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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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der verschiedenen Dichte und Beschaffenheit der Dünste am Horizonte gar sehr veränderlich ist. Nach dem, was man auf den höchsten Bergen beobachtet hat, scheint sich die Höhe mancher Wolken bis auf eine Meile über die Erdfläche zu erstrecken.

Auch ihre Größe ist sehr verschieden. Mariotte (Discours sur le mouv. des eaux, chap. 3.) hat bey einigen die Länge über eine Meile gefunden. Bey einer kleinen Wolke kan man die Abmessungen aus der Größe ihres Schattens auf der Erdfläche finden, der wegen des Parallelismus der Sonnenstralen mit der Wolke selbst gleiche Länge und Breite hat. Die Dicke ist bey Bergreisen, wo man durch Wolken steigen mußte, oft von etlichen Hundert bis Tausend Schuhen gefunden worden.

Ihre Gestalt und Größe ändert sich mit jedem Augenblicke, welches Musschenbroek den Bewegungen der Luft, den Trennungen und dem Hinzukommen neuer Dünste zuschreibt. An den Seiten sind ihre Grenzen sehr irregulär, wie schon der Anblick zeigt; die obere Fläche ist gewöhnlich ungleich und flockig, welches man deutlich sieht, wenn man sie auf den Bergen von oben her betrachtet; die untere Fläche ist ebener und glatt abgeschnitten.

Sie werden vom Winde mit eben der Geschwindigkeit fortgeführt, die die Luft selbst hat, mit der sie im Gleichgewichte stehen, obgleich zuweilen heftige Stürme, welche gegen ruhende Wolken stoßen, dieselben zertheilen, oder dichter zusammentreiben können. Von den Bergen scheinen sie angezogen zu werden, und versammeln sich gern um dieselben, obgleich Musschenbroek dieses blos vom Winde herleiten will, der die Wolken gegen die Berge treibe, wo sie aufgehalten würden und sich ansammelten, so wie sie in der windstillen Gegend hinter dem Berge ruhig blieben.

Musschenbroek wagt sogar einen Ueberschlag des Gewichts einer Wolke, die er aus 10 Theilen Luft gegen 1 Theil Dünste zusammensetzt. Da die Luft in Luft nicht wiegt, so hat er nur die Dünste zu berechnen, deren Gewicht den zehnten Theil einer mit der Wolke gleich großen Luftmasse ausmacht. Auf diese Art findet er das Gewicht


der verſchiedenen Dichte und Beſchaffenheit der Duͤnſte am Horizonte gar ſehr veraͤnderlich iſt. Nach dem, was man auf den hoͤchſten Bergen beobachtet hat, ſcheint ſich die Hoͤhe mancher Wolken bis auf eine Meile uͤber die Erdflaͤche zu erſtrecken.

Auch ihre Groͤße iſt ſehr verſchieden. Mariotte (Diſcours ſur le mouv. des eaux, chap. 3.) hat bey einigen die Laͤnge uͤber eine Meile gefunden. Bey einer kleinen Wolke kan man die Abmeſſungen aus der Groͤße ihres Schattens auf der Erdflaͤche finden, der wegen des Parallelismus der Sonnenſtralen mit der Wolke ſelbſt gleiche Laͤnge und Breite hat. Die Dicke iſt bey Bergreiſen, wo man durch Wolken ſteigen mußte, oft von etlichen Hundert bis Tauſend Schuhen gefunden worden.

Ihre Geſtalt und Groͤße aͤndert ſich mit jedem Augenblicke, welches Muſſchenbroek den Bewegungen der Luft, den Trennungen und dem Hinzukommen neuer Duͤnſte zuſchreibt. An den Seiten ſind ihre Grenzen ſehr irregulaͤr, wie ſchon der Anblick zeigt; die obere Flaͤche iſt gewoͤhnlich ungleich und flockig, welches man deutlich ſieht, wenn man ſie auf den Bergen von oben her betrachtet; die untere Flaͤche iſt ebener und glatt abgeſchnitten.

Sie werden vom Winde mit eben der Geſchwindigkeit fortgefuͤhrt, die die Luft ſelbſt hat, mit der ſie im Gleichgewichte ſtehen, obgleich zuweilen heftige Stuͤrme, welche gegen ruhende Wolken ſtoßen, dieſelben zertheilen, oder dichter zuſammentreiben koͤnnen. Von den Bergen ſcheinen ſie angezogen zu werden, und verſammeln ſich gern um dieſelben, obgleich Muſſchenbroek dieſes blos vom Winde herleiten will, der die Wolken gegen die Berge treibe, wo ſie aufgehalten wuͤrden und ſich anſammelten, ſo wie ſie in der windſtillen Gegend hinter dem Berge ruhig blieben.

Muſſchenbroek wagt ſogar einen Ueberſchlag des Gewichts einer Wolke, die er aus 10 Theilen Luft gegen 1 Theil Duͤnſte zuſammenſetzt. Da die Luft in Luft nicht wiegt, ſo hat er nur die Duͤnſte zu berechnen, deren Gewicht den zehnten Theil einer mit der Wolke gleich großen Luftmaſſe ausmacht. Auf dieſe Art findet er das Gewicht

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[817/0827] der verſchiedenen Dichte und Beſchaffenheit der Duͤnſte am Horizonte gar ſehr veraͤnderlich iſt. Nach dem, was man auf den hoͤchſten Bergen beobachtet hat, ſcheint ſich die Hoͤhe mancher Wolken bis auf eine Meile uͤber die Erdflaͤche zu erſtrecken. Auch ihre Groͤße iſt ſehr verſchieden. Mariotte (Diſcours ſur le mouv. des eaux, chap. 3.) hat bey einigen die Laͤnge uͤber eine Meile gefunden. Bey einer kleinen Wolke kan man die Abmeſſungen aus der Groͤße ihres Schattens auf der Erdflaͤche finden, der wegen des Parallelismus der Sonnenſtralen mit der Wolke ſelbſt gleiche Laͤnge und Breite hat. Die Dicke iſt bey Bergreiſen, wo man durch Wolken ſteigen mußte, oft von etlichen Hundert bis Tauſend Schuhen gefunden worden. Ihre Geſtalt und Groͤße aͤndert ſich mit jedem Augenblicke, welches Muſſchenbroek den Bewegungen der Luft, den Trennungen und dem Hinzukommen neuer Duͤnſte zuſchreibt. An den Seiten ſind ihre Grenzen ſehr irregulaͤr, wie ſchon der Anblick zeigt; die obere Flaͤche iſt gewoͤhnlich ungleich und flockig, welches man deutlich ſieht, wenn man ſie auf den Bergen von oben her betrachtet; die untere Flaͤche iſt ebener und glatt abgeſchnitten. Sie werden vom Winde mit eben der Geſchwindigkeit fortgefuͤhrt, die die Luft ſelbſt hat, mit der ſie im Gleichgewichte ſtehen, obgleich zuweilen heftige Stuͤrme, welche gegen ruhende Wolken ſtoßen, dieſelben zertheilen, oder dichter zuſammentreiben koͤnnen. Von den Bergen ſcheinen ſie angezogen zu werden, und verſammeln ſich gern um dieſelben, obgleich Muſſchenbroek dieſes blos vom Winde herleiten will, der die Wolken gegen die Berge treibe, wo ſie aufgehalten wuͤrden und ſich anſammelten, ſo wie ſie in der windſtillen Gegend hinter dem Berge ruhig blieben. Muſſchenbroek wagt ſogar einen Ueberſchlag des Gewichts einer Wolke, die er aus 10 Theilen Luft gegen 1 Theil Duͤnſte zuſammenſetzt. Da die Luft in Luft nicht wiegt, ſo hat er nur die Duͤnſte zu berechnen, deren Gewicht den zehnten Theil einer mit der Wolke gleich großen Luftmaſſe ausmacht. Auf dieſe Art findet er das Gewicht

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 817. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/827>, abgerufen am 22.11.2024.