Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Sie zerstört alle Pflanzenfarben, und man hat sie daher zum Bleichen der Leinwand und Garne, selbst im Großen, anzuwenden versucht, wozu Herr Berthollet (Annales de Chimie. To. II. 1789. p. 151 sqq. übers. in Grens Journ. der Phys. B. I. S. 328 u. f. 482 u. f.) die erste Idee angab, und einen Apparat zu Bereitung dieser Säure in großen Quantitäten vorschlug. Hr. Prof. Pickel in Würzburg (Grens Journ. d. Phys. B. IV. S. 30) räth an, mit der bereiteten Säure nicht Wasser, sondern eine alkalische Lauge zu imprägniren, eine Methode, die auch Hr. Lentin in Göttingen mit Erfolg versucht hat. Die Theorie des Bleichens, sowohl des gewöhnlichen, als des mit der übersauren Kochsalzsäure, giebt Hr. Girtanner (Anfangsgr. der antiphlog. Chemie, Kap. 30.), nach dessen Versicherung man solche Bleichen bereits in Schottland, England, Frankreich und der Schweiz mit dem besten Fortgange angelegt hat. Gelb gewordene Kupferstiche werden in dieser Säure gebleicht, schöner weiß, als da sie neu waren; zugleich verschwinden alle Dintenflecke. Auch alte gedruckte Bücher, welche durch die Zeit gelb geworden sind, können so gebleicht werden, daß das Papier weißer, als vorher jemals, wird. (Man s. auch: Anleitung, vermittelst der dephlogistisirten Salzsäure zu jeder Jahrszeit vollkommen weiß, geschwind, sicher und wohlfeil zu bleichen, von D. Joh. Gottl. Tenner. Leipzig, 1793. 8. 1794. 8.).

Nach Priestley's Versuchen (Phil. Trans. Vol. LXXIX. P. II. p. 189 sqq. übers. in Grens Journ. d. Phys. B. III. S. 76) verwandelt sich die dephlogistisirte Salzsäure, wenn sie durch erhitzte irdene Röhren geleitet wird, in dephlogistisirte Luft.

Zu einem Neutralsalze hat sie mit dem Gewächsalkali Herr Berthollet (s. Crells chem. Ann. 1787. B. II. S. 57), und mit dem mineralischen Hr. Dollfuß (ebend. 1788. B. I. S. 321 f.) zuerst verbunden. Beyde Salze verpuffen mit Kohlenstaub, Schwefel u. dgl. in der Hitze sehr heftig, und geben mit Phosphor zusammengerieben, eine gefährliche Erplosion. Auch hierinn zeigt sich Aehnlichkeit mit den salpetersauren Neutralsalzen.


Sie zerſtoͤrt alle Pflanzenfarben, und man hat ſie daher zum Bleichen der Leinwand und Garne, ſelbſt im Großen, anzuwenden verſucht, wozu Herr Berthollet (Annales de Chimie. To. II. 1789. p. 151 ſqq. uͤberſ. in Grens Journ. der Phyſ. B. I. S. 328 u. f. 482 u. f.) die erſte Idee angab, und einen Apparat zu Bereitung dieſer Saͤure in großen Quantitaͤten vorſchlug. Hr. Prof. Pickel in Wuͤrzburg (Grens Journ. d. Phyſ. B. IV. S. 30) raͤth an, mit der bereiteten Saͤure nicht Waſſer, ſondern eine alkaliſche Lauge zu impraͤgniren, eine Methode, die auch Hr. Lentin in Goͤttingen mit Erfolg verſucht hat. Die Theorie des Bleichens, ſowohl des gewoͤhnlichen, als des mit der uͤberſauren Kochſalzſaͤure, giebt Hr. Girtanner (Anfangsgr. der antiphlog. Chemie, Kap. 30.), nach deſſen Verſicherung man ſolche Bleichen bereits in Schottland, England, Frankreich und der Schweiz mit dem beſten Fortgange angelegt hat. Gelb gewordene Kupferſtiche werden in dieſer Saͤure gebleicht, ſchoͤner weiß, als da ſie neu waren; zugleich verſchwinden alle Dintenflecke. Auch alte gedruckte Buͤcher, welche durch die Zeit gelb geworden ſind, koͤnnen ſo gebleicht werden, daß das Papier weißer, als vorher jemals, wird. (Man ſ. auch: Anleitung, vermittelſt der dephlogiſtiſirten Salzſaͤure zu jeder Jahrszeit vollkommen weiß, geſchwind, ſicher und wohlfeil zu bleichen, von D. Joh. Gottl. Tenner. Leipzig, 1793. 8. 1794. 8.).

Nach Prieſtley's Verſuchen (Phil. Trans. Vol. LXXIX. P. II. p. 189 ſqq. uͤberſ. in Grens Journ. d. Phyſ. B. III. S. 76) verwandelt ſich die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure, wenn ſie durch erhitzte irdene Roͤhren geleitet wird, in dephlogiſtiſirte Luft.

Zu einem Neutralſalze hat ſie mit dem Gewaͤchsalkali Herr Berthollet (ſ. Crells chem. Ann. 1787. B. II. S. 57), und mit dem mineraliſchen Hr. Dollfuß (ebend. 1788. B. I. S. 321 f.) zuerſt verbunden. Beyde Salze verpuffen mit Kohlenſtaub, Schwefel u. dgl. in der Hitze ſehr heftig, und geben mit Phosphor zuſammengerieben, eine gefaͤhrliche Erploſion. Auch hierinn zeigt ſich Aehnlichkeit mit den ſalpeterſauren Neutralſalzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p>
                <pb facs="#f0803" xml:id="P.5.791" n="791"/><lb/>
              </p>
              <p>Sie zer&#x017F;to&#x0364;rt alle Pflanzenfarben, und man hat &#x017F;ie daher zum <hi rendition="#b">Bleichen</hi> der Leinwand und Garne, &#x017F;elb&#x017F;t im Großen, anzuwenden ver&#x017F;ucht, wozu Herr <hi rendition="#b">Berthollet</hi> <hi rendition="#aq">(Annales de Chimie. To. II. 1789. p. 151 &#x017F;qq.</hi> u&#x0364;ber&#x017F;. in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 328 u. f. 482 u. f.) die er&#x017F;te Idee angab, und einen Apparat zu Bereitung die&#x017F;er Sa&#x0364;ure in großen Quantita&#x0364;ten vor&#x017F;chlug. Hr. Prof. <hi rendition="#b">Pickel</hi> in Wu&#x0364;rzburg (<hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. d. Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 30) ra&#x0364;th an, mit der bereiteten Sa&#x0364;ure nicht Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ondern eine alkali&#x017F;che Lauge zu impra&#x0364;gniren, eine Methode, die auch Hr. <hi rendition="#b">Lentin</hi> in Go&#x0364;ttingen mit Erfolg ver&#x017F;ucht hat. Die Theorie des Bleichens, &#x017F;owohl des gewo&#x0364;hnlichen, als des mit der u&#x0364;ber&#x017F;auren Koch&#x017F;alz&#x017F;a&#x0364;ure, giebt Hr. <hi rendition="#b">Girtanner</hi> <hi rendition="#aq">(Anfangsgr. der antiphlog. Chemie, Kap. 30.),</hi> nach de&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;icherung man &#x017F;olche Bleichen bereits in Schottland, England, Frankreich und der Schweiz mit dem be&#x017F;ten Fortgange angelegt hat. Gelb gewordene Kupfer&#x017F;tiche werden in die&#x017F;er Sa&#x0364;ure gebleicht, &#x017F;cho&#x0364;ner weiß, als da &#x017F;ie neu waren; zugleich ver&#x017F;chwinden alle Dintenflecke. Auch alte gedruckte Bu&#x0364;cher, welche durch die Zeit gelb geworden &#x017F;ind, ko&#x0364;nnen &#x017F;o gebleicht werden, daß das Papier weißer, als vorher jemals, wird. (Man &#x017F;. auch: Anleitung, vermittel&#x017F;t der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Salz&#x017F;a&#x0364;ure zu jeder Jahrszeit vollkommen weiß, ge&#x017F;chwind, &#x017F;icher und wohlfeil zu bleichen, von <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#b">Joh. Gottl. Tenner.</hi> Leipzig, 1793. 8. 1794. 8.).</p>
              <p>Nach <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley's</hi> Ver&#x017F;uchen <hi rendition="#aq">(Phil. Trans. Vol. LXXIX. P. II. p. 189 &#x017F;qq.</hi> u&#x0364;ber&#x017F;. in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. d. Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 76) verwandelt &#x017F;ich die dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Salz&#x017F;a&#x0364;ure, wenn &#x017F;ie durch erhitzte irdene Ro&#x0364;hren geleitet wird, in dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft.</p>
              <p>Zu einem Neutral&#x017F;alze hat &#x017F;ie mit dem Gewa&#x0364;chsalkali Herr <hi rendition="#b">Berthollet</hi> (&#x017F;. <hi rendition="#b">Crells</hi> chem. Ann. 1787. B. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 57), und mit dem minerali&#x017F;chen Hr. <hi rendition="#b">Dollfuß</hi> (ebend. 1788. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 321 f.) zuer&#x017F;t verbunden. Beyde Salze verpuffen mit Kohlen&#x017F;taub, Schwefel u. dgl. in der Hitze &#x017F;ehr heftig, und geben mit Phosphor zu&#x017F;ammengerieben, eine gefa&#x0364;hrliche Erplo&#x017F;ion. Auch hierinn zeigt &#x017F;ich Aehnlichkeit mit den &#x017F;alpeter&#x017F;auren Neutral&#x017F;alzen.<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[791/0803] Sie zerſtoͤrt alle Pflanzenfarben, und man hat ſie daher zum Bleichen der Leinwand und Garne, ſelbſt im Großen, anzuwenden verſucht, wozu Herr Berthollet (Annales de Chimie. To. II. 1789. p. 151 ſqq. uͤberſ. in Grens Journ. der Phyſ. B. I. S. 328 u. f. 482 u. f.) die erſte Idee angab, und einen Apparat zu Bereitung dieſer Saͤure in großen Quantitaͤten vorſchlug. Hr. Prof. Pickel in Wuͤrzburg (Grens Journ. d. Phyſ. B. IV. S. 30) raͤth an, mit der bereiteten Saͤure nicht Waſſer, ſondern eine alkaliſche Lauge zu impraͤgniren, eine Methode, die auch Hr. Lentin in Goͤttingen mit Erfolg verſucht hat. Die Theorie des Bleichens, ſowohl des gewoͤhnlichen, als des mit der uͤberſauren Kochſalzſaͤure, giebt Hr. Girtanner (Anfangsgr. der antiphlog. Chemie, Kap. 30.), nach deſſen Verſicherung man ſolche Bleichen bereits in Schottland, England, Frankreich und der Schweiz mit dem beſten Fortgange angelegt hat. Gelb gewordene Kupferſtiche werden in dieſer Saͤure gebleicht, ſchoͤner weiß, als da ſie neu waren; zugleich verſchwinden alle Dintenflecke. Auch alte gedruckte Buͤcher, welche durch die Zeit gelb geworden ſind, koͤnnen ſo gebleicht werden, daß das Papier weißer, als vorher jemals, wird. (Man ſ. auch: Anleitung, vermittelſt der dephlogiſtiſirten Salzſaͤure zu jeder Jahrszeit vollkommen weiß, geſchwind, ſicher und wohlfeil zu bleichen, von D. Joh. Gottl. Tenner. Leipzig, 1793. 8. 1794. 8.). Nach Prieſtley's Verſuchen (Phil. Trans. Vol. LXXIX. P. II. p. 189 ſqq. uͤberſ. in Grens Journ. d. Phyſ. B. III. S. 76) verwandelt ſich die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure, wenn ſie durch erhitzte irdene Roͤhren geleitet wird, in dephlogiſtiſirte Luft. Zu einem Neutralſalze hat ſie mit dem Gewaͤchsalkali Herr Berthollet (ſ. Crells chem. Ann. 1787. B. II. S. 57), und mit dem mineraliſchen Hr. Dollfuß (ebend. 1788. B. I. S. 321 f.) zuerſt verbunden. Beyde Salze verpuffen mit Kohlenſtaub, Schwefel u. dgl. in der Hitze ſehr heftig, und geben mit Phosphor zuſammengerieben, eine gefaͤhrliche Erploſion. Auch hierinn zeigt ſich Aehnlichkeit mit den ſalpeterſauren Neutralſalzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/803
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/803>, abgerufen am 22.11.2024.