1794. 8.) hat die Resultate fremder und eigner Untersuchungen hierüber nebst den daraus gezogenen Gesetzen in einer so musterhaften Ordnung vorgetragen, daß ich sie den Lesern dieses Wörterbuchs nicht besser, als durch einen kurzen Auszug aus dieser classischen Schrift, glaube vorlegen zu können. Versuche über die Muskularzusammenziehungen.
Man öfnet den Unterleib und die Brust eines lebenden Frosches, nimmt die Eingeweide heraus, und entblößt die Muskeln beyder Extremitäten. Wenn man nun dem einen Cruralnerven ein Stückchen Stanniol so unterlegt, daß die Bündel, woraus er besteht, der Länge nach darauf liegen, und nun den einen Schenkel eines gekrümmten Silberdraths auf die entblößten Muskeln setzt, zu welchen der Nerve gehet, mit dem andern Schenkel aber die zinnerne Armatur des Nerven berührt, so erfolgen in den Muskeln dieser Extremität heftige Contractionen, welche die durch mechanischen Reiz erregten an Stärke bey weitem übertreffen, und die ganze Extremität bewundernswürdig ausstrecken. Berührt man mit dem Silberdrathe zuerst die zinnerne Armatur, und dann die Muskeln, so sind die Zusammenziehungen schwächer, und können nach Verlauf einer kurzen Zeit nicht weiter erweckt werden, da sie sich hingegen auf die erste Weise viele male nach einander mit gleicher Heftigkeit hervorbringen lassen.
Noch heftiger sind diese Wirkungen, wenn statt des Draths ein Silberblech oder eine Silbermünze auf den entblößten Muskel so gelegt wird, daß es die Armatur des Nerven berührt. Etwas schwächer erfolgen sie, wenn das Silber zuerst die Armatur, und hernach den Muskel berührt. Wird das Silberstück unter den Schenkel gelegt, und mit der Armatur durch einen Silberdrath verbunden, so erfolgt eben das, und es ist alsdann einerley, ob der Drath die Belegung des Nerven, oder die der Muskeln zuerst berühret. Wird der Silberdrath mit einem Theile seiner Länge an die Muskeln gelegt, oder die Spitze mit Gewalt in die Muskeln gebracht, so sind die Zuckungen stärker, als wenn blos die Drathspitze die Flasche berührt.
1794. 8.) hat die Reſultate fremder und eigner Unterſuchungen hieruͤber nebſt den daraus gezogenen Geſetzen in einer ſo muſterhaften Ordnung vorgetragen, daß ich ſie den Leſern dieſes Woͤrterbuchs nicht beſſer, als durch einen kurzen Auszug aus dieſer claſſiſchen Schrift, glaube vorlegen zu koͤnnen. Verſuche uͤber die Muskularzuſammenziehungen.
Man oͤfnet den Unterleib und die Bruſt eines lebenden Froſches, nimmt die Eingeweide heraus, und entbloͤßt die Muskeln beyder Extremitaͤten. Wenn man nun dem einen Cruralnerven ein Stuͤckchen Stanniol ſo unterlegt, daß die Buͤndel, woraus er beſteht, der Laͤnge nach darauf liegen, und nun den einen Schenkel eines gekruͤmmten Silberdraths auf die entbloͤßten Muskeln ſetzt, zu welchen der Nerve gehet, mit dem andern Schenkel aber die zinnerne Armatur des Nerven beruͤhrt, ſo erfolgen in den Muskeln dieſer Extremitaͤt heftige Contractionen, welche die durch mechaniſchen Reiz erregten an Staͤrke bey weitem uͤbertreffen, und die ganze Extremitaͤt bewundernswuͤrdig ausſtrecken. Beruͤhrt man mit dem Silberdrathe zuerſt die zinnerne Armatur, und dann die Muskeln, ſo ſind die Zuſammenziehungen ſchwaͤcher, und koͤnnen nach Verlauf einer kurzen Zeit nicht weiter erweckt werden, da ſie ſich hingegen auf die erſte Weiſe viele male nach einander mit gleicher Heftigkeit hervorbringen laſſen.
Noch heftiger ſind dieſe Wirkungen, wenn ſtatt des Draths ein Silberblech oder eine Silbermuͤnze auf den entbloͤßten Muskel ſo gelegt wird, daß es die Armatur des Nerven beruͤhrt. Etwas ſchwaͤcher erfolgen ſie, wenn das Silber zuerſt die Armatur, und hernach den Muskel beruͤhrt. Wird das Silberſtuͤck unter den Schenkel gelegt, und mit der Armatur durch einen Silberdrath verbunden, ſo erfolgt eben das, und es iſt alsdann einerley, ob der Drath die Belegung des Nerven, oder die der Muskeln zuerſt beruͤhret. Wird der Silberdrath mit einem Theile ſeiner Laͤnge an die Muskeln gelegt, oder die Spitze mit Gewalt in die Muskeln gebracht, ſo ſind die Zuckungen ſtaͤrker, als wenn blos die Drathſpitze die Flaſche beruͤhrt.
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1794. 8.) hat die Reſultate fremder und eigner Unterſuchungen hieruͤber nebſt den daraus gezogenen Geſetzen in einer ſo muſterhaften Ordnung vorgetragen, daß ich ſie den Leſern dieſes Woͤrterbuchs nicht beſſer, als durch einen kurzen Auszug aus dieſer claſſiſchen Schrift, glaube vorlegen zu koͤnnen. <hirendition="#c">Verſuche uͤber die Muskularzuſammenziehungen.</hi></p><p>Man oͤfnet den Unterleib und die Bruſt eines lebenden Froſches, nimmt die Eingeweide heraus, und entbloͤßt die Muskeln beyder Extremitaͤten. Wenn man nun dem einen Cruralnerven ein Stuͤckchen Stanniol ſo unterlegt, daß die Buͤndel, woraus er beſteht, der Laͤnge nach darauf liegen, und nun den einen Schenkel eines gekruͤmmten Silberdraths auf die entbloͤßten Muskeln ſetzt, zu welchen der Nerve gehet, mit dem andern Schenkel aber die zinnerne Armatur des Nerven beruͤhrt, ſo erfolgen in den Muskeln dieſer Extremitaͤt heftige Contractionen, welche die durch mechaniſchen Reiz erregten an Staͤrke bey weitem uͤbertreffen, und die ganze Extremitaͤt bewundernswuͤrdig ausſtrecken. Beruͤhrt man mit dem Silberdrathe zuerſt die zinnerne Armatur, und dann die Muskeln, ſo ſind die Zuſammenziehungen ſchwaͤcher, und koͤnnen nach Verlauf einer kurzen Zeit nicht weiter erweckt werden, da ſie ſich hingegen auf die erſte Weiſe viele male nach einander mit gleicher Heftigkeit hervorbringen laſſen.</p><p>Noch heftiger ſind dieſe Wirkungen, wenn ſtatt des Draths ein Silberblech oder eine Silbermuͤnze auf den entbloͤßten Muskel ſo gelegt wird, daß es die Armatur des Nerven beruͤhrt. Etwas ſchwaͤcher erfolgen ſie, wenn das Silber zuerſt die Armatur, und hernach den Muskel beruͤhrt. Wird das Silberſtuͤck unter den Schenkel gelegt, und mit der Armatur durch einen Silberdrath verbunden, ſo erfolgt eben das, und es iſt alsdann einerley, ob der Drath die Belegung des Nerven, oder die der Muskeln zuerſt beruͤhret. Wird der Silberdrath mit einem Theile ſeiner Laͤnge an die Muskeln gelegt, oder die Spitze mit Gewalt in die Muskeln gebracht, ſo ſind die Zuckungen ſtaͤrker, als wenn blos die Drathſpitze die Flaſche beruͤhrt.<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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1794. 8.) hat die Reſultate fremder und eigner Unterſuchungen hieruͤber nebſt den daraus gezogenen Geſetzen in einer ſo muſterhaften Ordnung vorgetragen, daß ich ſie den Leſern dieſes Woͤrterbuchs nicht beſſer, als durch einen kurzen Auszug aus dieſer claſſiſchen Schrift, glaube vorlegen zu koͤnnen. Verſuche uͤber die Muskularzuſammenziehungen.
Man oͤfnet den Unterleib und die Bruſt eines lebenden Froſches, nimmt die Eingeweide heraus, und entbloͤßt die Muskeln beyder Extremitaͤten. Wenn man nun dem einen Cruralnerven ein Stuͤckchen Stanniol ſo unterlegt, daß die Buͤndel, woraus er beſteht, der Laͤnge nach darauf liegen, und nun den einen Schenkel eines gekruͤmmten Silberdraths auf die entbloͤßten Muskeln ſetzt, zu welchen der Nerve gehet, mit dem andern Schenkel aber die zinnerne Armatur des Nerven beruͤhrt, ſo erfolgen in den Muskeln dieſer Extremitaͤt heftige Contractionen, welche die durch mechaniſchen Reiz erregten an Staͤrke bey weitem uͤbertreffen, und die ganze Extremitaͤt bewundernswuͤrdig ausſtrecken. Beruͤhrt man mit dem Silberdrathe zuerſt die zinnerne Armatur, und dann die Muskeln, ſo ſind die Zuſammenziehungen ſchwaͤcher, und koͤnnen nach Verlauf einer kurzen Zeit nicht weiter erweckt werden, da ſie ſich hingegen auf die erſte Weiſe viele male nach einander mit gleicher Heftigkeit hervorbringen laſſen.
Noch heftiger ſind dieſe Wirkungen, wenn ſtatt des Draths ein Silberblech oder eine Silbermuͤnze auf den entbloͤßten Muskel ſo gelegt wird, daß es die Armatur des Nerven beruͤhrt. Etwas ſchwaͤcher erfolgen ſie, wenn das Silber zuerſt die Armatur, und hernach den Muskel beruͤhrt. Wird das Silberſtuͤck unter den Schenkel gelegt, und mit der Armatur durch einen Silberdrath verbunden, ſo erfolgt eben das, und es iſt alsdann einerley, ob der Drath die Belegung des Nerven, oder die der Muskeln zuerſt beruͤhret. Wird der Silberdrath mit einem Theile ſeiner Laͤnge an die Muskeln gelegt, oder die Spitze mit Gewalt in die Muskeln gebracht, ſo ſind die Zuckungen ſtaͤrker, als wenn blos die Drathſpitze die Flaſche beruͤhrt.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/288>, abgerufen am 24.11.2024.
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