und sie dadurch zur Respiration untauglich gemacht werden. Dennoch athme man in Regenwolken sehr frey. Muß sich also, sagt Hr. de Luc, der Regen aus einer Zersetzung der Luft bilden, so kan dieses keine solche seyn, durch die nur ein Theil von ihr (der Sauerstoff) neue Verbindungen (mit Wasserstoff) eingeht, und den andern Theil (den Stickstoff) zurückläßt; es muß vielmehr diese Zersetzung so geschehen, daß der zurückbleibende Theil dem zersetzten selbst ganz und gar ähnlich ist. Und folglich hat die atmosphärische Luft, sie sey gemischt, oder homogen, das Wasser selbst, als ponderable Substanz, zum Bestandtheile.
Herr Hube (Ueber die Ausdünstung. LVI. Kap. S. 327) bestreitet die Verwandlung der Luft in Wasser mit folgenden Gründen. Wenn sich die Luft, sagt er, in Wasser verwandelte, so müßten durch die Bildung der Wolken leere Räume entstehen, in welche die anliegende Luft von allen Seiten stürzen würde. Daher müßte die Entstehung der Wolken allemal mit Stürmen verknüpft seyn, welche an dem Orte, wo sich die Wolken bilden, zusammenstießen. Dieses ist aber wider alle Erfahrung. Denn man sieht sehr ost die dicksten und schwersten Gewölke sich in einer ganz ruhigen und stillen Luft zusammenziehen, ob sie gleich nachher, wenn sie sich bereits gebildet haben, Winde veranlassen. Ferner müßte der Druck der Atmosphäre allemal beträchtlich abnehmen, wenn sich die Luft selbst in Wasser verwandelte, und dieses auf die Erde herabfiele. Das Barometer müßte also nach anhaltenden starken Regen allemal sehr merklich fallen, und es könnte unmöglich während solcher Regen, oder gleich nach ihnen, jemals steigen, wie es doch vermöge der Erfahrung gewöhnlich zu thun pflegt. Hieraus schließt nun Herr Hube, die Vermuthung, daß die Luft auf eine uns unbekannte Art in Wasser verwandelt werde, widerspreche der Erfahrung. Er äußert zugleich, da diese Hypothese auch aus andern Gründen gar nicht wahrscheinlich sey, so würde er ihrer nicht einmal erwähnt haben, wenn ihr Herr de Luc nicht seinen Beyfall gegeben hätte.
Es läßt sich aber auf diese Einwendungen noch manches antworten. Plötzliche Entstehung beträchtlicher Wolken
und ſie dadurch zur Reſpiration untauglich gemacht werden. Dennoch athme man in Regenwolken ſehr frey. Muß ſich alſo, ſagt Hr. de Luc, der Regen aus einer Zerſetzung der Luft bilden, ſo kan dieſes keine ſolche ſeyn, durch die nur ein Theil von ihr (der Sauerſtoff) neue Verbindungen (mit Waſſerſtoff) eingeht, und den andern Theil (den Stickſtoff) zuruͤcklaͤßt; es muß vielmehr dieſe Zerſetzung ſo geſchehen, daß der zuruͤckbleibende Theil dem zerſetzten ſelbſt ganz und gar aͤhnlich iſt. Und folglich hat die atmoſphaͤriſche Luft, ſie ſey gemiſcht, oder homogen, das Waſſer ſelbſt, als ponderable Subſtanz, zum Beſtandtheile.
Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung. LVI. Kap. S. 327) beſtreitet die Verwandlung der Luft in Waſſer mit folgenden Gruͤnden. Wenn ſich die Luft, ſagt er, in Waſſer verwandelte, ſo muͤßten durch die Bildung der Wolken leere Raͤume entſtehen, in welche die anliegende Luft von allen Seiten ſtuͤrzen wuͤrde. Daher muͤßte die Entſtehung der Wolken allemal mit Stuͤrmen verknuͤpft ſeyn, welche an dem Orte, wo ſich die Wolken bilden, zuſammenſtießen. Dieſes iſt aber wider alle Erfahrung. Denn man ſieht ſehr oſt die dickſten und ſchwerſten Gewoͤlke ſich in einer ganz ruhigen und ſtillen Luft zuſammenziehen, ob ſie gleich nachher, wenn ſie ſich bereits gebildet haben, Winde veranlaſſen. Ferner muͤßte der Druck der Atmoſphaͤre allemal betraͤchtlich abnehmen, wenn ſich die Luft ſelbſt in Waſſer verwandelte, und dieſes auf die Erde herabfiele. Das Barometer muͤßte alſo nach anhaltenden ſtarken Regen allemal ſehr merklich fallen, und es koͤnnte unmoͤglich waͤhrend ſolcher Regen, oder gleich nach ihnen, jemals ſteigen, wie es doch vermoͤge der Erfahrung gewoͤhnlich zu thun pflegt. Hieraus ſchließt nun Herr Hube, die Vermuthung, daß die Luft auf eine uns unbekannte Art in Waſſer verwandelt werde, widerſpreche der Erfahrung. Er aͤußert zugleich, da dieſe Hypotheſe auch aus andern Gruͤnden gar nicht wahrſcheinlich ſey, ſo wuͤrde er ihrer nicht einmal erwaͤhnt haben, wenn ihr Herr de Luc nicht ſeinen Beyfall gegeben haͤtte.
Es laͤßt ſich aber auf dieſe Einwendungen noch manches antworten. Ploͤtzliche Entſtehung betraͤchtlicher Wolken
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und ſie dadurch zur Reſpiration untauglich gemacht werden. Dennoch athme man in Regenwolken ſehr frey. Muß ſich alſo, ſagt Hr. de Luc, der Regen aus einer Zerſetzung der Luft bilden, ſo kan dieſes keine ſolche ſeyn, durch die nur ein Theil von ihr (der Sauerſtoff) neue Verbindungen (mit Waſſerſtoff) eingeht, und den andern Theil (den Stickſtoff) zuruͤcklaͤßt; es muß vielmehr dieſe Zerſetzung ſo geſchehen, daß der zuruͤckbleibende Theil dem zerſetzten ſelbſt ganz und gar aͤhnlich iſt. Und folglich hat die atmoſphaͤriſche Luft, ſie ſey gemiſcht, oder homogen, das Waſſer ſelbſt, als ponderable Subſtanz, zum Beſtandtheile.
Herr Hube (Ueber die Ausduͤnſtung. LVI. Kap. S. 327) beſtreitet die Verwandlung der Luft in Waſſer mit folgenden Gruͤnden. Wenn ſich die Luft, ſagt er, in Waſſer verwandelte, ſo muͤßten durch die Bildung der Wolken leere Raͤume entſtehen, in welche die anliegende Luft von allen Seiten ſtuͤrzen wuͤrde. Daher muͤßte die Entſtehung der Wolken allemal mit Stuͤrmen verknuͤpft ſeyn, welche an dem Orte, wo ſich die Wolken bilden, zuſammenſtießen. Dieſes iſt aber wider alle Erfahrung. Denn man ſieht ſehr oſt die dickſten und ſchwerſten Gewoͤlke ſich in einer ganz ruhigen und ſtillen Luft zuſammenziehen, ob ſie gleich nachher, wenn ſie ſich bereits gebildet haben, Winde veranlaſſen. Ferner muͤßte der Druck der Atmoſphaͤre allemal betraͤchtlich abnehmen, wenn ſich die Luft ſelbſt in Waſſer verwandelte, und dieſes auf die Erde herabfiele. Das Barometer muͤßte alſo nach anhaltenden ſtarken Regen allemal ſehr merklich fallen, und es koͤnnte unmoͤglich waͤhrend ſolcher Regen, oder gleich nach ihnen, jemals ſteigen, wie es doch vermoͤge der Erfahrung gewoͤhnlich zu thun pflegt. Hieraus ſchließt nun Herr Hube, die Vermuthung, daß die Luft auf eine uns unbekannte Art in Waſſer verwandelt werde, widerſpreche der Erfahrung. Er aͤußert zugleich, da dieſe Hypotheſe auch aus andern Gruͤnden gar nicht wahrſcheinlich ſey, ſo wuͤrde er ihrer nicht einmal erwaͤhnt haben, wenn ihr Herr de Luc nicht ſeinen Beyfall gegeben haͤtte.
Es laͤßt ſich aber auf dieſe Einwendungen noch manches antworten. Ploͤtzliche Entſtehung betraͤchtlicher Wolken
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 754. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/766>, abgerufen am 25.11.2024.
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