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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Es scheint unter den Alten fast eben so, wie in neuern Zeiten bey Wiederherstellung dieses Systems, verschiedene Meinungen über dasselbe gegeben zu haben. Denn von Einigen wird blos erwähnt, daß sie der Erde eine Umdrehung um die Axe beygelegt, und hieraus die tägliche Bewegung erklärt haben. Dabey konnten sie noch immer die Erde als den Mittelpunkt des Umlaufs der Sonne und der eignen Bewegungen der Planeten ansehen. Diese Meinung legt Plutarch (De placitis philos. III. 13. 17.) dem Heraklides von Pontus, Ekphantus und Seleukus von Erythräa bey. So erzählt auch Cicero die Behauptung des Nicetas von Syrakus (Nicetas Syracusius, ut ait Theophrastus, caelum, solem, lunam, stellas, supera denique omnia stare censet, neque praeter terram rem ullam in mundo moveri, quae cum circa axem se summa celeritate convertat et torqueat, eadem effici omnia, quasi stante terra caelum moveretur. Cic. Quaest. Acad. IV. 39.), wobey offenbar blos von der täglichen Bewegung die Rede ist. Andere aber gaben zugleich der Erde einen Umlauf um die Sonne. Dies erzählen Diogenes und Plutarch vom Philolaus von Crotona, Archytas von Tarent und Timäus von Lokris. Eben das ist auch, wie Archimed im Arenarius anführt, vom Aristarch von Samos sehr bestimmt gelehrt, und vom Plato selbst im spätern Alter angenommen worden. Plutarch versichert, dieser große Weltweise habe bedauert, in seinen frühern Schriften der Erde einen ganz unschicklichen Platz im Mittel des Ganzen angewiesen zu haben. Er beruft sich hiebey auf das nicht unwichtige Zeugniß des Theophrast, welcher eine anjetzt verlohrne Geschichte der Astronomie geschrieben hatte. Mit der Bewegung der Erde um die Sonne ist der Umlauf der übrigen Planeten um eben dieselbe so genau verbunden, daß man auch den letztern als eine Lehre der Pythagoräer ansehen muß, wenn gleich dessen bey den Schriftstellern nicht ausdrücklich gedacht wird. Man betrachtet daher das ganze copernikanische System als eine Meinung der italischen Schule, auch ist es von Ismael Boulliaud unter dem Namen des Philolaus (Philolaus, libr. IV. Amst.


Es ſcheint unter den Alten faſt eben ſo, wie in neuern Zeiten bey Wiederherſtellung dieſes Syſtems, verſchiedene Meinungen uͤber daſſelbe gegeben zu haben. Denn von Einigen wird blos erwaͤhnt, daß ſie der Erde eine Umdrehung um die Axe beygelegt, und hieraus die taͤgliche Bewegung erklaͤrt haben. Dabey konnten ſie noch immer die Erde als den Mittelpunkt des Umlaufs der Sonne und der eignen Bewegungen der Planeten anſehen. Dieſe Meinung legt Plutarch (De placitis philoſ. III. 13. 17.) dem Heraklides von Pontus, Ekphantus und Seleukus von Erythraͤa bey. So erzaͤhlt auch Cicero die Behauptung des Nicetas von Syrakus (Nicetas Syracuſius, ut ait Theophraſtus, caelum, ſolem, lunam, ſtellas, ſupera denique omnia ſtare cenſet, neque praeter terram rem ullam in mundo moveri, quae cum circa axem ſe ſumma celeritate convertat et torqueat, eadem effici omnia, quaſi ſtante terra caelum moveretur. Cic. Quaeſt. Acad. IV. 39.), wobey offenbar blos von der taͤglichen Bewegung die Rede iſt. Andere aber gaben zugleich der Erde einen Umlauf um die Sonne. Dies erzaͤhlen Diogenes und Plutarch vom Philolaus von Crotona, Archytas von Tarent und Timaͤus von Lokris. Eben das iſt auch, wie Archimed im Arenarius anfuͤhrt, vom Ariſtarch von Samos ſehr beſtimmt gelehrt, und vom Plato ſelbſt im ſpaͤtern Alter angenommen worden. Plutarch verſichert, dieſer große Weltweiſe habe bedauert, in ſeinen fruͤhern Schriften der Erde einen ganz unſchicklichen Platz im Mittel des Ganzen angewieſen zu haben. Er beruft ſich hiebey auf das nicht unwichtige Zeugniß des Theophraſt, welcher eine anjetzt verlohrne Geſchichte der Aſtronomie geſchrieben hatte. Mit der Bewegung der Erde um die Sonne iſt der Umlauf der uͤbrigen Planeten um eben dieſelbe ſo genau verbunden, daß man auch den letztern als eine Lehre der Pythagoraͤer anſehen muß, wenn gleich deſſen bey den Schriftſtellern nicht ausdruͤcklich gedacht wird. Man betrachtet daher das ganze copernikaniſche Syſtem als eine Meinung der italiſchen Schule, auch iſt es von Iſmael Boulliaud unter dem Namen des Philolaus (Philolaus, libr. IV. Amſt.

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[705/0715] Es ſcheint unter den Alten faſt eben ſo, wie in neuern Zeiten bey Wiederherſtellung dieſes Syſtems, verſchiedene Meinungen uͤber daſſelbe gegeben zu haben. Denn von Einigen wird blos erwaͤhnt, daß ſie der Erde eine Umdrehung um die Axe beygelegt, und hieraus die taͤgliche Bewegung erklaͤrt haben. Dabey konnten ſie noch immer die Erde als den Mittelpunkt des Umlaufs der Sonne und der eignen Bewegungen der Planeten anſehen. Dieſe Meinung legt Plutarch (De placitis philoſ. III. 13. 17.) dem Heraklides von Pontus, Ekphantus und Seleukus von Erythraͤa bey. So erzaͤhlt auch Cicero die Behauptung des Nicetas von Syrakus (Nicetas Syracuſius, ut ait Theophraſtus, caelum, ſolem, lunam, ſtellas, ſupera denique omnia ſtare cenſet, neque praeter terram rem ullam in mundo moveri, quae cum circa axem ſe ſumma celeritate convertat et torqueat, eadem effici omnia, quaſi ſtante terra caelum moveretur. Cic. Quaeſt. Acad. IV. 39.), wobey offenbar blos von der taͤglichen Bewegung die Rede iſt. Andere aber gaben zugleich der Erde einen Umlauf um die Sonne. Dies erzaͤhlen Diogenes und Plutarch vom Philolaus von Crotona, Archytas von Tarent und Timaͤus von Lokris. Eben das iſt auch, wie Archimed im Arenarius anfuͤhrt, vom Ariſtarch von Samos ſehr beſtimmt gelehrt, und vom Plato ſelbſt im ſpaͤtern Alter angenommen worden. Plutarch verſichert, dieſer große Weltweiſe habe bedauert, in ſeinen fruͤhern Schriften der Erde einen ganz unſchicklichen Platz im Mittel des Ganzen angewieſen zu haben. Er beruft ſich hiebey auf das nicht unwichtige Zeugniß des Theophraſt, welcher eine anjetzt verlohrne Geſchichte der Aſtronomie geſchrieben hatte. Mit der Bewegung der Erde um die Sonne iſt der Umlauf der uͤbrigen Planeten um eben dieſelbe ſo genau verbunden, daß man auch den letztern als eine Lehre der Pythagoraͤer anſehen muß, wenn gleich deſſen bey den Schriftſtellern nicht ausdruͤcklich gedacht wird. Man betrachtet daher das ganze copernikaniſche Syſtem als eine Meinung der italiſchen Schule, auch iſt es von Iſmael Boulliaud unter dem Namen des Philolaus (Philolaus, libr. IV. Amſt.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/715>, abgerufen am 22.11.2024.