Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Alles Angeführte zusammengenommen macht es nun allerdings wahrscheinlich, daß der Stoff der Feuerkugeln aus etwas dichterm und schwererm bestehe, als man bey den bisherigen unzureichenden Erklärungen aus der Materie des Nordlichts, der Elektricität, den aufgestiegnen ölichten und schleimigen Dünsten, der brennbaren Luft u. s. w. angenommen hat. Und da man den beurkundeten Beobachtungen, besonders der Agramischen, so schlechthin die Glaubwürdigkeit nicht absprechen kan, so darf man auch den Satz, daß dieser Stoff eisenhaltig sey, nicht sogleich verwerfen, zumal da er bey der allgemeinen Verbreitung des Eisens durch alle Naturreiche nichts offenbar unmögliches enthält. Vielmehr verdient die Sache fernere Prüfung und Aufmerksamkeit auf mehrere bey vorkommender Gelegenheit anzustellende Erfahrungen. Auch derjenige Theil der Chladnischen Theorie, der den Ursprung der Feuerkugeln und Sternschnuppen jenseits unserer Atmosphäre aus dem allgemeinen Weltraume herleitet, enthält an sich nichts unmögliches oder den Naturgesetzen widersprechendes. Ruhig könnten freylich solche Massen im Weltraume nicht bleiben: in unserm Sonnensysteme müßte vorzüglich die Gravitation gegen die Sonne auf sie wirken, und durch diese, verbunden mit der Wurfbewegung, die sie bey ihrer Entstehung erhalten hätten, müßten sie in mehr oder weniger eccentrischen Ellipsen, wie kleine Kometen, um die Sonne, als Brennpunkt, herumgeführt werden. Dieser Umlauf würde, wie bey den Kometen, unaufhörlich fortdauren, jedoch durch die Wirkung der Planeten ansehnlich perturbirt werden, bis diese Massen endlich einmal einem der letztern, z. B. der Erde, in solcher Nähe begegneten, daß die perturbirende Kraft sie bis zur Berührung mit demselben fortrisse. Jeder Astronom wird die Möglichkeit hievon zugeben, da bey den Gesetzen der Centralbewegung auf Größe oder Kleinheit der Masse nichts ankömmt, und es ebensowohl Kometen von 1 Schuh Durchmesser, als andere von beträchtlichern Größen, geben kan. Allein ist es wohl wahrscheinlich, daß jede seit Entstehung der Erde gefallene Feuerkugel, und noch mehr, jede Alles Angefuͤhrte zuſammengenommen macht es nun allerdings wahrſcheinlich, daß der Stoff der Feuerkugeln aus etwas dichterm und ſchwererm beſtehe, als man bey den bisherigen unzureichenden Erklaͤrungen aus der Materie des Nordlichts, der Elektricitaͤt, den aufgeſtiegnen oͤlichten und ſchleimigen Duͤnſten, der brennbaren Luft u. ſ. w. angenommen hat. Und da man den beurkundeten Beobachtungen, beſonders der Agramiſchen, ſo ſchlechthin die Glaubwuͤrdigkeit nicht abſprechen kan, ſo darf man auch den Satz, daß dieſer Stoff eiſenhaltig ſey, nicht ſogleich verwerfen, zumal da er bey der allgemeinen Verbreitung des Eiſens durch alle Naturreiche nichts offenbar unmoͤgliches enthaͤlt. Vielmehr verdient die Sache fernere Pruͤfung und Aufmerkſamkeit auf mehrere bey vorkommender Gelegenheit anzuſtellende Erfahrungen. Auch derjenige Theil der Chladniſchen Theorie, der den Urſprung der Feuerkugeln und Sternſchnuppen jenſeits unſerer Atmoſphaͤre aus dem allgemeinen Weltraume herleitet, enthaͤlt an ſich nichts unmoͤgliches oder den Naturgeſetzen widerſprechendes. Ruhig koͤnnten freylich ſolche Maſſen im Weltraume nicht bleiben: in unſerm Sonnenſyſteme muͤßte vorzuͤglich die Gravitation gegen die Sonne auf ſie wirken, und durch dieſe, verbunden mit der Wurfbewegung, die ſie bey ihrer Entſtehung erhalten haͤtten, muͤßten ſie in mehr oder weniger eccentriſchen Ellipſen, wie kleine Kometen, um die Sonne, als Brennpunkt, herumgefuͤhrt werden. Dieſer Umlauf wuͤrde, wie bey den Kometen, unaufhoͤrlich fortdauren, jedoch durch die Wirkung der Planeten anſehnlich perturbirt werden, bis dieſe Maſſen endlich einmal einem der letztern, z. B. der Erde, in ſolcher Naͤhe begegneten, daß die perturbirende Kraft ſie bis zur Beruͤhrung mit demſelben fortriſſe. Jeder Aſtronom wird die Moͤglichkeit hievon zugeben, da bey den Geſetzen der Centralbewegung auf Groͤße oder Kleinheit der Maſſe nichts ankoͤmmt, und es ebenſowohl Kometen von 1 Schuh Durchmeſſer, als andere von betraͤchtlichern Groͤßen, geben kan. Allein iſt es wohl wahrſcheinlich, daß jede ſeit Entſtehung der Erde gefallene Feuerkugel, und noch mehr, jede <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0416" xml:id="P.5.404" n="404"/><lb/> </p> <p>Alles Angefuͤhrte zuſammengenommen macht es nun allerdings wahrſcheinlich, daß der Stoff der Feuerkugeln aus etwas dichterm und ſchwererm beſtehe, als man bey den bisherigen unzureichenden Erklaͤrungen aus der Materie des Nordlichts, der Elektricitaͤt, den aufgeſtiegnen oͤlichten und ſchleimigen Duͤnſten, der brennbaren Luft u. ſ. w. angenommen hat. Und da man den beurkundeten Beobachtungen, beſonders der Agramiſchen, ſo ſchlechthin die Glaubwuͤrdigkeit nicht abſprechen kan, ſo darf man auch den Satz, daß dieſer Stoff eiſenhaltig ſey, nicht ſogleich verwerfen, zumal da er bey der allgemeinen Verbreitung des Eiſens durch alle Naturreiche nichts offenbar unmoͤgliches enthaͤlt. 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Alles Angefuͤhrte zuſammengenommen macht es nun allerdings wahrſcheinlich, daß der Stoff der Feuerkugeln aus etwas dichterm und ſchwererm beſtehe, als man bey den bisherigen unzureichenden Erklaͤrungen aus der Materie des Nordlichts, der Elektricitaͤt, den aufgeſtiegnen oͤlichten und ſchleimigen Duͤnſten, der brennbaren Luft u. ſ. w. angenommen hat. Und da man den beurkundeten Beobachtungen, beſonders der Agramiſchen, ſo ſchlechthin die Glaubwuͤrdigkeit nicht abſprechen kan, ſo darf man auch den Satz, daß dieſer Stoff eiſenhaltig ſey, nicht ſogleich verwerfen, zumal da er bey der allgemeinen Verbreitung des Eiſens durch alle Naturreiche nichts offenbar unmoͤgliches enthaͤlt. Vielmehr verdient die Sache fernere Pruͤfung und Aufmerkſamkeit auf mehrere bey vorkommender Gelegenheit anzuſtellende Erfahrungen.
Auch derjenige Theil der Chladniſchen Theorie, der den Urſprung der Feuerkugeln und Sternſchnuppen jenſeits unſerer Atmoſphaͤre aus dem allgemeinen Weltraume herleitet, enthaͤlt an ſich nichts unmoͤgliches oder den Naturgeſetzen widerſprechendes. Ruhig koͤnnten freylich ſolche Maſſen im Weltraume nicht bleiben: in unſerm Sonnenſyſteme muͤßte vorzuͤglich die Gravitation gegen die Sonne auf ſie wirken, und durch dieſe, verbunden mit der Wurfbewegung, die ſie bey ihrer Entſtehung erhalten haͤtten, muͤßten ſie in mehr oder weniger eccentriſchen Ellipſen, wie kleine Kometen, um die Sonne, als Brennpunkt, herumgefuͤhrt werden. Dieſer Umlauf wuͤrde, wie bey den Kometen, unaufhoͤrlich fortdauren, jedoch durch die Wirkung der Planeten anſehnlich perturbirt werden, bis dieſe Maſſen endlich einmal einem der letztern, z. B. der Erde, in ſolcher Naͤhe begegneten, daß die perturbirende Kraft ſie bis zur Beruͤhrung mit demſelben fortriſſe. Jeder Aſtronom wird die Moͤglichkeit hievon zugeben, da bey den Geſetzen der Centralbewegung auf Groͤße oder Kleinheit der Maſſe nichts ankoͤmmt, und es ebenſowohl Kometen von 1 Schuh Durchmeſſer, als andere von betraͤchtlichern Groͤßen, geben kan.
Allein iſt es wohl wahrſcheinlich, daß jede ſeit Entſtehung der Erde gefallene Feuerkugel, und noch mehr, jede
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