Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


mit schwarzem Papier bedeckten Glase mehrere Monate erhält. Was für Eigenschaften müßte man einem Aether beylegen, der durch seine Schwingungen in wenigen Minuten die Farbe einer Tinctur zu verwandeln im Stande seyn sollte? Aus grünen Blättern, die man ins Wasser legt, entwickelt das Sonnenlicht (nach Thompson auch schon ein starkes Lampenlicht) dephlogistisirte Luft; dasselbe Wasser, dieselben Blätter, der nemliche Grad der Wärme, ohne Licht, geben nichts. Selbst einige scharfsinnige Physiker, welche beym Grünwerden der Pflanzen das Licht blos als Reizmittel betrachten, läugnen doch darum die materielle Verbindung desselben mit den Pflanzen nicht.

Die dephlogistisirte Salzsäure, deren eigenthümliche Farbe gelb ist, wird im Sonnenschein wasserhell, und entwickelt aus sich dephlogistisirte Luft; unter schwarzem Papiere hingegen erfolgt nichts. Eben so wird die weiße Salpetersäure in der Sonne gelb; im Schatten aber und in der Ofenwärme behält sie ihre weiße Farbe. Silbervitriol und Hornsilber werden am Tageslichte und im Sonnenscheine, selbst unter dem Wasser und in verschlossenen Gläsern, schwarz, nicht aber, wenn sie an finstern Orten stehen, wie Scheele (Von Luft und Feuer, §. 63. b) schon bemerkt, und daraus gefolgert hat, daß das Licht Brennbares enthalte. Man sieht hieraus offenbar, daß das Licht ein Vermögen hat, in gewissen Körpern Zersetzung ihrer Bestandtheile hervorzubringen.

Wilsons Beobachtung, daß calcinirte Austerschalen an verschiedenen ihrer farbichten Stellen nicht in Lichtstralen von gleicher, sondern von einer andern Farbe, am lebhaftesten glänzen, scheint auf den ersten Blick keiner von beyden Theorien des Lichts günstig zu seyn (s. Th. III. S. 479). Allein Herr Kries erklärt sie so, daß sie ganz zur Bestätigung des Emanationssystems gereicht. Nämlich die verkalkten Austerschaalen sind sehr geneigt zur Zersetzung, und es scheint, daß die Sonnenstralen diese Wirkung in ihnen befördern. Alsdann ist das Licht, womit sie leuchten, ein eigenthümliches, phosphorisches Licht, das aus ihnen selbst erzeugt wird, und es ist also sehr wohl möglich, daß z. B. der rothe Lichtstral


mit ſchwarzem Papier bedeckten Glaſe mehrere Monate erhaͤlt. Was fuͤr Eigenſchaften muͤßte man einem Aether beylegen, der durch ſeine Schwingungen in wenigen Minuten die Farbe einer Tinctur zu verwandeln im Stande ſeyn ſollte? Aus gruͤnen Blaͤttern, die man ins Waſſer legt, entwickelt das Sonnenlicht (nach Thompſon auch ſchon ein ſtarkes Lampenlicht) dephlogiſtiſirte Luft; daſſelbe Waſſer, dieſelben Blaͤtter, der nemliche Grad der Waͤrme, ohne Licht, geben nichts. Selbſt einige ſcharfſinnige Phyſiker, welche beym Gruͤnwerden der Pflanzen das Licht blos als Reizmittel betrachten, laͤugnen doch darum die materielle Verbindung deſſelben mit den Pflanzen nicht.

Die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure, deren eigenthuͤmliche Farbe gelb iſt, wird im Sonnenſchein waſſerhell, und entwickelt aus ſich dephlogiſtiſirte Luft; unter ſchwarzem Papiere hingegen erfolgt nichts. Eben ſo wird die weiße Salpeterſaͤure in der Sonne gelb; im Schatten aber und in der Ofenwaͤrme behaͤlt ſie ihre weiße Farbe. Silbervitriol und Hornſilber werden am Tageslichte und im Sonnenſcheine, ſelbſt unter dem Waſſer und in verſchloſſenen Glaͤſern, ſchwarz, nicht aber, wenn ſie an finſtern Orten ſtehen, wie Scheele (Von Luft und Feuer, §. 63. b) ſchon bemerkt, und daraus gefolgert hat, daß das Licht Brennbares enthalte. Man ſieht hieraus offenbar, daß das Licht ein Vermoͤgen hat, in gewiſſen Koͤrpern Zerſetzung ihrer Beſtandtheile hervorzubringen.

Wilſons Beobachtung, daß calcinirte Auſterſchalen an verſchiedenen ihrer farbichten Stellen nicht in Lichtſtralen von gleicher, ſondern von einer andern Farbe, am lebhafteſten glaͤnzen, ſcheint auf den erſten Blick keiner von beyden Theorien des Lichts guͤnſtig zu ſeyn (ſ. Th. III. S. 479). Allein Herr Kries erklaͤrt ſie ſo, daß ſie ganz zur Beſtaͤtigung des Emanationsſyſtems gereicht. Naͤmlich die verkalkten Auſterſchaalen ſind ſehr geneigt zur Zerſetzung, und es ſcheint, daß die Sonnenſtralen dieſe Wirkung in ihnen befoͤrdern. Alsdann iſt das Licht, womit ſie leuchten, ein eigenthuͤmliches, phosphoriſches Licht, das aus ihnen ſelbſt erzeugt wird, und es iſt alſo ſehr wohl moͤglich, daß z. B. der rothe Lichtſtral

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0560" xml:id="P.5.548" n="548"/><lb/>
mit &#x017F;chwarzem Papier bedeckten Gla&#x017F;e mehrere Monate erha&#x0364;lt. Was fu&#x0364;r Eigen&#x017F;chaften mu&#x0364;ßte man einem Aether beylegen, der durch &#x017F;eine Schwingungen in wenigen Minuten die Farbe einer Tinctur zu verwandeln im Stande &#x017F;eyn &#x017F;ollte? Aus gru&#x0364;nen Bla&#x0364;ttern, die man ins Wa&#x017F;&#x017F;er legt, entwickelt das Sonnenlicht (nach <hi rendition="#b">Thomp&#x017F;on</hi> auch &#x017F;chon ein &#x017F;tarkes Lampenlicht) dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft; da&#x017F;&#x017F;elbe Wa&#x017F;&#x017F;er, die&#x017F;elben Bla&#x0364;tter, der nemliche Grad der Wa&#x0364;rme, <hi rendition="#b">ohne Licht,</hi> geben nichts. Selb&#x017F;t einige &#x017F;charf&#x017F;innige Phy&#x017F;iker, welche beym Gru&#x0364;nwerden der Pflanzen das Licht blos als Reizmittel betrachten, la&#x0364;ugnen doch darum die materielle Verbindung de&#x017F;&#x017F;elben mit den Pflanzen nicht.</p>
              <p>Die dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Salz&#x017F;a&#x0364;ure, deren eigenthu&#x0364;mliche Farbe gelb i&#x017F;t, wird im Sonnen&#x017F;chein wa&#x017F;&#x017F;erhell, und entwickelt aus &#x017F;ich dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft; unter &#x017F;chwarzem Papiere hingegen erfolgt nichts. Eben &#x017F;o wird die weiße Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure in der Sonne gelb; im Schatten aber und in der Ofenwa&#x0364;rme beha&#x0364;lt &#x017F;ie ihre weiße Farbe. Silbervitriol und Horn&#x017F;ilber werden am Tageslichte und im Sonnen&#x017F;cheine, &#x017F;elb&#x017F;t unter dem Wa&#x017F;&#x017F;er und in ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Gla&#x0364;&#x017F;ern, &#x017F;chwarz, nicht aber, wenn &#x017F;ie an fin&#x017F;tern Orten &#x017F;tehen, wie <hi rendition="#b">Scheele</hi> (Von Luft und Feuer, §. 63. <hi rendition="#aq">b)</hi> &#x017F;chon bemerkt, und daraus gefolgert hat, daß das Licht Brennbares enthalte. Man &#x017F;ieht hieraus offenbar, daß das Licht ein Vermo&#x0364;gen hat, in gewi&#x017F;&#x017F;en Ko&#x0364;rpern Zer&#x017F;etzung ihrer Be&#x017F;tandtheile hervorzubringen.</p>
              <p><hi rendition="#b">Wil&#x017F;ons</hi> Beobachtung, daß calcinirte Au&#x017F;ter&#x017F;chalen an ver&#x017F;chiedenen ihrer farbichten Stellen nicht in Licht&#x017F;tralen von gleicher, &#x017F;ondern von einer andern Farbe, am lebhafte&#x017F;ten gla&#x0364;nzen, &#x017F;cheint auf den er&#x017F;ten Blick keiner von beyden Theorien des Lichts gu&#x0364;n&#x017F;tig zu &#x017F;eyn (&#x017F;. Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 479). Allein Herr <hi rendition="#b">Kries</hi> erkla&#x0364;rt &#x017F;ie &#x017F;o, daß &#x017F;ie ganz zur Be&#x017F;ta&#x0364;tigung des Emanations&#x017F;y&#x017F;tems gereicht. Na&#x0364;mlich die verkalkten Au&#x017F;ter&#x017F;chaalen &#x017F;ind &#x017F;ehr geneigt zur Zer&#x017F;etzung, und es &#x017F;cheint, daß die Sonnen&#x017F;tralen die&#x017F;e Wirkung in ihnen befo&#x0364;rdern. Alsdann i&#x017F;t das Licht, womit &#x017F;ie leuchten, ein eigenthu&#x0364;mliches, phosphori&#x017F;ches Licht, das aus ihnen &#x017F;elb&#x017F;t erzeugt wird, und es i&#x017F;t al&#x017F;o &#x017F;ehr wohl mo&#x0364;glich, daß z. B. der rothe Licht&#x017F;tral<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0560] mit ſchwarzem Papier bedeckten Glaſe mehrere Monate erhaͤlt. Was fuͤr Eigenſchaften muͤßte man einem Aether beylegen, der durch ſeine Schwingungen in wenigen Minuten die Farbe einer Tinctur zu verwandeln im Stande ſeyn ſollte? Aus gruͤnen Blaͤttern, die man ins Waſſer legt, entwickelt das Sonnenlicht (nach Thompſon auch ſchon ein ſtarkes Lampenlicht) dephlogiſtiſirte Luft; daſſelbe Waſſer, dieſelben Blaͤtter, der nemliche Grad der Waͤrme, ohne Licht, geben nichts. Selbſt einige ſcharfſinnige Phyſiker, welche beym Gruͤnwerden der Pflanzen das Licht blos als Reizmittel betrachten, laͤugnen doch darum die materielle Verbindung deſſelben mit den Pflanzen nicht. Die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure, deren eigenthuͤmliche Farbe gelb iſt, wird im Sonnenſchein waſſerhell, und entwickelt aus ſich dephlogiſtiſirte Luft; unter ſchwarzem Papiere hingegen erfolgt nichts. Eben ſo wird die weiße Salpeterſaͤure in der Sonne gelb; im Schatten aber und in der Ofenwaͤrme behaͤlt ſie ihre weiße Farbe. Silbervitriol und Hornſilber werden am Tageslichte und im Sonnenſcheine, ſelbſt unter dem Waſſer und in verſchloſſenen Glaͤſern, ſchwarz, nicht aber, wenn ſie an finſtern Orten ſtehen, wie Scheele (Von Luft und Feuer, §. 63. b) ſchon bemerkt, und daraus gefolgert hat, daß das Licht Brennbares enthalte. Man ſieht hieraus offenbar, daß das Licht ein Vermoͤgen hat, in gewiſſen Koͤrpern Zerſetzung ihrer Beſtandtheile hervorzubringen. Wilſons Beobachtung, daß calcinirte Auſterſchalen an verſchiedenen ihrer farbichten Stellen nicht in Lichtſtralen von gleicher, ſondern von einer andern Farbe, am lebhafteſten glaͤnzen, ſcheint auf den erſten Blick keiner von beyden Theorien des Lichts guͤnſtig zu ſeyn (ſ. Th. III. S. 479). Allein Herr Kries erklaͤrt ſie ſo, daß ſie ganz zur Beſtaͤtigung des Emanationsſyſtems gereicht. Naͤmlich die verkalkten Auſterſchaalen ſind ſehr geneigt zur Zerſetzung, und es ſcheint, daß die Sonnenſtralen dieſe Wirkung in ihnen befoͤrdern. Alsdann iſt das Licht, womit ſie leuchten, ein eigenthuͤmliches, phosphoriſches Licht, das aus ihnen ſelbſt erzeugt wird, und es iſt alſo ſehr wohl moͤglich, daß z. B. der rothe Lichtſtral

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/560
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/560>, abgerufen am 22.11.2024.