Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Die Ausdünstung der zweyten Art geht langfam von statten, und die Elasticität der Luft wird durch selbige wenig oder gar nicht verstärkt. Ein Gefäß mit Wasser bey heißem Wetter an einem ruhigen Orte an die Sonne gesetzt, dünstet anfangs stark, und auf die erste Art. Nach und nach aber häufen sich die Dünste und Wassertheilchen in der nächsten an der Wasserfläche anliegenden Luftschicht so sehr, daß diese ihre Ziehkraft fast gänzlich verliert, und nur sehr langsam, d. i. auf die zweyte Art, auflöset. Bisweilen sieht man auf dem Wasser eine Art von weißlichem halbdurchsichtigen Häutchen, und wenn man dieses wegbläset, so verstärkt sich die Ausdünstung des Wassers sogleich. Wenn man unter eine Glasglocke ein Thermometer und Barometer, aber zugleich anstatt des feuchten Lappens ein Gefäß mit Wasser verschließt, so wird während der Ausdünstung das Thermometer nicht fallen, und das Barometer nicht steigen (?). Da durch diese Ausdünstung der zweyten Art die Elasticität der Luft nicht verstärkt wird, so muß dagegen ihr specifisches Gewicht zunehmen. Denn ihr absolutes Gewicht wird um soviel größer, als das in ihr aufgelößte Wasser beträgt, indeß Ausdehnung und Volumen die vorigen bleiben. Diese Vermehrung des specifischen Gewichts kan bisweilen sehr viel betragen, wie bey Lamberts Versuchen, nach welchen ein Pariser Cubikschuh Luft 342 Gran Wasser soll aufnehmen können, wovon aber die Erfahrungen des Herrn de Saussure weit abweichen, s. Hygtometer, Th. II. S. 671. Hr. Hube glaubt doch, die Luft werde durch die zweyte Art der Ausdünstung allemal eigenthümlich schwerer, und könne bey 12--16 Grad Temperatur nach Reaumur noch mehr Wasser, als der dritte Theil ihres Gewichts beträgt, in sich enthalten. Bey der ersten Art der Ausdünstung werden die Wassertheilchen, indem sie sich in der Luft völlig auflösen, wie es scheint, auf eine besondere Art mit der Feuermaterie verbunden, und gleichsam luftförmig gemacht. (Dies sind Hrn. H. eigne Worte, nach welchen es fast scheint, als ob er selbft
Die Ausduͤnſtung der zweyten Art geht langfam von ſtatten, und die Elaſticitaͤt der Luft wird durch ſelbige wenig oder gar nicht verſtaͤrkt. Ein Gefaͤß mit Waſſer bey heißem Wetter an einem ruhigen Orte an die Sonne geſetzt, duͤnſtet anfangs ſtark, und auf die erſte Art. Nach und nach aber haͤufen ſich die Duͤnſte und Waſſertheilchen in der naͤchſten an der Waſſerflaͤche anliegenden Luftſchicht ſo ſehr, daß dieſe ihre Ziehkraft faſt gaͤnzlich verliert, und nur ſehr langſam, d. i. auf die zweyte Art, aufloͤſet. Bisweilen ſieht man auf dem Waſſer eine Art von weißlichem halbdurchſichtigen Haͤutchen, und wenn man dieſes wegblaͤſet, ſo verſtaͤrkt ſich die Ausduͤnſtung des Waſſers ſogleich. Wenn man unter eine Glasglocke ein Thermometer und Barometer, aber zugleich anſtatt des feuchten Lappens ein Gefaͤß mit Waſſer verſchließt, ſo wird waͤhrend der Ausduͤnſtung das Thermometer nicht fallen, und das Barometer nicht ſteigen (?). Da durch dieſe Ausduͤnſtung der zweyten Art die Elaſticitaͤt der Luft nicht verſtaͤrkt wird, ſo muß dagegen ihr ſpecifiſches Gewicht zunehmen. Denn ihr abſolutes Gewicht wird um ſoviel groͤßer, als das in ihr aufgeloͤßte Waſſer betraͤgt, indeß Ausdehnung und Volumen die vorigen bleiben. Dieſe Vermehrung des ſpecifiſchen Gewichts kan bisweilen ſehr viel betragen, wie bey Lamberts Verſuchen, nach welchen ein Pariſer Cubikſchuh Luft 342 Gran Waſſer ſoll aufnehmen koͤnnen, wovon aber die Erfahrungen des Herrn de Sauſſure weit abweichen, ſ. Hygtometer, Th. II. S. 671. Hr. Hube glaubt doch, die Luft werde durch die zweyte Art der Ausduͤnſtung allemal eigenthuͤmlich ſchwerer, und koͤnne bey 12—16 Grad Temperatur nach Reaumur noch mehr Waſſer, als der dritte Theil ihres Gewichts betraͤgt, in ſich enthalten. Bey der erſten Art der Ausduͤnſtung werden die Waſſertheilchen, indem ſie ſich in der Luft voͤllig aufloͤſen, wie es ſcheint, auf eine beſondere Art mit der Feuermaterie verbunden, und gleichſam luftfoͤrmig gemacht. (Dies ſind Hrn. H. eigne Worte, nach welchen es faſt ſcheint, als ob er ſelbft <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" xml:id="P.5.103" n="103"/><lb/> unaufgeloͤßte Waſſertheilchen mit ſich fort, welche nicht ſelten die Luft truͤben, und als ein Rauch erſcheinen.</p> <p>Die <hi rendition="#b">Ausduͤnſtung der zweyten Art</hi> geht langfam von ſtatten, und die Elaſticitaͤt der Luft wird durch ſelbige wenig oder gar nicht verſtaͤrkt. Ein Gefaͤß mit Waſſer bey heißem Wetter an einem ruhigen Orte an die Sonne geſetzt, duͤnſtet anfangs ſtark, und auf die erſte Art. Nach und nach aber haͤufen ſich die Duͤnſte und Waſſertheilchen in der naͤchſten an der Waſſerflaͤche anliegenden Luftſchicht ſo ſehr, daß dieſe ihre Ziehkraft faſt gaͤnzlich verliert, und nur ſehr langſam, d. i. auf die zweyte Art, aufloͤſet. Bisweilen ſieht man auf dem Waſſer eine Art von weißlichem halbdurchſichtigen Haͤutchen, und wenn man dieſes wegblaͤſet, ſo verſtaͤrkt ſich die Ausduͤnſtung des Waſſers ſogleich. Wenn man unter eine Glasglocke ein Thermometer und Barometer, aber zugleich anſtatt des feuchten Lappens ein Gefaͤß mit Waſſer verſchließt, ſo wird waͤhrend der Ausduͤnſtung das Thermometer nicht fallen, und das Barometer nicht ſteigen (?).</p> <p>Da durch dieſe Ausduͤnſtung der zweyten Art die Elaſticitaͤt der Luft nicht verſtaͤrkt wird, ſo muß dagegen ihr ſpecifiſches Gewicht zunehmen. Denn ihr abſolutes Gewicht wird um ſoviel groͤßer, als das in ihr aufgeloͤßte Waſſer betraͤgt, indeß Ausdehnung und Volumen die vorigen bleiben. Dieſe Vermehrung des ſpecifiſchen Gewichts kan bisweilen ſehr viel betragen, wie bey <hi rendition="#b">Lamberts</hi> Verſuchen, nach welchen ein Pariſer Cubikſchuh Luft 342 Gran Waſſer ſoll aufnehmen koͤnnen, wovon aber die Erfahrungen des Herrn <hi rendition="#b">de Sauſſure</hi> weit abweichen, ſ. <hi rendition="#b">Hygtometer,</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 671. Hr. <hi rendition="#b">Hube</hi> glaubt doch, die Luft werde durch die zweyte Art der Ausduͤnſtung allemal eigenthuͤmlich ſchwerer, und koͤnne bey 12—16 Grad Temperatur nach Reaumur noch mehr Waſſer, als der dritte Theil ihres Gewichts betraͤgt, in ſich enthalten.</p> <p>Bey der erſten Art der Ausduͤnſtung werden die Waſſertheilchen, indem ſie ſich in der Luft voͤllig aufloͤſen, wie es ſcheint, auf eine beſondere Art mit der Feuermaterie verbunden, und gleichſam luftfoͤrmig gemacht. (Dies ſind Hrn. H. eigne Worte, nach welchen es faſt ſcheint, als ob er ſelbft<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0115]
unaufgeloͤßte Waſſertheilchen mit ſich fort, welche nicht ſelten die Luft truͤben, und als ein Rauch erſcheinen.
Die Ausduͤnſtung der zweyten Art geht langfam von ſtatten, und die Elaſticitaͤt der Luft wird durch ſelbige wenig oder gar nicht verſtaͤrkt. Ein Gefaͤß mit Waſſer bey heißem Wetter an einem ruhigen Orte an die Sonne geſetzt, duͤnſtet anfangs ſtark, und auf die erſte Art. Nach und nach aber haͤufen ſich die Duͤnſte und Waſſertheilchen in der naͤchſten an der Waſſerflaͤche anliegenden Luftſchicht ſo ſehr, daß dieſe ihre Ziehkraft faſt gaͤnzlich verliert, und nur ſehr langſam, d. i. auf die zweyte Art, aufloͤſet. Bisweilen ſieht man auf dem Waſſer eine Art von weißlichem halbdurchſichtigen Haͤutchen, und wenn man dieſes wegblaͤſet, ſo verſtaͤrkt ſich die Ausduͤnſtung des Waſſers ſogleich. Wenn man unter eine Glasglocke ein Thermometer und Barometer, aber zugleich anſtatt des feuchten Lappens ein Gefaͤß mit Waſſer verſchließt, ſo wird waͤhrend der Ausduͤnſtung das Thermometer nicht fallen, und das Barometer nicht ſteigen (?).
Da durch dieſe Ausduͤnſtung der zweyten Art die Elaſticitaͤt der Luft nicht verſtaͤrkt wird, ſo muß dagegen ihr ſpecifiſches Gewicht zunehmen. Denn ihr abſolutes Gewicht wird um ſoviel groͤßer, als das in ihr aufgeloͤßte Waſſer betraͤgt, indeß Ausdehnung und Volumen die vorigen bleiben. Dieſe Vermehrung des ſpecifiſchen Gewichts kan bisweilen ſehr viel betragen, wie bey Lamberts Verſuchen, nach welchen ein Pariſer Cubikſchuh Luft 342 Gran Waſſer ſoll aufnehmen koͤnnen, wovon aber die Erfahrungen des Herrn de Sauſſure weit abweichen, ſ. Hygtometer, Th. II. S. 671. Hr. Hube glaubt doch, die Luft werde durch die zweyte Art der Ausduͤnſtung allemal eigenthuͤmlich ſchwerer, und koͤnne bey 12—16 Grad Temperatur nach Reaumur noch mehr Waſſer, als der dritte Theil ihres Gewichts betraͤgt, in ſich enthalten.
Bey der erſten Art der Ausduͤnſtung werden die Waſſertheilchen, indem ſie ſich in der Luft voͤllig aufloͤſen, wie es ſcheint, auf eine beſondere Art mit der Feuermaterie verbunden, und gleichſam luftfoͤrmig gemacht. (Dies ſind Hrn. H. eigne Worte, nach welchen es faſt ſcheint, als ob er ſelbft
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