Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Herr Pictet in Genf (Versuche über das Feuer; a. d. Frz. Tübingen, 1790. 8. S. 135 u. f.) erzählt einige merkwürdige Versuche, die er im Iänner 1786 mit einem Saussurischen Haarhygrometer angestellt hat, das in einem luftleeren mit Wasserdunst bis zur größten Feuchtigkeit angefüllten Ballon eingeschlossen war. In kälterer Temperatur sollte dieses Hygrometer auf dem höchsten Feuchtigkeitspunkte stehen bleiben; in wärmerer hingegen mehr Trockenheit zeigen. Allein wider alles Vermuthen war der Erfolg ganz anders. Wenn Herr Pictet den Ballon in eine kältere Temperatur brachte, so gieng das Hygromeeer in den ersten Augenblicken schnell auf mehrere Trockenheit zu; dagegen rückte es allemal gegen den Feuchtigkeitspunkt, sobald er den Apparat in die wärmere Temperatur zurückbrachte. Diese sonderbaren Erscheinungen, sagt Herr Pictet, lassen sich gar nicht erklären, wenn man nicht das Feuer mit de Luc unmittelbar für das fortleitende Fluidum der Feuchtigkeit annimmt. Denn nur unter dieser Voraussetzung kan man begreifen, wie das Feuer bey der ersten Erkältung, indem es das Haar des Hygrometers plötzlich verläßt, demselben zugleich einen Theil der Feuchtigkeit, mit der es gesättiget war, entreißet; hingegen bey der Erwärmung den Thau, der sich an den Wänden des Ballons gesammelt hat, mit sich nimmt, und dem Haare, als Feuchtigkeit, zuführet. Ist der Ballon nicht luftleer, so braucht das Feuer erst einige Zeit, um die Luft zu durchdringen, und die vorigen Phänomene zeigen sich nicht mehr, weil nun das Haar hinlänglich Zeit hat, seinen gehörigen hygrometrischen Gang anzunehmen. Herr Picter erklärt aus dieser von dem Feuer oder Wärmestoff mit sich fortgeführten Feuchtigkeit den Umstand, daß Höhlen und unterirdische Orte im Winter trocken und im Sommer feucht sind. Er führt auch zum Beweise, wie wirksam das Feuer bey der Verdünstung sey, wenn es nicht von der Luft gehindert wird, die Erscheinung an, daß sich in Barometern, die man an die Sonne setzt, das Quecksilber destillirt, und im luftleeren Raume in Tropfengestalt an die Wände der Röhre setzt. Er schließt aus dem allen, die Theorie der Ausdünstung gewinne merklich an Simplicität und Deutlichkeit, Herr Pictet in Genf (Verſuche uͤber das Feuer; a. d. Frz. Tuͤbingen, 1790. 8. S. 135 u. f.) erzaͤhlt einige merkwuͤrdige Verſuche, die er im Iaͤnner 1786 mit einem Sauſſuriſchen Haarhygrometer angeſtellt hat, das in einem luftleeren mit Waſſerdunſt bis zur groͤßten Feuchtigkeit angefuͤllten Ballon eingeſchloſſen war. In kaͤlterer Temperatur ſollte dieſes Hygrometer auf dem hoͤchſten Feuchtigkeitspunkte ſtehen bleiben; in waͤrmerer hingegen mehr Trockenheit zeigen. Allein wider alles Vermuthen war der Erfolg ganz anders. Wenn Herr Pictet den Ballon in eine kaͤltere Temperatur brachte, ſo gieng das Hygromeeer in den erſten Augenblicken ſchnell auf mehrere Trockenheit zu; dagegen ruͤckte es allemal gegen den Feuchtigkeitspunkt, ſobald er den Apparat in die waͤrmere Temperatur zuruͤckbrachte. Dieſe ſonderbaren Erſcheinungen, ſagt Herr Pictet, laſſen ſich gar nicht erklaͤren, wenn man nicht das Feuer mit de Luc unmittelbar fuͤr das fortleitende Fluidum der Feuchtigkeit annimmt. Denn nur unter dieſer Vorausſetzung kan man begreifen, wie das Feuer bey der erſten Erkaͤltung, indem es das Haar des Hygrometers ploͤtzlich verlaͤßt, demſelben zugleich einen Theil der Feuchtigkeit, mit der es geſaͤttiget war, entreißet; hingegen bey der Erwaͤrmung den Thau, der ſich an den Waͤnden des Ballons geſammelt hat, mit ſich nimmt, und dem Haare, als Feuchtigkeit, zufuͤhret. Iſt der Ballon nicht luftleer, ſo braucht das Feuer erſt einige Zeit, um die Luft zu durchdringen, und die vorigen Phaͤnomene zeigen ſich nicht mehr, weil nun das Haar hinlaͤnglich Zeit hat, ſeinen gehoͤrigen hygrometriſchen Gang anzunehmen. Herr Picter erklaͤrt aus dieſer von dem Feuer oder Waͤrmeſtoff mit ſich fortgefuͤhrten Feuchtigkeit den Umſtand, daß Hoͤhlen und unterirdiſche Orte im Winter trocken und im Sommer feucht ſind. Er fuͤhrt auch zum Beweiſe, wie wirkſam das Feuer bey der Verduͤnſtung ſey, wenn es nicht von der Luft gehindert wird, die Erſcheinung an, daß ſich in Barometern, die man an die Sonne ſetzt, das Queckſilber deſtillirt, und im luftleeren Raume in Tropfengeſtalt an die Waͤnde der Roͤhre ſetzt. 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Herr Pictet in Genf (Verſuche uͤber das Feuer; a. d. Frz. Tuͤbingen, 1790. 8. S. 135 u. f.) erzaͤhlt einige merkwuͤrdige Verſuche, die er im Iaͤnner 1786 mit einem Sauſſuriſchen Haarhygrometer angeſtellt hat, das in einem luftleeren mit Waſſerdunſt bis zur groͤßten Feuchtigkeit angefuͤllten Ballon eingeſchloſſen war. In kaͤlterer Temperatur ſollte dieſes Hygrometer auf dem hoͤchſten Feuchtigkeitspunkte ſtehen bleiben; in waͤrmerer hingegen mehr Trockenheit zeigen. Allein wider alles Vermuthen war der Erfolg ganz anders. Wenn Herr Pictet den Ballon in eine kaͤltere Temperatur brachte, ſo gieng das Hygromeeer in den erſten Augenblicken ſchnell auf mehrere Trockenheit zu; dagegen ruͤckte es allemal gegen den Feuchtigkeitspunkt, ſobald er den Apparat in die waͤrmere Temperatur zuruͤckbrachte. Dieſe ſonderbaren Erſcheinungen, ſagt Herr Pictet, laſſen ſich gar nicht erklaͤren, wenn man nicht das Feuer mit de Luc unmittelbar fuͤr das fortleitende Fluidum der Feuchtigkeit annimmt. Denn nur unter dieſer Vorausſetzung kan man begreifen, wie das Feuer bey der erſten Erkaͤltung, indem es das Haar des Hygrometers ploͤtzlich verlaͤßt, demſelben zugleich einen Theil der Feuchtigkeit, mit der es geſaͤttiget war, entreißet; hingegen bey der Erwaͤrmung den Thau, der ſich an den Waͤnden des Ballons geſammelt hat, mit ſich nimmt, und dem Haare, als Feuchtigkeit, zufuͤhret. Iſt der Ballon nicht luftleer, ſo braucht das Feuer erſt einige Zeit, um die Luft zu durchdringen, und die vorigen Phaͤnomene zeigen ſich nicht mehr, weil nun das Haar hinlaͤnglich Zeit hat, ſeinen gehoͤrigen hygrometriſchen Gang anzunehmen.
Herr Picter erklaͤrt aus dieſer von dem Feuer oder Waͤrmeſtoff mit ſich fortgefuͤhrten Feuchtigkeit den Umſtand, daß Hoͤhlen und unterirdiſche Orte im Winter trocken und im Sommer feucht ſind. Er fuͤhrt auch zum Beweiſe, wie wirkſam das Feuer bey der Verduͤnſtung ſey, wenn es nicht von der Luft gehindert wird, die Erſcheinung an, daß ſich in Barometern, die man an die Sonne ſetzt, das Queckſilber deſtillirt, und im luftleeren Raume in Tropfengeſtalt an die Waͤnde der Roͤhre ſetzt. Er ſchließt aus dem allen, die Theorie der Ausduͤnſtung gewinne merklich an Simplicitaͤt und Deutlichkeit,
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