Einfluß habe, woraus denn folgt, daß eine Materie, deren Verdichtungen in Vergleichung mit allen andern zunehmend ſind, in ihrem Gange den Verhaͤltniſſen der Veraͤnderungen der Waͤrme ſelbſt am naͤchſten komme. Daß nun das Queckſilber wirklich eine ſolche Materie ſey, zeigt Herr de Luͤc in einer aus muͤhſamen Verſuchen gezognen Tabelle (§. 418. m, der Ueberſ. S. 431.), wo der Gang eines Queckſilberthermometers mit dem Gange von ſechs andern von Baumoͤl, Camillenoͤl, Quendeloͤl, Weingeiſt, Salzwaſſer und Waſſer verglichen iſt.
Dies alles waͤre denn doch nur hypothetiſch. Aber Herr de Luͤc fuͤgt ſogleich eine Beſtaͤtigung ſeines Satzes durch unmittelbare Erfahrungen hinzu. Renaldini hatte vorgeſchlagen, das Thermometer in Miſchungen von kaltem und warmem Waſſer zu graduiren; Wolf (Elem. Aerom. Lipſ. 1709. 12. p. 209. ſqq.) und Buͤlfinger (Elem. Phyſ. Lipſ. 1742. 8.) hatten dieſen Vorſchlag angefuͤhrt; auch war Herr le Sage in Genf darauf gekommen, mit der noͤthigen Vorſicht das Thermometer in ſolche Miſchungen zu bringen, und dadurch ein aͤquidifferentiales Thermometer (deſſen ungleiche Grade gleiche Unterſchiede der wirklichen Waͤrme ausdruͤckten) zu verfertigen. Hr. de Luͤc benuͤtzte dieſe Gedanken ſinnreich. Er miſchte gleiche Maſſen Waſſer von ungleichen Temperaturen m, n, welche nach Richmanns Regel (ſ. Feuer, Th. II. S. 219.) eine Miſchung
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Man hat zwar ſeitdem die Gefrierung des Queckſilbers genauer unterſucht, und gefunden, daß die dazu erforderliche Kaͤlte bey weitem ſo groß nicht iſt, als man ehedem glaubte, ſ. Gefrierung; auch daß ſich dabey ein ploͤtzliches Zuſammenziehen ereignet. Daher muͤßten eher die Verdichtungen des Queckſilbers bey zunehmender Kaͤlte ſtaͤrker werden, als ſie dem wahren Gange der Waͤrme gemaͤß ſeyn ſollten. Hiedurch leiden nun zwar die bey 2) und 3) angefuͤhrten Umſtaͤnde einige Einſchraͤnkung: aber Herr de Luͤc macht auch wahrſcheinlich, daß die Urſache der Zuſammenziehung beym Gefrieren ploͤtzlich entſtehe, und nicht ſo, wie die Urſache der Ausdehnung, ſchon vorher auf den Gang der Verdichtungen Einfluß habe, woraus denn folgt, daß eine Materie, deren Verdichtungen in Vergleichung mit allen andern zunehmend ſind, in ihrem Gange den Verhaͤltniſſen der Veraͤnderungen der Waͤrme ſelbſt am naͤchſten komme. Daß nun das Queckſilber wirklich eine ſolche Materie ſey, zeigt Herr de Luͤc in einer aus muͤhſamen Verſuchen gezognen Tabelle (§. 418. m, der Ueberſ. S. 431.), wo der Gang eines Queckſilberthermometers mit dem Gange von ſechs andern von Baumoͤl, Camillenoͤl, Quendeloͤl, Weingeiſt, Salzwaſſer und Waſſer verglichen iſt.
Dies alles waͤre denn doch nur hypothetiſch. Aber Herr de Luͤc fuͤgt ſogleich eine Beſtaͤtigung ſeines Satzes durch unmittelbare Erfahrungen hinzu. Renaldini hatte vorgeſchlagen, das Thermometer in Miſchungen von kaltem und warmem Waſſer zu graduiren; Wolf (Elem. Aerom. Lipſ. 1709. 12. p. 209. ſqq.) und Buͤlfinger (Elem. Phyſ. Lipſ. 1742. 8.) hatten dieſen Vorſchlag angefuͤhrt; auch war Herr le Sage in Genf darauf gekommen, mit der noͤthigen Vorſicht das Thermometer in ſolche Miſchungen zu bringen, und dadurch ein aͤquidifferentiales Thermometer (deſſen ungleiche Grade gleiche Unterſchiede der wirklichen Waͤrme ausdruͤckten) zu verfertigen. Hr. de Luͤc benuͤtzte dieſe Gedanken ſinnreich. Er miſchte gleiche Maſſen Waſſer von ungleichen Temperaturen m, n, welche nach Richmanns Regel (ſ. Feuer, Th. II. S. 219.) eine Miſchung
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/339>, abgerufen am 22.11.2024.
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