Temperatur gemäßen Kraft, so kan kein Dunst gebildet werden. Ist er endlich unter einem Drucke gebildet worden, der seine Kraft nicht überstieg, so wird er, wenn dieser Druck zu-oder die Temperatur abnimmt, selbst um ein Geringes, ganz und gar zersetzt.
6) Dieses bestimmt nun sowohl den Grad der Hitze, wobey das Wasser sieden kan, als auch die Veränderungen dieses Grades bey Veränderungen des Drucks. Denn das Sieden ist derjenige Zustand einer tropfbaren Flüßigkeit, wobey im Innern derselben beständig Dampf gebildet wird. Eine solche expansive Kraft im Dampfe hängt von einem gewissen Grade der Dichtigkeit ab, der solchergestalt durch den Grad des Drucks bestimmt wird.
Die Beständigkeit des Grads der Siedhitze bey einem gegebenen Drucke rührt von dem Gleichgewichte her, das beständig zwischen der Quantität des Feuers, welches das Wasser zu durchdringen fortfährt, und der Quantität dessen statt findet, das zur Verdampfung verwendet wird. Die Verschiedenheiten bewirken nichts weiter, als eine schnellere oder langsamere Dampfbildung.
7) Hieraus erklärt sich auch der Unterschied zwischen den Phänomenen des Siedens und der gemeinen Verdünstung. Das erste erfordert einen bestimmten Grad der Hitze, weil im Innern des Wassers kein Dampf gebildet werden kan, ohne wenigstens denjenigen Grad der Dichtigkeit zu haben, bey dem er den Druck der Atmosphäre über der Wasserfläche für sich allein überwinden kan. Bey der gemeinen Ausdünstung hingegen wird der Dampf an der Oberfläche des Wassers durch jede Temperatur gebildet. Er trift hier keinen Widerstand an, den er nicht immer überwinden könnte; denn er vermischt sich mit der Luft, und dehnt sie im Verhältnisse seiner Menge so aus, als eine neue Quantität Luft thun würde.
8) Wasserdunst, durch gemeine Ausdünstung gebildet, ist schlechterdings von eben derselben Natur, als der Dampf des siedenden Wassers: und in Rücksicht des Drucks, den er erleidet, ist er in demselben Zustande, als wenn er durch Ausdünstung unter einer luftleeren Glocke hervorgebracht
Temperatur gemaͤßen Kraft, ſo kan kein Dunſt gebildet werden. Iſt er endlich unter einem Drucke gebildet worden, der ſeine Kraft nicht uͤberſtieg, ſo wird er, wenn dieſer Druck zu-oder die Temperatur abnimmt, ſelbſt um ein Geringes, ganz und gar zerſetzt.
6) Dieſes beſtimmt nun ſowohl den Grad der Hitze, wobey das Waſſer ſieden kan, als auch die Veraͤnderungen dieſes Grades bey Veraͤnderungen des Drucks. Denn das Sieden iſt derjenige Zuſtand einer tropfbaren Fluͤßigkeit, wobey im Innern derſelben beſtaͤndig Dampf gebildet wird. Eine ſolche expanſive Kraft im Dampfe haͤngt von einem gewiſſen Grade der Dichtigkeit ab, der ſolchergeſtalt durch den Grad des Drucks beſtimmt wird.
Die Beſtaͤndigkeit des Grads der Siedhitze bey einem gegebenen Drucke ruͤhrt von dem Gleichgewichte her, das beſtaͤndig zwiſchen der Quantitaͤt des Feuers, welches das Waſſer zu durchdringen fortfaͤhrt, und der Quantitaͤt deſſen ſtatt findet, das zur Verdampfung verwendet wird. Die Verſchiedenheiten bewirken nichts weiter, als eine ſchnellere oder langſamere Dampfbildung.
7) Hieraus erklaͤrt ſich auch der Unterſchied zwiſchen den Phaͤnomenen des Siedens und der gemeinen Verduͤnſtung. Das erſte erfordert einen beſtimmten Grad der Hitze, weil im Innern des Waſſers kein Dampf gebildet werden kan, ohne wenigſtens denjenigen Grad der Dichtigkeit zu haben, bey dem er den Druck der Atmoſphaͤre uͤber der Waſſerflaͤche fuͤr ſich allein uͤberwinden kan. Bey der gemeinen Ausduͤnſtung hingegen wird der Dampf an der Oberflaͤche des Waſſers durch jede Temperatur gebildet. Er trift hier keinen Widerſtand an, den er nicht immer uͤberwinden koͤnnte; denn er vermiſcht ſich mit der Luft, und dehnt ſie im Verhaͤltniſſe ſeiner Menge ſo aus, als eine neue Quantitaͤt Luft thun wuͤrde.
8) Waſſerdunſt, durch gemeine Ausduͤnſtung gebildet, iſt ſchlechterdings von eben derſelben Natur, als der Dampf des ſiedenden Waſſers: und in Ruͤckſicht des Drucks, den er erleidet, iſt er in demſelben Zuſtande, als wenn er durch Ausduͤnſtung unter einer luftleeren Glocke hervorgebracht
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Temperatur gemaͤßen Kraft, ſo kan kein Dunſt gebildet werden. Iſt er endlich unter einem Drucke gebildet worden, der ſeine Kraft nicht uͤberſtieg, ſo wird er, wenn dieſer Druck zu-oder die Temperatur abnimmt, ſelbſt um ein Geringes, ganz und gar zerſetzt.</p><p>6) Dieſes beſtimmt nun ſowohl den Grad der Hitze, wobey das Waſſer ſieden kan, als auch die Veraͤnderungen dieſes Grades bey Veraͤnderungen des Drucks. Denn das Sieden iſt derjenige Zuſtand einer tropfbaren Fluͤßigkeit, wobey im Innern derſelben beſtaͤndig Dampf gebildet wird. Eine ſolche expanſive Kraft im Dampfe haͤngt von einem gewiſſen Grade der Dichtigkeit ab, der ſolchergeſtalt durch den Grad des Drucks beſtimmt wird.</p><p>Die Beſtaͤndigkeit des Grads der Siedhitze bey einem gegebenen Drucke ruͤhrt von dem Gleichgewichte her, das beſtaͤndig zwiſchen der Quantitaͤt des Feuers, welches das Waſſer zu durchdringen fortfaͤhrt, und der Quantitaͤt deſſen ſtatt findet, das zur Verdampfung verwendet wird. Die Verſchiedenheiten bewirken nichts weiter, als eine ſchnellere oder langſamere Dampfbildung.</p><p>7) Hieraus erklaͤrt ſich auch der Unterſchied zwiſchen den Phaͤnomenen des Siedens und der gemeinen Verduͤnſtung. Das erſte erfordert einen beſtimmten Grad der Hitze, weil im Innern des Waſſers kein Dampf gebildet werden kan, ohne wenigſtens denjenigen Grad der Dichtigkeit zu haben, bey dem er den Druck der Atmoſphaͤre uͤber der Waſſerflaͤche fuͤr ſich allein uͤberwinden kan. Bey der gemeinen Ausduͤnſtung hingegen wird der Dampf an der Oberflaͤche des Waſſers durch jede Temperatur gebildet. Er trift hier keinen Widerſtand an, den er nicht immer uͤberwinden koͤnnte; denn er vermiſcht ſich mit der Luft, und dehnt ſie im Verhaͤltniſſe ſeiner Menge ſo aus, als eine neue Quantitaͤt Luft thun wuͤrde.</p><p>8) Waſſerdunſt, durch gemeine Ausduͤnſtung gebildet, iſt ſchlechterdings von eben derſelben Natur, als der Dampf des ſiedenden Waſſers: und in Ruͤckſicht des Drucks, den er erleidet, iſt er in demſelben Zuſtande, als wenn er durch Ausduͤnſtung unter einer luftleeren Glocke hervorgebracht<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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Temperatur gemaͤßen Kraft, ſo kan kein Dunſt gebildet werden. Iſt er endlich unter einem Drucke gebildet worden, der ſeine Kraft nicht uͤberſtieg, ſo wird er, wenn dieſer Druck zu-oder die Temperatur abnimmt, ſelbſt um ein Geringes, ganz und gar zerſetzt.
6) Dieſes beſtimmt nun ſowohl den Grad der Hitze, wobey das Waſſer ſieden kan, als auch die Veraͤnderungen dieſes Grades bey Veraͤnderungen des Drucks. Denn das Sieden iſt derjenige Zuſtand einer tropfbaren Fluͤßigkeit, wobey im Innern derſelben beſtaͤndig Dampf gebildet wird. Eine ſolche expanſive Kraft im Dampfe haͤngt von einem gewiſſen Grade der Dichtigkeit ab, der ſolchergeſtalt durch den Grad des Drucks beſtimmt wird.
Die Beſtaͤndigkeit des Grads der Siedhitze bey einem gegebenen Drucke ruͤhrt von dem Gleichgewichte her, das beſtaͤndig zwiſchen der Quantitaͤt des Feuers, welches das Waſſer zu durchdringen fortfaͤhrt, und der Quantitaͤt deſſen ſtatt findet, das zur Verdampfung verwendet wird. Die Verſchiedenheiten bewirken nichts weiter, als eine ſchnellere oder langſamere Dampfbildung.
7) Hieraus erklaͤrt ſich auch der Unterſchied zwiſchen den Phaͤnomenen des Siedens und der gemeinen Verduͤnſtung. Das erſte erfordert einen beſtimmten Grad der Hitze, weil im Innern des Waſſers kein Dampf gebildet werden kan, ohne wenigſtens denjenigen Grad der Dichtigkeit zu haben, bey dem er den Druck der Atmoſphaͤre uͤber der Waſſerflaͤche fuͤr ſich allein uͤberwinden kan. Bey der gemeinen Ausduͤnſtung hingegen wird der Dampf an der Oberflaͤche des Waſſers durch jede Temperatur gebildet. Er trift hier keinen Widerſtand an, den er nicht immer uͤberwinden koͤnnte; denn er vermiſcht ſich mit der Luft, und dehnt ſie im Verhaͤltniſſe ſeiner Menge ſo aus, als eine neue Quantitaͤt Luft thun wuͤrde.
8) Waſſerdunſt, durch gemeine Ausduͤnſtung gebildet, iſt ſchlechterdings von eben derſelben Natur, als der Dampf des ſiedenden Waſſers: und in Ruͤckſicht des Drucks, den er erleidet, iſt er in demſelben Zuſtande, als wenn er durch Ausduͤnſtung unter einer luftleeren Glocke hervorgebracht
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/105>, abgerufen am 21.11.2024.
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