Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


durchließen, so fieng sich an Materie daselbst abzusetzen. Diese versperrte den Weg noch mehr, die Feuchtigkeit machte neue Absätze darüber, verband noch mehr Sandkörner damit, und so entstanden mitten im lockern Sande diese Concretionen. Sie haben gewöhnlich eigne Gestalten, wozu die verschiedene Feinheit oder Gleichförmigkeit des Sandes Anlaß giebt. In einem Hügel in Piemont waren diese Sandsteine rund, wie Boßkugeln, an andern Orten findet man sie mit Ramificationen, oder als große Blöcke, die auf der Oberfläche gleichsam Basreliefs zeigen.

In Italien fand Herr de Lüc mitten in solchen Sandsteinen Conchylien, deren Kerne Agat waren, einige ganz ausgefüllt, andere nur inwendig mit Agatkrystallen überzogen: ihre Oefnung aber mit der versteinerten Materie des Hügels (einem harten grauen Sande) verstopft: an einigen war dieser steinerne Deckel übergetreten, wie ein über die Form ausgetretener Metallguß. Er erklärt sich die Entstehung so. Der Hügel ist mit der Materie des Agats durchdrungen, die wegen der Homogeneität ihrer Theile einen durchsichtigen Stein bildet, s. Durchsichtigkeit. Der Sand des Hügels füllte die Mündung der Conchylien aus; aber die Feuchtigkeit drang durch diesen Pfropf hindurch in die leeren innern Windungen, und führte die feine Materie mit sich ein, bis endlich die Mündung ganz verstopft und versteinert ward. Ist dies spät geschehen, so ist die ganze Schale mit Agat erfüllt; ist es früher erfolgt, so sind nur die Wände mit Krystallen überzogen. Dieser ganze fremde Körper hat nun auch den Umlauf der Feuchtigkeit von außen gehindert, und so ist eine steinichte Rinde um die Schale, und endlich ein Sandstein entstanden. Ueberhaut findet man in den meisten einzelnen Sandsteinen irgend einen fremden Körper, der die erste Veranlassung zu der Concretion gegeben hat.

Mehrentheils führt die Feuchtigkeit nur Kalkerde bey sich. Die daraus gebildeten Sandsteine und Steinkerne zerfallen im Scheidewasser, und werden dem Sande der Hügel gleich, in denen sie sich gebildet haben. Bisweilen ist die beygemischte Materie gypsartig, und bildet in den Muschelschalen


durchließen, ſo fieng ſich an Materie daſelbſt abzuſetzen. Dieſe verſperrte den Weg noch mehr, die Feuchtigkeit machte neue Abſaͤtze daruͤber, verband noch mehr Sandkoͤrner damit, und ſo entſtanden mitten im lockern Sande dieſe Concretionen. Sie haben gewoͤhnlich eigne Geſtalten, wozu die verſchiedene Feinheit oder Gleichfoͤrmigkeit des Sandes Anlaß giebt. In einem Huͤgel in Piemont waren dieſe Sandſteine rund, wie Boßkugeln, an andern Orten findet man ſie mit Ramificationen, oder als große Bloͤcke, die auf der Oberflaͤche gleichſam Basreliefs zeigen.

In Italien fand Herr de Luͤc mitten in ſolchen Sandſteinen Conchylien, deren Kerne Agat waren, einige ganz ausgefuͤllt, andere nur inwendig mit Agatkryſtallen uͤberzogen: ihre Oefnung aber mit der verſteinerten Materie des Huͤgels (einem harten grauen Sande) verſtopft: an einigen war dieſer ſteinerne Deckel uͤbergetreten, wie ein uͤber die Form ausgetretener Metallguß. Er erklaͤrt ſich die Entſtehung ſo. Der Huͤgel iſt mit der Materie des Agats durchdrungen, die wegen der Homogeneitaͤt ihrer Theile einen durchſichtigen Stein bildet, ſ. Durchſichtigkeit. Der Sand des Huͤgels fuͤllte die Muͤndung der Conchylien aus; aber die Feuchtigkeit drang durch dieſen Pfropf hindurch in die leeren innern Windungen, und fuͤhrte die feine Materie mit ſich ein, bis endlich die Muͤndung ganz verſtopft und verſteinert ward. Iſt dies ſpaͤt geſchehen, ſo iſt die ganze Schale mit Agat erfuͤllt; iſt es fruͤher erfolgt, ſo ſind nur die Waͤnde mit Kryſtallen uͤberzogen. Dieſer ganze fremde Koͤrper hat nun auch den Umlauf der Feuchtigkeit von außen gehindert, und ſo iſt eine ſteinichte Rinde um die Schale, und endlich ein Sandſtein entſtanden. Ueberhaut findet man in den meiſten einzelnen Sandſteinen irgend einen fremden Koͤrper, der die erſte Veranlaſſung zu der Concretion gegeben hat.

Mehrentheils fuͤhrt die Feuchtigkeit nur Kalkerde bey ſich. Die daraus gebildeten Sandſteine und Steinkerne zerfallen im Scheidewaſſer, und werden dem Sande der Huͤgel gleich, in denen ſie ſich gebildet haben. Bisweilen iſt die beygemiſchte Materie gypsartig, und bildet in den Muſchelſchalen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0478" xml:id="P.4.468" n="468"/><lb/>
durchließen, &#x017F;o fieng &#x017F;ich an Materie da&#x017F;elb&#x017F;t abzu&#x017F;etzen. Die&#x017F;e ver&#x017F;perrte den Weg noch mehr, die Feuchtigkeit machte neue Ab&#x017F;a&#x0364;tze daru&#x0364;ber, verband noch mehr Sandko&#x0364;rner damit, und &#x017F;o ent&#x017F;tanden mitten im lockern Sande die&#x017F;e Concretionen. Sie haben gewo&#x0364;hnlich eigne Ge&#x017F;talten, wozu die ver&#x017F;chiedene Feinheit oder Gleichfo&#x0364;rmigkeit des Sandes Anlaß giebt. In einem Hu&#x0364;gel in Piemont waren die&#x017F;e Sand&#x017F;teine rund, wie Boßkugeln, an andern Orten findet man &#x017F;ie mit Ramificationen, oder als große Blo&#x0364;cke, die auf der Oberfla&#x0364;che gleich&#x017F;am Basreliefs zeigen.</p>
            <p>In Italien fand Herr <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c</hi> mitten in &#x017F;olchen Sand&#x017F;teinen Conchylien, deren Kerne Agat waren, einige ganz ausgefu&#x0364;llt, andere nur inwendig mit Agatkry&#x017F;tallen u&#x0364;berzogen: ihre Oefnung aber mit der ver&#x017F;teinerten Materie des Hu&#x0364;gels (einem harten grauen Sande) ver&#x017F;topft: an einigen war die&#x017F;er &#x017F;teinerne Deckel u&#x0364;bergetreten, wie ein u&#x0364;ber die Form ausgetretener Metallguß. Er erkla&#x0364;rt &#x017F;ich die Ent&#x017F;tehung &#x017F;o. Der Hu&#x0364;gel i&#x017F;t mit der Materie des Agats durchdrungen, die wegen der Homogeneita&#x0364;t ihrer Theile einen durch&#x017F;ichtigen Stein bildet, <hi rendition="#b">&#x017F;. Durch&#x017F;ichtigkeit.</hi> Der Sand des Hu&#x0364;gels fu&#x0364;llte die Mu&#x0364;ndung der Conchylien aus; aber die Feuchtigkeit drang durch die&#x017F;en Pfropf hindurch in die leeren innern Windungen, und fu&#x0364;hrte die feine Materie mit &#x017F;ich ein, bis endlich die Mu&#x0364;ndung ganz ver&#x017F;topft und ver&#x017F;teinert ward. I&#x017F;t dies &#x017F;pa&#x0364;t ge&#x017F;chehen, &#x017F;o i&#x017F;t die ganze Schale mit Agat erfu&#x0364;llt; i&#x017F;t es fru&#x0364;her erfolgt, &#x017F;o &#x017F;ind nur die Wa&#x0364;nde mit Kry&#x017F;tallen u&#x0364;berzogen. Die&#x017F;er ganze fremde Ko&#x0364;rper hat nun auch den Umlauf der Feuchtigkeit von außen gehindert, und &#x017F;o i&#x017F;t eine &#x017F;teinichte Rinde um die Schale, und endlich ein Sand&#x017F;tein ent&#x017F;tanden. Ueberhaut findet man in den mei&#x017F;ten einzelnen Sand&#x017F;teinen irgend einen fremden Ko&#x0364;rper, der die er&#x017F;te Veranla&#x017F;&#x017F;ung zu der Concretion gegeben hat.</p>
            <p>Mehrentheils fu&#x0364;hrt die Feuchtigkeit nur Kalkerde bey &#x017F;ich. Die daraus gebildeten Sand&#x017F;teine und Steinkerne zerfallen im Scheidewa&#x017F;&#x017F;er, und werden dem Sande der Hu&#x0364;gel gleich, in denen &#x017F;ie &#x017F;ich gebildet haben. Bisweilen i&#x017F;t die beygemi&#x017F;chte Materie gypsartig, und bildet in den Mu&#x017F;chel&#x017F;chalen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[468/0478] durchließen, ſo fieng ſich an Materie daſelbſt abzuſetzen. Dieſe verſperrte den Weg noch mehr, die Feuchtigkeit machte neue Abſaͤtze daruͤber, verband noch mehr Sandkoͤrner damit, und ſo entſtanden mitten im lockern Sande dieſe Concretionen. Sie haben gewoͤhnlich eigne Geſtalten, wozu die verſchiedene Feinheit oder Gleichfoͤrmigkeit des Sandes Anlaß giebt. In einem Huͤgel in Piemont waren dieſe Sandſteine rund, wie Boßkugeln, an andern Orten findet man ſie mit Ramificationen, oder als große Bloͤcke, die auf der Oberflaͤche gleichſam Basreliefs zeigen. In Italien fand Herr de Luͤc mitten in ſolchen Sandſteinen Conchylien, deren Kerne Agat waren, einige ganz ausgefuͤllt, andere nur inwendig mit Agatkryſtallen uͤberzogen: ihre Oefnung aber mit der verſteinerten Materie des Huͤgels (einem harten grauen Sande) verſtopft: an einigen war dieſer ſteinerne Deckel uͤbergetreten, wie ein uͤber die Form ausgetretener Metallguß. Er erklaͤrt ſich die Entſtehung ſo. Der Huͤgel iſt mit der Materie des Agats durchdrungen, die wegen der Homogeneitaͤt ihrer Theile einen durchſichtigen Stein bildet, ſ. Durchſichtigkeit. Der Sand des Huͤgels fuͤllte die Muͤndung der Conchylien aus; aber die Feuchtigkeit drang durch dieſen Pfropf hindurch in die leeren innern Windungen, und fuͤhrte die feine Materie mit ſich ein, bis endlich die Muͤndung ganz verſtopft und verſteinert ward. Iſt dies ſpaͤt geſchehen, ſo iſt die ganze Schale mit Agat erfuͤllt; iſt es fruͤher erfolgt, ſo ſind nur die Waͤnde mit Kryſtallen uͤberzogen. Dieſer ganze fremde Koͤrper hat nun auch den Umlauf der Feuchtigkeit von außen gehindert, und ſo iſt eine ſteinichte Rinde um die Schale, und endlich ein Sandſtein entſtanden. Ueberhaut findet man in den meiſten einzelnen Sandſteinen irgend einen fremden Koͤrper, der die erſte Veranlaſſung zu der Concretion gegeben hat. Mehrentheils fuͤhrt die Feuchtigkeit nur Kalkerde bey ſich. Die daraus gebildeten Sandſteine und Steinkerne zerfallen im Scheidewaſſer, und werden dem Sande der Huͤgel gleich, in denen ſie ſich gebildet haben. Bisweilen iſt die beygemiſchte Materie gypsartig, und bildet in den Muſchelſchalen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/478
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/478>, abgerufen am 22.11.2024.