Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
In gegenwärtigem Artikel will ich zuerst eine kurze Geschichte der vornehmsten Weltordnungen vortragen, dann aber bey der copernikanischen insbesondere stehen bleiben, und endlich mit einer tabellarischen Uebersicht der im Weltsystem vorkommenden Größen und Bewegungen der Hauptplaneten beschließen. Weltordnungen der Alten. Ptolemäisches System. Nur durch das Gesicht allein, und mit unzählbaren optischen Täuschungen, können wir die Weltkörper beobachten, s. Gesichtsbetrüge. (Th. II. S. 467. 468.). Die scheinbaren Bewegungen der Planeten sind so verwickelt, daß man sie bey reiferm Nachdenken schlechterdings nicht für die wahren halten kan. Es kömmt also auf eine Hypothese an, welche sie alle hinreichend erklärt, und doch das wahre Ganze in eine einfache Ordnung bringt. Diese zu finden, war nun nicht das Werk weniger Jahre, noch eines gemeinen Verstandes. Die vornehmsten aus einer solchen Hypothese zu erklärenden Erscheinungen sind die tägliche Umdrehung des Himmels, der jährliche Umlauf der Sonne, die auf der Schiefe beyder Bewegungen gegen einander beruhende Verschiedenheit der Tageslängen und Jahrszeiten, und die eigne Bewegung der Planeten. Bey der letztern bemerkt man das Sonderbare, daß Mars, Jupiter und Saturn am geschwindesten gehen, wenn sie bey der Sonne sind, alsdann langsamer fortrücken, endlich stillstehen, und, indem sie der Sonne gegenüber kommen, gar zurückgehen; Venus und Merkur hingegen sich nie über gewisse Grenzen von der Sonne entfernen, an diesen Grenzen allemal umkehren, und wieder bey der Sonne vorbey auf ihre andere Seite gehen, wozu noch kömmt, daß alle Planeten größer aussehen, wenn sie zurückgehen, und kleiner, wenn sie rechtläufig sind, wie dies vorzüglich beym Mars und der Venus ungemein stark in die Augen fällt.
In gegenwaͤrtigem Artikel will ich zuerſt eine kurze Geſchichte der vornehmſten Weltordnungen vortragen, dann aber bey der copernikaniſchen insbeſondere ſtehen bleiben, und endlich mit einer tabellariſchen Ueberſicht der im Weltſyſtem vorkommenden Groͤßen und Bewegungen der Hauptplaneten beſchließen. Weltordnungen der Alten. Ptolemaͤiſches Syſtem. Nur durch das Geſicht allein, und mit unzaͤhlbaren optiſchen Taͤuſchungen, koͤnnen wir die Weltkoͤrper beobachten, ſ. Geſichtsbetruͤge. (Th. II. S. 467. 468.). Die ſcheinbaren Bewegungen der Planeten ſind ſo verwickelt, daß man ſie bey reiferm Nachdenken ſchlechterdings nicht fuͤr die wahren halten kan. Es koͤmmt alſo auf eine Hypotheſe an, welche ſie alle hinreichend erklaͤrt, und doch das wahre Ganze in eine einfache Ordnung bringt. Dieſe zu finden, war nun nicht das Werk weniger Jahre, noch eines gemeinen Verſtandes. Die vornehmſten aus einer ſolchen Hypotheſe zu erklaͤrenden Erſcheinungen ſind die taͤgliche Umdrehung des Himmels, der jaͤhrliche Umlauf der Sonne, die auf der Schiefe beyder Bewegungen gegen einander beruhende Verſchiedenheit der Tageslaͤngen und Jahrszeiten, und die eigne Bewegung der Planeten. Bey der letztern bemerkt man das Sonderbare, daß Mars, Jupiter und Saturn am geſchwindeſten gehen, wenn ſie bey der Sonne ſind, alsdann langſamer fortruͤcken, endlich ſtillſtehen, und, indem ſie der Sonne gegenuͤber kommen, gar zuruͤckgehen; Venus und Merkur hingegen ſich nie uͤber gewiſſe Grenzen von der Sonne entfernen, an dieſen Grenzen allemal umkehren, und wieder bey der Sonne vorbey auf ihre andere Seite gehen, wozu noch koͤmmt, daß alle Planeten groͤßer ausſehen, wenn ſie zuruͤckgehen, und kleiner, wenn ſie rechtlaͤufig ſind, wie dies vorzuͤglich beym Mars und der Venus ungemein ſtark in die Augen faͤllt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0713" xml:id="P.4.703" n="703"/><lb/> wie das unſrige, bilde, worauf ſich die fernern Muthmaßungen uͤber den Bau der Fixſternhimmel gruͤnden, <hi rendition="#b">ſ. Weltgebaͤude.</hi></p> <p>In gegenwaͤrtigem Artikel will ich zuerſt eine kurze Geſchichte der vornehmſten Weltordnungen vortragen, dann aber bey der copernikaniſchen insbeſondere ſtehen bleiben, und endlich mit einer tabellariſchen Ueberſicht der im Weltſyſtem vorkommenden Groͤßen und Bewegungen der Hauptplaneten beſchließen. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Weltordnungen der Alten. Ptolemaͤiſches Syſtem.</hi></hi></p> <p>Nur durch das Geſicht allein, und mit unzaͤhlbaren optiſchen Taͤuſchungen, koͤnnen wir die Weltkoͤrper beobachten, <hi rendition="#b">ſ. Geſichtsbetruͤge.</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 467. 468.). Die ſcheinbaren Bewegungen der Planeten ſind ſo verwickelt, daß man ſie bey reiferm Nachdenken ſchlechterdings nicht fuͤr die wahren halten kan. Es koͤmmt alſo auf eine Hypotheſe an, welche ſie alle hinreichend erklaͤrt, und doch das wahre Ganze in eine einfache Ordnung bringt. Dieſe zu finden, war nun nicht das Werk weniger Jahre, noch eines gemeinen Verſtandes.</p> <p>Die vornehmſten aus einer ſolchen Hypotheſe zu erklaͤrenden Erſcheinungen ſind die taͤgliche Umdrehung des Himmels, der jaͤhrliche Umlauf der Sonne, die auf der Schiefe beyder Bewegungen gegen einander beruhende Verſchiedenheit der Tageslaͤngen und Jahrszeiten, und die eigne Bewegung der Planeten. Bey der letztern bemerkt man das Sonderbare, daß Mars, Jupiter und Saturn am geſchwindeſten gehen, wenn ſie bey der Sonne ſind, alsdann langſamer fortruͤcken, endlich ſtillſtehen, und, indem ſie der Sonne gegenuͤber kommen, gar zuruͤckgehen; Venus und Merkur hingegen ſich nie uͤber gewiſſe Grenzen von der Sonne entfernen, an dieſen Grenzen allemal umkehren, und wieder bey der Sonne vorbey auf ihre andere Seite gehen, wozu noch koͤmmt, daß alle Planeten groͤßer ausſehen, wenn ſie zuruͤckgehen, und kleiner, wenn ſie rechtlaͤufig ſind, wie dies vorzuͤglich beym Mars und der Venus ungemein ſtark in die Augen faͤllt.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [703/0713]
wie das unſrige, bilde, worauf ſich die fernern Muthmaßungen uͤber den Bau der Fixſternhimmel gruͤnden, ſ. Weltgebaͤude.
In gegenwaͤrtigem Artikel will ich zuerſt eine kurze Geſchichte der vornehmſten Weltordnungen vortragen, dann aber bey der copernikaniſchen insbeſondere ſtehen bleiben, und endlich mit einer tabellariſchen Ueberſicht der im Weltſyſtem vorkommenden Groͤßen und Bewegungen der Hauptplaneten beſchließen. Weltordnungen der Alten. Ptolemaͤiſches Syſtem.
Nur durch das Geſicht allein, und mit unzaͤhlbaren optiſchen Taͤuſchungen, koͤnnen wir die Weltkoͤrper beobachten, ſ. Geſichtsbetruͤge. (Th. II. S. 467. 468.). Die ſcheinbaren Bewegungen der Planeten ſind ſo verwickelt, daß man ſie bey reiferm Nachdenken ſchlechterdings nicht fuͤr die wahren halten kan. Es koͤmmt alſo auf eine Hypotheſe an, welche ſie alle hinreichend erklaͤrt, und doch das wahre Ganze in eine einfache Ordnung bringt. Dieſe zu finden, war nun nicht das Werk weniger Jahre, noch eines gemeinen Verſtandes.
Die vornehmſten aus einer ſolchen Hypotheſe zu erklaͤrenden Erſcheinungen ſind die taͤgliche Umdrehung des Himmels, der jaͤhrliche Umlauf der Sonne, die auf der Schiefe beyder Bewegungen gegen einander beruhende Verſchiedenheit der Tageslaͤngen und Jahrszeiten, und die eigne Bewegung der Planeten. Bey der letztern bemerkt man das Sonderbare, daß Mars, Jupiter und Saturn am geſchwindeſten gehen, wenn ſie bey der Sonne ſind, alsdann langſamer fortruͤcken, endlich ſtillſtehen, und, indem ſie der Sonne gegenuͤber kommen, gar zuruͤckgehen; Venus und Merkur hingegen ſich nie uͤber gewiſſe Grenzen von der Sonne entfernen, an dieſen Grenzen allemal umkehren, und wieder bey der Sonne vorbey auf ihre andere Seite gehen, wozu noch koͤmmt, daß alle Planeten groͤßer ausſehen, wenn ſie zuruͤckgehen, und kleiner, wenn ſie rechtlaͤufig ſind, wie dies vorzuͤglich beym Mars und der Venus ungemein ſtark in die Augen faͤllt.
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