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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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erklärt dieses aus den Winkeln der Erleuchtungs- und Gesichtsstralen, und vergleicht es mit der Erscheinung einer gebirgigen Landschaft, die man aus einem bestimmten Gesichtspunkte von Sonnenaufgang bis zum Untergang betrachtet.

Hevels Methode, die Höhen der Mondberge zu bestimmen, findet Hr. S. zu unsicher und eingeschränkt; er sucht daher die Höhe des Berges aus der Sonnenhöhe über der Stelle des Mondes, wo sich der Berg befindet, und der Länge seines Schattens. Die Sonnenhöhe ergiebt sich aus dem Winkelabstande des Monds von der Sonne und des Berges Entfernung von der Lichtgrenze. Diese Methode, zu welcher Herr D. Olbers erhebliche Beyträge geliefert hat, erfordert zwar ein sehr geübtes, scharfes Gesicht, und vorzüglich gute lichtstarke Fernröhre; allein sie gewährt demohnerachtet mehr Genauigkeit, als selbst der Naturforscher bey einem entfernten Weltkörper verlangen wird. Sie dient auch, die senkrechten Tiefen der Einsenkungen auf der Mondfläche zu messen.

Die östliche Randgegend bey den Flecken Grimaldi, Riccioli und Hevel, und die südliche bey Kircher und Grünberger hat vorzüglich hohe Berge. Hr. S. maß die letztern, die er Leibnitz und Dörfel nennt, zu wiederholtenmalen, und fand sie 25000 paris. Fuß hoch, da unser Chimboraco noch nicht 20000 Fuß erreicht. Nimmt man hiezu, daß des Monds Durchmesser nur (3/11) des Erddurchmessers ist, so zeigt sich, daß nach dem Verhältnisse beyder Weltkörper die höchsten Mondgebirge über 4 1/2mal ((25.11/20.3) = 4,58) so hoch, als die höchsten Berge der Erde sind. Welche Naturkraft mag diese Massen bis zu einer so unverhältnißmäßigen Höhe emporgethürmt haben? Nimmt man an, die Mondkugel habe ihre Bildung durch Entwickelung elastischer Flüßigkeiten aus dem Innern erhalten, so läßt sich sagen, die Explosionen dieser Flüßigkeiten haben eben die Stärke, wie auf unserer Erde, gehabt; weil aber die Körper auf der Mondfläche fast 5mal weniger


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erklaͤrt dieſes aus den Winkeln der Erleuchtungs- und Geſichtsſtralen, und vergleicht es mit der Erſcheinung einer gebirgigen Landſchaft, die man aus einem beſtimmten Geſichtspunkte von Sonnenaufgang bis zum Untergang betrachtet.

Hevels Methode, die Hoͤhen der Mondberge zu beſtimmen, findet Hr. S. zu unſicher und eingeſchraͤnkt; er ſucht daher die Hoͤhe des Berges aus der Sonnenhoͤhe uͤber der Stelle des Mondes, wo ſich der Berg befindet, und der Laͤnge ſeines Schattens. Die Sonnenhoͤhe ergiebt ſich aus dem Winkelabſtande des Monds von der Sonne und des Berges Entfernung von der Lichtgrenze. Dieſe Methode, zu welcher Herr D. Olbers erhebliche Beytraͤge geliefert hat, erfordert zwar ein ſehr geuͤbtes, ſcharfes Geſicht, und vorzuͤglich gute lichtſtarke Fernroͤhre; allein ſie gewaͤhrt demohnerachtet mehr Genauigkeit, als ſelbſt der Naturforſcher bey einem entfernten Weltkoͤrper verlangen wird. Sie dient auch, die ſenkrechten Tiefen der Einſenkungen auf der Mondflaͤche zu meſſen.

Die oͤſtliche Randgegend bey den Flecken Grimaldi, Riccioli und Hevel, und die ſuͤdliche bey Kircher und Gruͤnberger hat vorzuͤglich hohe Berge. Hr. S. maß die letztern, die er Leibnitz und Doͤrfel nennt, zu wiederholtenmalen, und fand ſie 25000 pariſ. Fuß hoch, da unſer Chimboraço noch nicht 20000 Fuß erreicht. Nimmt man hiezu, daß des Monds Durchmeſſer nur (3/11) des Erddurchmeſſers iſt, ſo zeigt ſich, daß nach dem Verhaͤltniſſe beyder Weltkoͤrper die hoͤchſten Mondgebirge uͤber 4 1/2mal ((25.11/20.3) = 4,58) ſo hoch, als die hoͤchſten Berge der Erde ſind. Welche Naturkraft mag dieſe Maſſen bis zu einer ſo unverhaͤltnißmaͤßigen Hoͤhe emporgethuͤrmt haben? Nimmt man an, die Mondkugel habe ihre Bildung durch Entwickelung elaſtiſcher Fluͤßigkeiten aus dem Innern erhalten, ſo laͤßt ſich ſagen, die Exploſionen dieſer Fluͤßigkeiten haben eben die Staͤrke, wie auf unſerer Erde, gehabt; weil aber die Koͤrper auf der Mondflaͤche faſt 5mal weniger

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[650/0662] ter erklaͤrt dieſes aus den Winkeln der Erleuchtungs- und Geſichtsſtralen, und vergleicht es mit der Erſcheinung einer gebirgigen Landſchaft, die man aus einem beſtimmten Geſichtspunkte von Sonnenaufgang bis zum Untergang betrachtet. Hevels Methode, die Hoͤhen der Mondberge zu beſtimmen, findet Hr. S. zu unſicher und eingeſchraͤnkt; er ſucht daher die Hoͤhe des Berges aus der Sonnenhoͤhe uͤber der Stelle des Mondes, wo ſich der Berg befindet, und der Laͤnge ſeines Schattens. Die Sonnenhoͤhe ergiebt ſich aus dem Winkelabſtande des Monds von der Sonne und des Berges Entfernung von der Lichtgrenze. Dieſe Methode, zu welcher Herr D. Olbers erhebliche Beytraͤge geliefert hat, erfordert zwar ein ſehr geuͤbtes, ſcharfes Geſicht, und vorzuͤglich gute lichtſtarke Fernroͤhre; allein ſie gewaͤhrt demohnerachtet mehr Genauigkeit, als ſelbſt der Naturforſcher bey einem entfernten Weltkoͤrper verlangen wird. Sie dient auch, die ſenkrechten Tiefen der Einſenkungen auf der Mondflaͤche zu meſſen. Die oͤſtliche Randgegend bey den Flecken Grimaldi, Riccioli und Hevel, und die ſuͤdliche bey Kircher und Gruͤnberger hat vorzuͤglich hohe Berge. Hr. S. maß die letztern, die er Leibnitz und Doͤrfel nennt, zu wiederholtenmalen, und fand ſie 25000 pariſ. Fuß hoch, da unſer Chimboraço noch nicht 20000 Fuß erreicht. Nimmt man hiezu, daß des Monds Durchmeſſer nur (3/11) des Erddurchmeſſers iſt, ſo zeigt ſich, daß nach dem Verhaͤltniſſe beyder Weltkoͤrper die hoͤchſten Mondgebirge uͤber 4 1/2mal ((25.11/20.3) = 4,58) ſo hoch, als die hoͤchſten Berge der Erde ſind. Welche Naturkraft mag dieſe Maſſen bis zu einer ſo unverhaͤltnißmaͤßigen Hoͤhe emporgethuͤrmt haben? Nimmt man an, die Mondkugel habe ihre Bildung durch Entwickelung elaſtiſcher Fluͤßigkeiten aus dem Innern erhalten, ſo laͤßt ſich ſagen, die Exploſionen dieſer Fluͤßigkeiten haben eben die Staͤrke, wie auf unſerer Erde, gehabt; weil aber die Koͤrper auf der Mondflaͤche faſt 5mal weniger

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/662>, abgerufen am 25.06.2024.