Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


m so viel aufgehoben, daß nur noch M--m übrig bleibt. Es ist nun so viel, als ob die Masse M nur von der bewegenden Kraft M -- m getrieben würde, die Masse m aber gar nicht mehr schwer, sondern blos träg, wäre. Weil aber die Spannung und Festigkeit des Fadens macht, daß beyde Gewichte zugleich mit einerley Geschwindigkeit fortgehen müssen, so muß nun die bewegende Kraft M -- m beyde Massen zugleich, oder M + m treiben. Daher ist die beschleunigende Kraft=(M-m/M+m). Weil diese Kraft, eben so wie die Schwere, ununterbrochen oder als absolute Kraft wirkt, so werden beyde Gewichte mit gleichförmig beschleunigter Bewegung fallen und steigen; aber so, als ob sie nicht von der gewöhnlichen Schwere getrieben würden, sondern von einer geringern, die sich zur gewöhnlichen, wie (M--m/M+m) : 1 verhielte.

Eben dies findet man aus der allgemeinen Formel für den Zug auf folgende Art. Es heiße die Geschwindigkeit, welche die Schwere in einer gewissen Zeit erzeugt=g, so kan man annehmen, die Gewichte M und m, die den Faden nach entgegengesetzten Richtungen spannen, würden von Kräften getrieben, die ihnen die Geschwindigkeiten C=g; c=--g zu geben strebten. Diese Werthe statt C und c in die allgemeine Formel gesetzt, geben für die Geschwindigkeit, welche die Gewichte M und m in eben der Zeit wirklich erhalten, x=(Mg--mg/M+m), welches sich zu g, wie (M--m/M+m):1 verhält.

Ex. Es wiege M 10 Pfund, m 1 Pfund, so ist die beschleunigende Kraft (10--1/10+1)=(9/11) der Schwere und der Raum, durch welchen in einer Secunde M fällt, m steigt, wird (9/11) . 15,625=12,784 rheinl. Fuß. Bey wirklich angestelltem Versuche würde dieser Raum wegen der Friction etwas


m ſo viel aufgehoben, daß nur noch M—m uͤbrig bleibt. Es iſt nun ſo viel, als ob die Maſſe M nur von der bewegenden Kraft M — m getrieben wuͤrde, die Maſſe m aber gar nicht mehr ſchwer, ſondern blos traͤg, waͤre. Weil aber die Spannung und Feſtigkeit des Fadens macht, daß beyde Gewichte zugleich mit einerley Geſchwindigkeit fortgehen muͤſſen, ſo muß nun die bewegende Kraft M — m beyde Maſſen zugleich, oder M + m treiben. Daher iſt die beſchleunigende Kraft=(M-m/M+m). Weil dieſe Kraft, eben ſo wie die Schwere, ununterbrochen oder als abſolute Kraft wirkt, ſo werden beyde Gewichte mit gleichfoͤrmig beſchleunigter Bewegung fallen und ſteigen; aber ſo, als ob ſie nicht von der gewoͤhnlichen Schwere getrieben wuͤrden, ſondern von einer geringern, die ſich zur gewoͤhnlichen, wie (M—m/M+m) : 1 verhielte.

Eben dies findet man aus der allgemeinen Formel fuͤr den Zug auf folgende Art. Es heiße die Geſchwindigkeit, welche die Schwere in einer gewiſſen Zeit erzeugt=g, ſo kan man annehmen, die Gewichte M und m, die den Faden nach entgegengeſetzten Richtungen ſpannen, wuͤrden von Kraͤften getrieben, die ihnen die Geſchwindigkeiten C=g; c=—g zu geben ſtrebten. Dieſe Werthe ſtatt C und c in die allgemeine Formel geſetzt, geben fuͤr die Geſchwindigkeit, welche die Gewichte M und m in eben der Zeit wirklich erhalten, x=(Mg—mg/M+m), welches ſich zu g, wie (M—m/M+m):1 verhaͤlt.

Ex. Es wiege M 10 Pfund, m 1 Pfund, ſo iſt die beſchleunigende Kraft (10—1/10+1)=(9/11) der Schwere und der Raum, durch welchen in einer Secunde M faͤllt, m ſteigt, wird (9/11) . 15,625=12,784 rheinl. Fuß. Bey wirklich angeſtelltem Verſuche wuͤrde dieſer Raum wegen der Friction etwas

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0899" xml:id="P.4.889" n="889"/><lb/><hi rendition="#aq">m</hi> &#x017F;o viel aufgehoben, daß nur noch <hi rendition="#aq">M&#x2014;m</hi> u&#x0364;brig bleibt. Es i&#x017F;t nun &#x017F;o viel, als ob die Ma&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">M</hi> nur von der bewegenden Kraft <hi rendition="#aq">M &#x2014; m</hi> getrieben wu&#x0364;rde, die Ma&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">m</hi> aber gar nicht mehr &#x017F;chwer, &#x017F;ondern blos tra&#x0364;g, wa&#x0364;re. Weil aber die Spannung und Fe&#x017F;tigkeit des Fadens macht, daß beyde Gewichte zugleich mit einerley Ge&#x017F;chwindigkeit fortgehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o muß nun die bewegende Kraft <hi rendition="#aq">M &#x2014; m</hi> beyde Ma&#x017F;&#x017F;en zugleich, oder <hi rendition="#aq">M + m</hi> treiben. Daher i&#x017F;t die be&#x017F;chleunigende Kraft=<hi rendition="#aq">(M-m/M+m).</hi> Weil die&#x017F;e Kraft, eben &#x017F;o wie die Schwere, ununterbrochen oder als ab&#x017F;olute Kraft wirkt, &#x017F;o werden beyde Gewichte mit gleichfo&#x0364;rmig be&#x017F;chleunigter Bewegung fallen und &#x017F;teigen; aber &#x017F;o, als ob &#x017F;ie nicht von der gewo&#x0364;hnlichen Schwere getrieben wu&#x0364;rden, &#x017F;ondern von einer geringern, die &#x017F;ich zur gewo&#x0364;hnlichen, wie <hi rendition="#aq">(M&#x2014;m/M+m) : 1</hi> verhielte.</p>
            <p>Eben dies findet man aus der allgemeinen Formel fu&#x0364;r den Zug auf folgende Art. Es heiße die Ge&#x017F;chwindigkeit, welche die Schwere in einer gewi&#x017F;&#x017F;en Zeit erzeugt=<hi rendition="#aq">g,</hi> &#x017F;o kan man annehmen, die Gewichte <hi rendition="#aq">M</hi> und <hi rendition="#aq">m,</hi> die den Faden nach entgegenge&#x017F;etzten Richtungen &#x017F;pannen, wu&#x0364;rden von Kra&#x0364;ften getrieben, die ihnen die Ge&#x017F;chwindigkeiten <hi rendition="#aq">C=g; c=&#x2014;g</hi> zu geben &#x017F;trebten. Die&#x017F;e Werthe &#x017F;tatt <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">c</hi> in die allgemeine Formel ge&#x017F;etzt, geben fu&#x0364;r die Ge&#x017F;chwindigkeit, welche die Gewichte <hi rendition="#aq">M</hi> und <hi rendition="#aq">m</hi> in eben der Zeit wirklich erhalten, <hi rendition="#aq">x=(Mg&#x2014;mg/M+m),</hi> welches &#x017F;ich zu <hi rendition="#aq">g,</hi> wie <hi rendition="#aq">(M&#x2014;m/M+m):1</hi> verha&#x0364;lt.</p>
            <p><hi rendition="#b">Ex.</hi> Es wiege <hi rendition="#aq">M 10</hi> Pfund, <hi rendition="#aq">m 1</hi> Pfund, &#x017F;o i&#x017F;t die be&#x017F;chleunigende Kraft (10&#x2014;1/10+1)=(9/11) der Schwere und der Raum, durch welchen in einer Secunde <hi rendition="#aq">M</hi> fa&#x0364;llt, <hi rendition="#aq">m</hi> &#x017F;teigt, wird (9/11) . 15,625=12,784 rheinl. Fuß. Bey wirklich ange&#x017F;telltem Ver&#x017F;uche wu&#x0364;rde die&#x017F;er Raum wegen der Friction etwas<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[889/0899] m ſo viel aufgehoben, daß nur noch M—m uͤbrig bleibt. Es iſt nun ſo viel, als ob die Maſſe M nur von der bewegenden Kraft M — m getrieben wuͤrde, die Maſſe m aber gar nicht mehr ſchwer, ſondern blos traͤg, waͤre. Weil aber die Spannung und Feſtigkeit des Fadens macht, daß beyde Gewichte zugleich mit einerley Geſchwindigkeit fortgehen muͤſſen, ſo muß nun die bewegende Kraft M — m beyde Maſſen zugleich, oder M + m treiben. Daher iſt die beſchleunigende Kraft=(M-m/M+m). Weil dieſe Kraft, eben ſo wie die Schwere, ununterbrochen oder als abſolute Kraft wirkt, ſo werden beyde Gewichte mit gleichfoͤrmig beſchleunigter Bewegung fallen und ſteigen; aber ſo, als ob ſie nicht von der gewoͤhnlichen Schwere getrieben wuͤrden, ſondern von einer geringern, die ſich zur gewoͤhnlichen, wie (M—m/M+m) : 1 verhielte. Eben dies findet man aus der allgemeinen Formel fuͤr den Zug auf folgende Art. Es heiße die Geſchwindigkeit, welche die Schwere in einer gewiſſen Zeit erzeugt=g, ſo kan man annehmen, die Gewichte M und m, die den Faden nach entgegengeſetzten Richtungen ſpannen, wuͤrden von Kraͤften getrieben, die ihnen die Geſchwindigkeiten C=g; c=—g zu geben ſtrebten. Dieſe Werthe ſtatt C und c in die allgemeine Formel geſetzt, geben fuͤr die Geſchwindigkeit, welche die Gewichte M und m in eben der Zeit wirklich erhalten, x=(Mg—mg/M+m), welches ſich zu g, wie (M—m/M+m):1 verhaͤlt. Ex. Es wiege M 10 Pfund, m 1 Pfund, ſo iſt die beſchleunigende Kraft (10—1/10+1)=(9/11) der Schwere und der Raum, durch welchen in einer Secunde M faͤllt, m ſteigt, wird (9/11) . 15,625=12,784 rheinl. Fuß. Bey wirklich angeſtelltem Verſuche wuͤrde dieſer Raum wegen der Friction etwas

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/899
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 889. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/899>, abgerufen am 24.11.2024.