Verhältnißzahlen mit (16/27) zu multipliciren, und man erhält folgende Reihe:
C
D
E
F
G
A
B
H
c
1
8/9
(64/81)
3/4
2/3
(16/27)
(9/16)
(128/243)
1/2
Um die Größe der Stufen in einem solchen System zu finden, muß man jede folgende Zahl durch ihre vorhergehende dividiren, woraus sich folgende Stufen des alten Systems ergeben.
C
D
E
F
G
A
H
c
8/9
8/9
(243/256)
8/9
8/9
8/9
(243/256)
In diesem System, wo jeder ganze Ton um 8/9, jeder halbe um (243/256) fortschritt, kamen nun gar keine reinen Terzen von 4/5 und 5/6 vor; sondern es hatten die großen Terzen das Verhältniß (64/81), die kleinen das (27/32); hingegen waren die Quarten und Quinten völlig rein, die Quinte von H ausgenommen, welche gar nicht vorkam. Außer diesem diatonischen System hatten die Alten noch ein enharmonisches und chromatisches Genus, worinn sich mehr und zum Theil sehr fein unterschiedene Töne befanden (s. Dictionaire de musique par J. J. Rousseau. a Paris, 1767. 4. Art. Systeme). Man hat dieses System bis ins sechszehnte Jahrhundert beybehalten, woraus freylich ein ganz eigner Charakter der alten Musik entstehen mußte, die überhaupt mehr auf Melodie, als auf Harmonie beruhte, bey welcher letztern die unreinen Terzen eine eigne Wirkung thun müßten. Alles dies schränkt sich blos auf die Töne der Instrumente ein, die den Gesang begleiteten; der freye Sänger, der die Töne hervorbringen darf, wie sie das Gehör verlangt, wird unstreitig auch bey den Alten, selbst ohne Absicht, die Terzen nach seinem Gefühl temperirt, und statt der systematischen unreinen die gefälligern reinen gesungen haben.
Nachdem in Italien eigne Lehrstühle der Musik ertichtet waren, fieng der gelehrte venetianische Tonkünstler Giuseppe Zarlino (+ 1599) an, das alte diatonische System zu verbessern. Es scheint, daß ihn dabey die harmo-
Verhaͤltnißzahlen mit (16/27) zu multipliciren, und man erhaͤlt folgende Reihe:
C
D
E
F
G
A
B
H
c
1
8/9
(64/81)
3/4
2/3
(16/27)
(9/16)
(128/243)
1/2
Um die Groͤße der Stufen in einem ſolchen Syſtem zu finden, muß man jede folgende Zahl durch ihre vorhergehende dividiren, woraus ſich folgende Stufen des alten Syſtems ergeben.
C
D
E
F
G
A
H
c
8/9
8/9
(243/256)
8/9
8/9
8/9
(243/256)
In dieſem Syſtem, wo jeder ganze Ton um 8/9, jeder halbe um (243/256) fortſchritt, kamen nun gar keine reinen Terzen von 4/5 und 5/6 vor; ſondern es hatten die großen Terzen das Verhaͤltniß (64/81), die kleinen das (27/32); hingegen waren die Quarten und Quinten voͤllig rein, die Quinte von H ausgenommen, welche gar nicht vorkam. Außer dieſem diatoniſchen Syſtem hatten die Alten noch ein enharmoniſches und chromatiſches Genus, worinn ſich mehr und zum Theil ſehr fein unterſchiedene Toͤne befanden (ſ. Dictionaire de muſique par J. J. Rouſſeau. à Paris, 1767. 4. Art. Syſteme). Man hat dieſes Syſtem bis ins ſechszehnte Jahrhundert beybehalten, woraus freylich ein ganz eigner Charakter der alten Muſik entſtehen mußte, die uͤberhaupt mehr auf Melodie, als auf Harmonie beruhte, bey welcher letztern die unreinen Terzen eine eigne Wirkung thun muͤßten. Alles dies ſchraͤnkt ſich blos auf die Toͤne der Inſtrumente ein, die den Geſang begleiteten; der freye Saͤnger, der die Toͤne hervorbringen darf, wie ſie das Gehoͤr verlangt, wird unſtreitig auch bey den Alten, ſelbſt ohne Abſicht, die Terzen nach ſeinem Gefuͤhl temperirt, und ſtatt der ſyſtematiſchen unreinen die gefaͤlligern reinen geſungen haben.
Nachdem in Italien eigne Lehrſtuͤhle der Muſik ertichtet waren, fieng der gelehrte venetianiſche Tonkuͤnſtler Giuſeppe Zarlino (+ 1599) an, das alte diatoniſche Syſtem zu verbeſſern. Es ſcheint, daß ihn dabey die harmo-
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Verhaͤltnißzahlen mit (16/27) zu multipliciren, und man erhaͤlt folgende Reihe: C D E F G A B H c
1 8/9 (64/81) 3/4 2/3 (16/27) (9/16) (128/243) 1/2
Um die Groͤße der Stufen in einem ſolchen Syſtem zu finden, muß man jede folgende Zahl durch ihre vorhergehende dividiren, woraus ſich folgende Stufen des alten Syſtems ergeben. C D E F G A H c
8/9 8/9 (243/256) 8/9 8/9 8/9 (243/256)
In dieſem Syſtem, wo jeder ganze Ton um 8/9, jeder halbe um (243/256) fortſchritt, kamen nun gar keine reinen Terzen von 4/5 und 5/6 vor; ſondern es hatten die großen Terzen das Verhaͤltniß (64/81), die kleinen das (27/32); hingegen waren die Quarten und Quinten voͤllig rein, die Quinte von H ausgenommen, welche gar nicht vorkam. Außer dieſem diatoniſchen Syſtem hatten die Alten noch ein enharmoniſches und chromatiſches Genus, worinn ſich mehr und zum Theil ſehr fein unterſchiedene Toͤne befanden (ſ. Dictionaire de muſique par J. J. Rouſſeau. à Paris, 1767. 4. Art. Syſteme). Man hat dieſes Syſtem bis ins ſechszehnte Jahrhundert beybehalten, woraus freylich ein ganz eigner Charakter der alten Muſik entſtehen mußte, die uͤberhaupt mehr auf Melodie, als auf Harmonie beruhte, bey welcher letztern die unreinen Terzen eine eigne Wirkung thun muͤßten. Alles dies ſchraͤnkt ſich blos auf die Toͤne der Inſtrumente ein, die den Geſang begleiteten; der freye Saͤnger, der die Toͤne hervorbringen darf, wie ſie das Gehoͤr verlangt, wird unſtreitig auch bey den Alten, ſelbſt ohne Abſicht, die Terzen nach ſeinem Gefuͤhl temperirt, und ſtatt der ſyſtematiſchen unreinen die gefaͤlligern reinen geſungen haben.
Nachdem in Italien eigne Lehrſtuͤhle der Muſik ertichtet waren, fieng der gelehrte venetianiſche Tonkuͤnſtler Giuſeppe Zarlino (+ 1599) an, das alte diatoniſche Syſtem zu verbeſſern. Es ſcheint, daß ihn dabey die harmo-
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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