Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Man denke sich nun zwo communicirende Röhren, ABEG und EGDC, Taf. XXX. Fig. 28., schief oder vertical, krumm oder gerade, eng oder weit, mit Wasser gefüllt, so muß dieses in Ruhe bleiben, wenn seine Oberflächen AB und CD in einerley horizontale Ebene AD fallen. Denn, wenn man die untern horizontalen Wasserschichten mit der vertikalen Ebene EG durchschneidet, so sieht man, daß jeder Punkt dieser Ebene, als F, blos nach Verhältniß der verticalen Höhe HF von einer Seite sowohl, als von der andern, gedrückt wird. Also kan sich diese ganze Ebene gar nicht bewegen, sondern muß, nebst dem Wasser beyder Gefäße, in Ruhe bleiben. Stünde hingegen das Wasser in beyden Gefäßen nicht gleich hoch, so würde jeder Punkt in EG stärker gegen die eine, als gegen die andere, Seite gedrückt werden. Also könnte das Wasser in den Gefäßen unmöglich in Ruhe seyn, sondern es müßte sich gegen die Seite hin bewegen, von welcher der Druck am schwächsten wäre. Daher würde es in der Röhre, worinn es am niedrigsten stand, so lange steigen, und in der andern so lange fallen, bis es in beyden gleich hoch stünde, oder bis seine Oberflächen in beyden in einerley Horizontalebene fielen. Auf diese Art glaubt Hr. Hube aus der Federkraft bewiesen zu haben, was sich aus bloßer Fortpflanzung des Drucks der Schwere (wie es im Wörterbuche bey Druck, Th. I. S. 607 u. f. vorgestellt wird) nicht herleiten lasse. Ich läugne gar nicht, daß die dortige Vorstellung unvollkommen und zu einem strengen Beweise unzureichend sey; sie ist es aber nur darum, weil sie am Ende nöthigt, zur Erfahrung zurückzukehren, wie S. 609 ausdrücklich bemerkt wird. Hr. Hube scheint zwar die Sache durch bloße Vernunftschlüsse abzumachen, und der Erfahrung gar nicht zu bedürfen. Allein, wenn man seinen Beweis überdenkt, so wird man in dem oben ausgezeichneten Schlusse (Da nun alle Punkte in NO eben so stark von oben nach unten gedrückt werden, so drücken sie auch mit derselben Krast seitwärts auf einander u. s. w.) eine auffallende Lücke finden,
Man denke ſich nun zwo communicirende Roͤhren, ABEG und EGDC, Taf. XXX. Fig. 28., ſchief oder vertical, krumm oder gerade, eng oder weit, mit Waſſer gefuͤllt, ſo muß dieſes in Ruhe bleiben, wenn ſeine Oberflaͤchen AB und CD in einerley horizontale Ebene AD fallen. Denn, wenn man die untern horizontalen Waſſerſchichten mit der vertikalen Ebene EG durchſchneidet, ſo ſieht man, daß jeder Punkt dieſer Ebene, als F, blos nach Verhaͤltniß der verticalen Hoͤhe HF von einer Seite ſowohl, als von der andern, gedruͤckt wird. Alſo kan ſich dieſe ganze Ebene gar nicht bewegen, ſondern muß, nebſt dem Waſſer beyder Gefaͤße, in Ruhe bleiben. Stuͤnde hingegen das Waſſer in beyden Gefaͤßen nicht gleich hoch, ſo wuͤrde jeder Punkt in EG ſtaͤrker gegen die eine, als gegen die andere, Seite gedruͤckt werden. Alſo koͤnnte das Waſſer in den Gefaͤßen unmoͤglich in Ruhe ſeyn, ſondern es muͤßte ſich gegen die Seite hin bewegen, von welcher der Druck am ſchwaͤchſten waͤre. Daher wuͤrde es in der Roͤhre, worinn es am niedrigſten ſtand, ſo lange ſteigen, und in der andern ſo lange fallen, bis es in beyden gleich hoch ſtuͤnde, oder bis ſeine Oberflaͤchen in beyden in einerley Horizontalebene fielen. Auf dieſe Art glaubt Hr. Hube aus der Federkraft bewieſen zu haben, was ſich aus bloßer Fortpflanzung des Drucks der Schwere (wie es im Woͤrterbuche bey Druck, Th. I. S. 607 u. f. vorgeſtellt wird) nicht herleiten laſſe. Ich laͤugne gar nicht, daß die dortige Vorſtellung unvollkommen und zu einem ſtrengen Beweiſe unzureichend ſey; ſie iſt es aber nur darum, weil ſie am Ende noͤthigt, zur Erfahrung zuruͤckzukehren, wie S. 609 ausdruͤcklich bemerkt wird. Hr. Hube ſcheint zwar die Sache durch bloße Vernunftſchluͤſſe abzumachen, und der Erfahrung gar nicht zu beduͤrfen. Allein, wenn man ſeinen Beweis uͤberdenkt, ſo wird man in dem oben ausgezeichneten Schluſſe (Da nun alle Punkte in NO eben ſo ſtark von oben nach unten gedruͤckt werden, ſo druͤcken ſie auch mit derſelben Kraſt ſeitwaͤrts auf einander u. ſ. w.) eine auffallende Luͤcke finden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0779" xml:id="P.5.767" n="767"/><lb/> wenn die Axe des Gefaͤßes <hi rendition="#aq">CE</hi> eine ſchiefe Lage hat.</p> <p>Man denke ſich nun zwo communicirende Roͤhren, <hi rendition="#aq">ABEG</hi> und <hi rendition="#aq">EGDC,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XXX.</hi> Fig. 28., ſchief oder vertical, krumm oder gerade, eng oder weit, mit Waſſer gefuͤllt, ſo muß dieſes in Ruhe bleiben, wenn ſeine Oberflaͤchen <hi rendition="#aq">AB</hi> und <hi rendition="#aq">CD</hi> in einerley horizontale Ebene <hi rendition="#aq">AD</hi> fallen. Denn, wenn man die untern horizontalen Waſſerſchichten mit der vertikalen Ebene <hi rendition="#aq">EG</hi> durchſchneidet, ſo ſieht man, daß jeder Punkt dieſer Ebene, als <hi rendition="#aq">F,</hi> blos nach Verhaͤltniß der verticalen Hoͤhe <hi rendition="#aq">HF</hi> von einer Seite ſowohl, als von der andern, gedruͤckt wird. Alſo kan ſich dieſe ganze Ebene gar nicht bewegen, ſondern muß, nebſt dem Waſſer beyder Gefaͤße, in Ruhe bleiben. Stuͤnde hingegen das Waſſer in beyden Gefaͤßen nicht gleich hoch, ſo wuͤrde jeder Punkt in <hi rendition="#aq">EG</hi> ſtaͤrker gegen die eine, als gegen die andere, Seite gedruͤckt werden. Alſo koͤnnte das Waſſer in den Gefaͤßen unmoͤglich in Ruhe ſeyn, ſondern es muͤßte ſich gegen die Seite hin bewegen, von welcher der Druck am ſchwaͤchſten waͤre. Daher wuͤrde es in der Roͤhre, worinn es am niedrigſten ſtand, ſo lange ſteigen, und in der andern ſo lange fallen, bis es in beyden gleich hoch ſtuͤnde, oder bis ſeine Oberflaͤchen in beyden in einerley Horizontalebene fielen.</p> <p>Auf dieſe Art glaubt Hr. <hi rendition="#b">Hube</hi> aus der <hi rendition="#b">Federkraft</hi> bewieſen zu haben, was ſich aus bloßer Fortpflanzung des Drucks der Schwere (wie es im Woͤrterbuche bey <hi rendition="#b">Druck,</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 607 u. f. vorgeſtellt wird) nicht herleiten laſſe. Ich laͤugne gar nicht, daß die dortige Vorſtellung unvollkommen und zu einem ſtrengen Beweiſe unzureichend ſey; ſie iſt es aber nur darum, weil ſie am Ende noͤthigt, zur Erfahrung zuruͤckzukehren, wie S. 609 ausdruͤcklich bemerkt wird. Hr. <hi rendition="#b">Hube</hi> ſcheint zwar die Sache durch bloße Vernunftſchluͤſſe abzumachen, und der Erfahrung gar nicht zu beduͤrfen. Allein, wenn man ſeinen Beweis uͤberdenkt, ſo wird man in dem oben ausgezeichneten Schluſſe (Da nun alle Punkte in <hi rendition="#aq">NO</hi> eben ſo ſtark <hi rendition="#b">von oben nach unten</hi> gedruͤckt werden, ſo druͤcken ſie auch mit derſelben Kraſt ſeitwaͤrts auf einander u. ſ. w.) eine auffallende Luͤcke finden,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [767/0779]
wenn die Axe des Gefaͤßes CE eine ſchiefe Lage hat.
Man denke ſich nun zwo communicirende Roͤhren, ABEG und EGDC, Taf. XXX. Fig. 28., ſchief oder vertical, krumm oder gerade, eng oder weit, mit Waſſer gefuͤllt, ſo muß dieſes in Ruhe bleiben, wenn ſeine Oberflaͤchen AB und CD in einerley horizontale Ebene AD fallen. Denn, wenn man die untern horizontalen Waſſerſchichten mit der vertikalen Ebene EG durchſchneidet, ſo ſieht man, daß jeder Punkt dieſer Ebene, als F, blos nach Verhaͤltniß der verticalen Hoͤhe HF von einer Seite ſowohl, als von der andern, gedruͤckt wird. Alſo kan ſich dieſe ganze Ebene gar nicht bewegen, ſondern muß, nebſt dem Waſſer beyder Gefaͤße, in Ruhe bleiben. Stuͤnde hingegen das Waſſer in beyden Gefaͤßen nicht gleich hoch, ſo wuͤrde jeder Punkt in EG ſtaͤrker gegen die eine, als gegen die andere, Seite gedruͤckt werden. Alſo koͤnnte das Waſſer in den Gefaͤßen unmoͤglich in Ruhe ſeyn, ſondern es muͤßte ſich gegen die Seite hin bewegen, von welcher der Druck am ſchwaͤchſten waͤre. Daher wuͤrde es in der Roͤhre, worinn es am niedrigſten ſtand, ſo lange ſteigen, und in der andern ſo lange fallen, bis es in beyden gleich hoch ſtuͤnde, oder bis ſeine Oberflaͤchen in beyden in einerley Horizontalebene fielen.
Auf dieſe Art glaubt Hr. Hube aus der Federkraft bewieſen zu haben, was ſich aus bloßer Fortpflanzung des Drucks der Schwere (wie es im Woͤrterbuche bey Druck, Th. I. S. 607 u. f. vorgeſtellt wird) nicht herleiten laſſe. Ich laͤugne gar nicht, daß die dortige Vorſtellung unvollkommen und zu einem ſtrengen Beweiſe unzureichend ſey; ſie iſt es aber nur darum, weil ſie am Ende noͤthigt, zur Erfahrung zuruͤckzukehren, wie S. 609 ausdruͤcklich bemerkt wird. Hr. Hube ſcheint zwar die Sache durch bloße Vernunftſchluͤſſe abzumachen, und der Erfahrung gar nicht zu beduͤrfen. Allein, wenn man ſeinen Beweis uͤberdenkt, ſo wird man in dem oben ausgezeichneten Schluſſe (Da nun alle Punkte in NO eben ſo ſtark von oben nach unten gedruͤckt werden, ſo druͤcken ſie auch mit derſelben Kraſt ſeitwaͤrts auf einander u. ſ. w.) eine auffallende Luͤcke finden,
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