Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Dürften wir uns alle diese Sonnensysteme als Kugeln von fast gleicher Größe, die sämmtlich einander berührten, vorstellen, so würden solcher Kugeln um eine mittlere, z. B. um unsere Sonnenwelt, zunächst zwölf an der Zahl liegen können. Jede derselben wäre ein wenig größer, als die mittlere, und der übrigen müßten dann immer mehr werden, je weiter sie abstünden, so daß um die ersten 12 eine zweyte Lage von mehreren (etwa 52), um diese eine dritte von noch mehr Kugeln u. s. w. statt fände. Geometrische Untersuchungen hierüber hat Herr Kästner (Dissert. mathem. et phys. Altenb. 1757. 4. no. IX.) angestellt. Wären nun auch die in der Mitte der Kugeln befindlichen Sonnen alle gleich groß, so würden uns die zwölf nächsten als eben soviel Sterne der ersten Größe, die der zweyten, dritten Lage u. s. w. als Sterne der folgenden Größen mit immer wachsender Anzahl erscheinen. Nun zählt man in der That zwölf Sterne, die ganz entschieden zur ersten, über 60, die zur zweyten, über 200, die zur dritten gehören. Aber man sieht bald, daß sich diese Anwendung nicht weit treiben lasse, weil die Sterne weder gleiche Größen noch eine so regelmäßige Stellung zeigen, als bey dieser Anordnung statt finden müßte. Thomas Wright (An original theory of the universe. London, 1750. 4. maj.) trägt in einem mit prachtvollen Abbildungen des Fixsternhimmels begleiteten Werke den Gedanken vor, die Fixsterne stünden in ordentlichen Lagen und gleichen Entfernungen, und schienen uns nur unordentlich, weil wir sie nicht aus der gehörigen Stelle betrachteten. So scheint das System der Jupitersmonden auf den ersten Blick unordentlich, und eben so müßte einem entfernten Auge unser ganzes Planetensystem vorkommen, obgleich in beyden die schönste Ordnung herrscht. Aber hier liegt die Ordnung in der Bewegung durch Bahnen, und geht beym Anblicke darum verlohren, weil das Auge die Körper nur in einzelnen Stellen dieser Bahnen sieht. Bey den Fixsternen könnte wohl etwas ähnliches statt finden, da man
Duͤrften wir uns alle dieſe Sonnenſyſteme als Kugeln von faſt gleicher Groͤße, die ſaͤmmtlich einander beruͤhrten, vorſtellen, ſo wuͤrden ſolcher Kugeln um eine mittlere, z. B. um unſere Sonnenwelt, zunaͤchſt zwoͤlf an der Zahl liegen koͤnnen. Jede derſelben waͤre ein wenig groͤßer, als die mittlere, und der uͤbrigen muͤßten dann immer mehr werden, je weiter ſie abſtuͤnden, ſo daß um die erſten 12 eine zweyte Lage von mehreren (etwa 52), um dieſe eine dritte von noch mehr Kugeln u. ſ. w. ſtatt faͤnde. Geometriſche Unterſuchungen hieruͤber hat Herr Kaͤſtner (Diſſert. mathem. et phyſ. Altenb. 1757. 4. no. IX.) angeſtellt. Waͤren nun auch die in der Mitte der Kugeln befindlichen Sonnen alle gleich groß, ſo wuͤrden uns die zwoͤlf naͤchſten als eben ſoviel Sterne der erſten Groͤße, die der zweyten, dritten Lage u. ſ. w. als Sterne der folgenden Groͤßen mit immer wachſender Anzahl erſcheinen. Nun zaͤhlt man in der That zwoͤlf Sterne, die ganz entſchieden zur erſten, uͤber 60, die zur zweyten, uͤber 200, die zur dritten gehoͤren. Aber man ſieht bald, daß ſich dieſe Anwendung nicht weit treiben laſſe, weil die Sterne weder gleiche Groͤßen noch eine ſo regelmaͤßige Stellung zeigen, als bey dieſer Anordnung ſtatt finden muͤßte. Thomas Wright (An original theory of the univerſe. London, 1750. 4. maj.) traͤgt in einem mit prachtvollen Abbildungen des Fixſternhimmels begleiteten Werke den Gedanken vor, die Fixſterne ſtuͤnden in ordentlichen Lagen und gleichen Entfernungen, und ſchienen uns nur unordentlich, weil wir ſie nicht aus der gehoͤrigen Stelle betrachteten. So ſcheint das Syſtem der Jupitersmonden auf den erſten Blick unordentlich, und eben ſo muͤßte einem entfernten Auge unſer ganzes Planetenſyſtem vorkommen, obgleich in beyden die ſchoͤnſte Ordnung herrſcht. Aber hier liegt die Ordnung in der Bewegung durch Bahnen, und geht beym Anblicke darum verlohren, weil das Auge die Koͤrper nur in einzelnen Stellen dieſer Bahnen ſieht. Bey den Fixſternen koͤnnte wohl etwas aͤhnliches ſtatt finden, da man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0701" xml:id="P.4.691" n="691"/><lb/> ſtatt finden, uͤber deren Beſchaffenheit uns jedoch nur ſchwache Muthmaßungen verſtattet ſind.</p> <p>Duͤrften wir uns alle dieſe Sonnenſyſteme als Kugeln von faſt gleicher Groͤße, die ſaͤmmtlich einander beruͤhrten, vorſtellen, ſo wuͤrden ſolcher Kugeln um eine mittlere, z. B. um unſere Sonnenwelt, zunaͤchſt <hi rendition="#b">zwoͤlf</hi> an der Zahl liegen koͤnnen. Jede derſelben waͤre ein wenig groͤßer, als die mittlere, und der uͤbrigen muͤßten dann immer mehr werden, je weiter ſie abſtuͤnden, ſo daß um die erſten 12 eine zweyte Lage von mehreren (etwa 52), um dieſe eine dritte von noch mehr Kugeln u. ſ. w. ſtatt faͤnde. Geometriſche Unterſuchungen hieruͤber hat Herr <hi rendition="#b">Kaͤſtner</hi> (<hi rendition="#aq">Diſſert. mathem. et phyſ. Altenb. 1757. 4. no. IX.</hi>) angeſtellt. Waͤren nun auch die in der Mitte der Kugeln befindlichen Sonnen alle gleich groß, ſo wuͤrden uns die zwoͤlf naͤchſten als eben ſoviel Sterne der erſten Groͤße, die der zweyten, dritten Lage u. ſ. w. als Sterne der folgenden Groͤßen mit immer wachſender Anzahl erſcheinen. Nun zaͤhlt man in der That zwoͤlf Sterne, die ganz entſchieden zur erſten, uͤber 60, die zur zweyten, uͤber 200, die zur dritten gehoͤren. Aber man ſieht bald, daß ſich dieſe Anwendung nicht weit treiben laſſe, weil die Sterne weder gleiche Groͤßen noch eine ſo regelmaͤßige Stellung zeigen, als bey dieſer Anordnung ſtatt finden muͤßte.</p> <p><hi rendition="#b">Thomas Wright</hi> (<hi rendition="#aq">An original theory of the univerſe. London, 1750. 4. maj.</hi>) traͤgt in einem mit prachtvollen Abbildungen des Fixſternhimmels begleiteten Werke den Gedanken vor, die Fixſterne ſtuͤnden in ordentlichen Lagen und gleichen Entfernungen, und ſchienen uns nur unordentlich, weil wir ſie nicht aus der gehoͤrigen Stelle betrachteten. So ſcheint das Syſtem der Jupitersmonden auf den erſten Blick unordentlich, und eben ſo muͤßte einem entfernten Auge unſer ganzes Planetenſyſtem vorkommen, obgleich in beyden die ſchoͤnſte Ordnung herrſcht. Aber hier liegt die Ordnung in der Bewegung durch Bahnen, und geht beym Anblicke darum verlohren, weil das Auge die Koͤrper nur in einzelnen Stellen dieſer Bahnen ſieht. Bey den Fixſternen koͤnnte wohl etwas aͤhnliches ſtatt finden, da man<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [691/0701]
ſtatt finden, uͤber deren Beſchaffenheit uns jedoch nur ſchwache Muthmaßungen verſtattet ſind.
Duͤrften wir uns alle dieſe Sonnenſyſteme als Kugeln von faſt gleicher Groͤße, die ſaͤmmtlich einander beruͤhrten, vorſtellen, ſo wuͤrden ſolcher Kugeln um eine mittlere, z. B. um unſere Sonnenwelt, zunaͤchſt zwoͤlf an der Zahl liegen koͤnnen. Jede derſelben waͤre ein wenig groͤßer, als die mittlere, und der uͤbrigen muͤßten dann immer mehr werden, je weiter ſie abſtuͤnden, ſo daß um die erſten 12 eine zweyte Lage von mehreren (etwa 52), um dieſe eine dritte von noch mehr Kugeln u. ſ. w. ſtatt faͤnde. Geometriſche Unterſuchungen hieruͤber hat Herr Kaͤſtner (Diſſert. mathem. et phyſ. Altenb. 1757. 4. no. IX.) angeſtellt. Waͤren nun auch die in der Mitte der Kugeln befindlichen Sonnen alle gleich groß, ſo wuͤrden uns die zwoͤlf naͤchſten als eben ſoviel Sterne der erſten Groͤße, die der zweyten, dritten Lage u. ſ. w. als Sterne der folgenden Groͤßen mit immer wachſender Anzahl erſcheinen. Nun zaͤhlt man in der That zwoͤlf Sterne, die ganz entſchieden zur erſten, uͤber 60, die zur zweyten, uͤber 200, die zur dritten gehoͤren. Aber man ſieht bald, daß ſich dieſe Anwendung nicht weit treiben laſſe, weil die Sterne weder gleiche Groͤßen noch eine ſo regelmaͤßige Stellung zeigen, als bey dieſer Anordnung ſtatt finden muͤßte.
Thomas Wright (An original theory of the univerſe. London, 1750. 4. maj.) traͤgt in einem mit prachtvollen Abbildungen des Fixſternhimmels begleiteten Werke den Gedanken vor, die Fixſterne ſtuͤnden in ordentlichen Lagen und gleichen Entfernungen, und ſchienen uns nur unordentlich, weil wir ſie nicht aus der gehoͤrigen Stelle betrachteten. So ſcheint das Syſtem der Jupitersmonden auf den erſten Blick unordentlich, und eben ſo muͤßte einem entfernten Auge unſer ganzes Planetenſyſtem vorkommen, obgleich in beyden die ſchoͤnſte Ordnung herrſcht. Aber hier liegt die Ordnung in der Bewegung durch Bahnen, und geht beym Anblicke darum verlohren, weil das Auge die Koͤrper nur in einzelnen Stellen dieſer Bahnen ſieht. Bey den Fixſternen koͤnnte wohl etwas aͤhnliches ſtatt finden, da man
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