Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Alle diese mit unverkennbarem Scharfsinn aufgesuchten Gründe reichen doch nicht hin, eine so auffallende Behauptung glaublich zu machen. Herr Chladni sagt zwar, das Unglaubliche derselben sey nur scheinbar, und beruhe nicht auf Gründen, sondern blos auf dem ungewöhnlichen und befremdenden Anscheine. Allein außer dem, was ich gegen die Wahrscheinlichkeit dieser Theorie in dem Zusatze des Art. Feuerkugel erinnere, will ich hier von den gefundenen großen Eisenmassen nur das einzige anführen, daß Massen von 160--300 Centnern, wenn sie mit einer dem Laufe der Erdkugel gleichen Geschwindigkeit glühend und brennend gegen den Erdboden stießen, durch das ungeheure Moment ihrer bewegenden Kraft selbst in das festeste Gestein eindringen, und in der benachbarten Gegend Zertrümmerungen anrichten würden, deren Spuren den entferntesten Zeiten bemerklich bleiben müßten. Das in der Agramer Gespannschaft herabgefallene Stück von 71 Pfunden war 3 Klaftern tief in den Boden mit ellenbreiter Spaltung eingedrungen (s. Herrn Chladni Schrift, S. 32.). Wie sollten die sibirische Masse, und noch mehr die südamerikanische von 300 Centnern im kreideartigen Boden sich so sanft auf die Oberfläche haben lagern können? So etwas ist nicht blos ungewöhnlich und befremdend; es ist in aller Betrachtung unmöglich, und daher aus Gründen unglaublich. Elasticität. Zus. zu diesem Art. Th. I. S. 695. u. f. Was man bisher Elasticität genannt hat, ist bey festen Körpern etwas ganz anders, als bey flüßigen. Bey jenen ist es Bestreben, die vorige Gestalt wieder anzunehmen; bey diesen Bestreben, sich durch größere Räume auszubreiten. Man fühlt bey Durchlesung des Artikels unaufhörlich das Bedürfniß, beyde Arten der Elasticität von einander zu unterscheiden. Es sind Phänomene von ganz verschiedener Beschaffenheit; sie folgen verschiedenen Gesetzen, und müssen aus verschiedenen Ursachen hergeleitet werden. Für die sogenannte Elasticität der flüßigen Substanzen hat Herr de Luc den schicklichern Namen der Expansibili- Alle dieſe mit unverkennbarem Scharfſinn aufgeſuchten Gruͤnde reichen doch nicht hin, eine ſo auffallende Behauptung glaublich zu machen. Herr Chladni ſagt zwar, das Unglaubliche derſelben ſey nur ſcheinbar, und beruhe nicht auf Gruͤnden, ſondern blos auf dem ungewoͤhnlichen und befremdenden Anſcheine. Allein außer dem, was ich gegen die Wahrſcheinlichkeit dieſer Theorie in dem Zuſatze des Art. Feuerkugel erinnere, will ich hier von den gefundenen großen Eiſenmaſſen nur das einzige anfuͤhren, daß Maſſen von 160—300 Centnern, wenn ſie mit einer dem Laufe der Erdkugel gleichen Geſchwindigkeit gluͤhend und brennend gegen den Erdboden ſtießen, durch das ungeheure Moment ihrer bewegenden Kraft ſelbſt in das feſteſte Geſtein eindringen, und in der benachbarten Gegend Zertruͤmmerungen anrichten wuͤrden, deren Spuren den entfernteſten Zeiten bemerklich bleiben muͤßten. Das in der Agramer Geſpannſchaft herabgefallene Stuͤck von 71 Pfunden war 3 Klaftern tief in den Boden mit ellenbreiter Spaltung eingedrungen (ſ. Herrn Chladni Schrift, S. 32.). Wie ſollten die ſibiriſche Maſſe, und noch mehr die ſuͤdamerikaniſche von 300 Centnern im kreideartigen Boden ſich ſo ſanft auf die Oberflaͤche haben lagern koͤnnen? So etwas iſt nicht blos ungewoͤhnlich und befremdend; es iſt in aller Betrachtung unmoͤglich, und daher aus Gruͤnden unglaublich. Elaſticitaͤt. Zuſ. zu dieſem Art. Th. I. S. 695. u. f. Was man bisher Elaſticitaͤt genannt hat, iſt bey feſten Koͤrpern etwas ganz anders, als bey fluͤßigen. Bey jenen iſt es Beſtreben, die vorige Geſtalt wieder anzunehmen; bey dieſen Beſtreben, ſich durch groͤßere Raͤume auszubreiten. Man fuͤhlt bey Durchleſung des Artikels unaufhoͤrlich das Beduͤrfniß, beyde Arten der Elaſticitaͤt von einander zu unterſcheiden. Es ſind Phaͤnomene von ganz verſchiedener Beſchaffenheit; ſie folgen verſchiedenen Geſetzen, und muͤſſen aus verſchiedenen Urſachen hergeleitet werden. Fuͤr die ſogenannte Elaſticitaͤt der fluͤßigen Subſtanzen hat Herr de Luc den ſchicklichern Namen der Expanſibili- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0255" xml:id="P.5.243" n="243"/><lb/> </p> <p>Alle dieſe mit unverkennbarem Scharfſinn aufgeſuchten Gruͤnde reichen doch nicht hin, eine ſo auffallende Behauptung glaublich zu machen. Herr <hi rendition="#b">Chladni</hi> ſagt zwar, das Unglaubliche derſelben ſey nur ſcheinbar, und beruhe nicht auf Gruͤnden, ſondern blos auf dem ungewoͤhnlichen und befremdenden Anſcheine. 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Alle dieſe mit unverkennbarem Scharfſinn aufgeſuchten Gruͤnde reichen doch nicht hin, eine ſo auffallende Behauptung glaublich zu machen. Herr Chladni ſagt zwar, das Unglaubliche derſelben ſey nur ſcheinbar, und beruhe nicht auf Gruͤnden, ſondern blos auf dem ungewoͤhnlichen und befremdenden Anſcheine. Allein außer dem, was ich gegen die Wahrſcheinlichkeit dieſer Theorie in dem Zuſatze des Art. Feuerkugel erinnere, will ich hier von den gefundenen großen Eiſenmaſſen nur das einzige anfuͤhren, daß Maſſen von 160—300 Centnern, wenn ſie mit einer dem Laufe der Erdkugel gleichen Geſchwindigkeit gluͤhend und brennend gegen den Erdboden ſtießen, durch das ungeheure Moment ihrer bewegenden Kraft ſelbſt in das feſteſte Geſtein eindringen, und in der benachbarten Gegend Zertruͤmmerungen anrichten wuͤrden, deren Spuren den entfernteſten Zeiten bemerklich bleiben muͤßten. Das in der Agramer Geſpannſchaft herabgefallene Stuͤck von 71 Pfunden war 3 Klaftern tief in den Boden mit ellenbreiter Spaltung eingedrungen (ſ. Herrn Chladni Schrift, S. 32.). Wie ſollten die ſibiriſche Maſſe, und noch mehr die ſuͤdamerikaniſche von 300 Centnern im kreideartigen Boden ſich ſo ſanft auf die Oberflaͤche haben lagern koͤnnen? So etwas iſt nicht blos ungewoͤhnlich und befremdend; es iſt in aller Betrachtung unmoͤglich, und daher aus Gruͤnden unglaublich.
Elaſticitaͤt.
Zuſ. zu dieſem Art. Th. I. S. 695. u. f.
Was man bisher Elaſticitaͤt genannt hat, iſt bey feſten Koͤrpern etwas ganz anders, als bey fluͤßigen. Bey jenen iſt es Beſtreben, die vorige Geſtalt wieder anzunehmen; bey dieſen Beſtreben, ſich durch groͤßere Raͤume auszubreiten. Man fuͤhlt bey Durchleſung des Artikels unaufhoͤrlich das Beduͤrfniß, beyde Arten der Elaſticitaͤt von einander zu unterſcheiden. Es ſind Phaͤnomene von ganz verſchiedener Beſchaffenheit; ſie folgen verſchiedenen Geſetzen, und muͤſſen aus verſchiedenen Urſachen hergeleitet werden.
Fuͤr die ſogenannte Elaſticitaͤt der fluͤßigen Subſtanzen hat Herr de Luc den ſchicklichern Namen der Expanſibili-
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