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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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et Physices Professor bene meritus, Diss. de Ther"moscop. th. 80, in glacie frustis e portu nostro allatis."
Selbst der Recensent von Reyhers Buche in den Actis Eruditorum verweiset auf diese Stelle des Bartholinus, und zugleich auf Boyle (New experiments and observations touching Cold. Lond. 1665. 4. p. 59), welcher melde, daß die Brauer zu Amsterdam das aufgethaute Seewassereis statt süßen Wassers zum Bierbrauen gebrauchten.

Dagegen gehört Reyhern nicht allein das Verdienst, die Sache durch Versuche geprüft zu haben (Samuelis Reyheri, JC. et Mathematici Kiliensis, Experimentum novum, quo aquae marinae dulcedo examinata describitur. Kiliae, 1697. 4), sondern auch die eben so merkwürdige Entdeckung, daß das Meerwasser selbst unmittelbar unter dem Eise, süß ist. Das Resultat seiner Versuche war nemlich nach den Act. Erud. dieses: Tentamine d. 6. Febr. 1697 instituto, perfracta glacie, pedem unum crassa, deprehendit, 1) frusta glaciei fuisse dulcissima, 2) aquam glaciei proximam itidem sale destitutam, 3) aquam siphone sesquipedali extractum modice salsam, 4) eandem siphone quinquepedali haustam adeo salsam, ut unus cantharus seu 4 librae Romanae istius aquae igni appositae et in vaporem redactae, unciam unam cum sesquiscrupulo salis reliquerint. Hr. Wilkens bemerkt, daß auch Wasser, in dem Kochsalz aufgelöst ist, bey einer dem Gefrieren nahen und immer zunehmenden Erkaltung immer mehr und mehr vom anfgelösten Salze absetze, wie schon Boerhaave in seiner Chemie erwähne.

Zu S. 181. Herr Lichtenberg zweifelt, ob die Frage, woher das Meer sein Salz erhalte, wirklich einen vernünftigen Sinn habe. Nemlich, das Meer erhält nicht Salz, es behält nur das, was es einmal hat. Dieses ist sehr natürlich, da es durch die Ausdünstung kein Salz, sondern nur Wasser, verliert, welches die Flüsse immer wieder ersetzen. Die Frage wäre also, woher das Meer sein erstes Salz bekommen habe, und so gehört die Antwort zu der Schöpfungs- oder Bildungsgeschichte der Erde.


et Phyſices Profeſſor bene meritus, Diſſ. de Ther”moſcop. th. 80, in glacie fruſtis e portu noſtro allatis.“
Selbſt der Recenſent von Reyhers Buche in den Actis Eruditorum verweiſet auf dieſe Stelle des Bartholinus, und zugleich auf Boyle (New experiments and obſervations touching Cold. Lond. 1665. 4. p. 59), welcher melde, daß die Brauer zu Amſterdam das aufgethaute Seewaſſereis ſtatt ſuͤßen Waſſers zum Bierbrauen gebrauchten.

Dagegen gehoͤrt Reyhern nicht allein das Verdienſt, die Sache durch Verſuche gepruͤft zu haben (Samuelis Reyheri, JC. et Mathematici Kilienſis, Experimentum novum, quo aquae marinae dulcedo examinata deſcribitur. Kiliae, 1697. 4), ſondern auch die eben ſo merkwuͤrdige Entdeckung, daß das Meerwaſſer ſelbſt unmittelbar unter dem Eiſe, ſuͤß iſt. Das Reſultat ſeiner Verſuche war nemlich nach den Act. Erud. dieſes: Tentamine d. 6. Febr. 1697 inſtituto, perfracta glacie, pedem unum craſſa, deprehendit, 1) fruſta glaciei fuiſſe dulciſſima, 2) aquam glaciei proximam itidem ſale deſtitutam, 3) aquam ſiphone ſeſquipedali extractum modice ſalſam, 4) eandem ſiphone quinquepedali hauſtam adeo ſalſam, ut unus cantharus ſeu 4 librae Romanae iſtius aquae igni appoſitae et in vaporem redactae, unciam unam cum ſesquiſcrupulo ſalis reliquerint. Hr. Wilkens bemerkt, daß auch Waſſer, in dem Kochſalz aufgeloͤſt iſt, bey einer dem Gefrieren nahen und immer zunehmenden Erkaltung immer mehr und mehr vom anfgeloͤſten Salze abſetze, wie ſchon Boerhaave in ſeiner Chemie erwaͤhne.

Zu S. 181. Herr Lichtenberg zweifelt, ob die Frage, woher das Meer ſein Salz erhalte, wirklich einen vernuͤnftigen Sinn habe. Nemlich, das Meer erhaͤlt nicht Salz, es behaͤlt nur das, was es einmal hat. Dieſes iſt ſehr natuͤrlich, da es durch die Ausduͤnſtung kein Salz, ſondern nur Waſſer, verliert, welches die Fluͤſſe immer wieder erſetzen. Die Frage waͤre alſo, woher das Meer ſein erſtes Salz bekommen habe, und ſo gehoͤrt die Antwort zu der Schoͤpfungs- oder Bildungsgeſchichte der Erde.

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[632/0644] et Phyſices Profeſſor bene meritus, Diſſ. de Ther”moſcop. th. 80, in glacie fruſtis e portu noſtro allatis.“ Selbſt der Recenſent von Reyhers Buche in den Actis Eruditorum verweiſet auf dieſe Stelle des Bartholinus, und zugleich auf Boyle (New experiments and obſervations touching Cold. Lond. 1665. 4. p. 59), welcher melde, daß die Brauer zu Amſterdam das aufgethaute Seewaſſereis ſtatt ſuͤßen Waſſers zum Bierbrauen gebrauchten. Dagegen gehoͤrt Reyhern nicht allein das Verdienſt, die Sache durch Verſuche gepruͤft zu haben (Samuelis Reyheri, JC. et Mathematici Kilienſis, Experimentum novum, quo aquae marinae dulcedo examinata deſcribitur. Kiliae, 1697. 4), ſondern auch die eben ſo merkwuͤrdige Entdeckung, daß das Meerwaſſer ſelbſt unmittelbar unter dem Eiſe, ſuͤß iſt. Das Reſultat ſeiner Verſuche war nemlich nach den Act. Erud. dieſes: Tentamine d. 6. Febr. 1697 inſtituto, perfracta glacie, pedem unum craſſa, deprehendit, 1) fruſta glaciei fuiſſe dulciſſima, 2) aquam glaciei proximam itidem ſale deſtitutam, 3) aquam ſiphone ſeſquipedali extractum modice ſalſam, 4) eandem ſiphone quinquepedali hauſtam adeo ſalſam, ut unus cantharus ſeu 4 librae Romanae iſtius aquae igni appoſitae et in vaporem redactae, unciam unam cum ſesquiſcrupulo ſalis reliquerint. Hr. Wilkens bemerkt, daß auch Waſſer, in dem Kochſalz aufgeloͤſt iſt, bey einer dem Gefrieren nahen und immer zunehmenden Erkaltung immer mehr und mehr vom anfgeloͤſten Salze abſetze, wie ſchon Boerhaave in ſeiner Chemie erwaͤhne. Zu S. 181. Herr Lichtenberg zweifelt, ob die Frage, woher das Meer ſein Salz erhalte, wirklich einen vernuͤnftigen Sinn habe. Nemlich, das Meer erhaͤlt nicht Salz, es behaͤlt nur das, was es einmal hat. Dieſes iſt ſehr natuͤrlich, da es durch die Ausduͤnſtung kein Salz, ſondern nur Waſſer, verliert, welches die Fluͤſſe immer wieder erſetzen. Die Frage waͤre alſo, woher das Meer ſein erſtes Salz bekommen habe, und ſo gehoͤrt die Antwort zu der Schoͤpfungs- oder Bildungsgeſchichte der Erde.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/644>, abgerufen am 18.06.2024.