voisier(Traite elem. de chimie. To. I. Sect. 4.) wählte den Namen Azote, der von dem privativen a der Griechen und dem Worte [fremdsprachliches Material]zwh\(vita) hergeleitet ist, mithin soviel als tödtend, ungeschickt zu Erhaltung des Lebens, bedeutet, um dadurch ohne Einmischung einer Hypothese das bloße Factum auszudrücken, daß die Thiere durch das Einathmen dieses Stoffes ihres Lebens beraubt werden, oder ersticken. Eben dieses drückt das deutsche Stickstoff aus. Der Name Salpeterstoff hat seinen Grund in dem angenommenen Satze, daß Stickstoff mit Sauerstoff in gewissen Verhältnissen verbunden, Salpetersäure gebe. Lavoisier verwarf das vorgeschlagne Nitrogene deshalb, weil man eben sowohl Alcaligene wählen könnte, da dieser Stoff auch ein Bestandtheil des flüchtigen Laugensalzes sey.
Nach dem antiphlogistischen System ist der Stickstoff in großer Menge in der Natur verbreitet, und macht über zwey Drittel des Gewichts der atmosphärischen Luft aus, in welcher er mit Wärmestoff zu Stickgas (Salpeterstoffgas, phlogistisirter Luft) verbunden, und mit Sauerstoffgas vermischt ist. Von diesem Stickgas s. den Art. Gas, phlogistisirtes.
Der Stickstoff ist ein Hauptbestandtheil der thierischen Körper, und in ihnen mit Kohlenstoff und Wasserstoff, zuweilen auch mit Phosphor, verbunden. Alle diese Stoffe werden in den thierischen Körpern durch den Sauerstoff, mit dem sie sich vereinigen, in eine zusammengesetzte Halbsäure oder Säure verwandelt.
Mit Sauerstoff macht der Stickstoff das salpeterhalbsaure Gas (nitröse Luft) und die Salpetersäure; mit dem Wasserstoffe bildet er Ammoniak (flüchtiges Alkali).
Nach einigen Versuchen des Herrn Berthollet wollte man aus diesem Stoffe anfangs ein alkalisirendes Princip machen. Und in der That hätte diese Analogie dem antiphlogistischen System eine nicht geringe Zierde gegeben. Die phlogistisirte Luft wäre dann eben das für die Alkalien geworden, was die dephlogistisirte für die Säuren ward. Da man aber nach der wichtigen Entdeckung von Cavendish (s. Th. II. S. 409 u. f.) fand, daß die Zersetzung der dephlogistisirten
voiſier(Traité élém. de chimie. To. I. Sect. 4.) waͤhlte den Namen Azote, der von dem privativen α der Griechen und dem Worte [fremdsprachliches Material]zwh\(vita) hergeleitet iſt, mithin ſoviel als toͤdtend, ungeſchickt zu Erhaltung des Lebens, bedeutet, um dadurch ohne Einmiſchung einer Hypotheſe das bloße Factum auszudruͤcken, daß die Thiere durch das Einathmen dieſes Stoffes ihres Lebens beraubt werden, oder erſticken. Eben dieſes druͤckt das deutſche Stickſtoff aus. Der Name Salpeterſtoff hat ſeinen Grund in dem angenommenen Satze, daß Stickſtoff mit Sauerſtoff in gewiſſen Verhaͤltniſſen verbunden, Salpeterſaͤure gebe. Lavoiſier verwarf das vorgeſchlagne Nitrogène deshalb, weil man eben ſowohl Alcaligène waͤhlen koͤnnte, da dieſer Stoff auch ein Beſtandtheil des fluͤchtigen Laugenſalzes ſey.
Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem iſt der Stickſtoff in großer Menge in der Natur verbreitet, und macht uͤber zwey Drittel des Gewichts der atmoſphaͤriſchen Luft aus, in welcher er mit Waͤrmeſtoff zu Stickgas (Salpeterſtoffgas, phlogiſtiſirter Luft) verbunden, und mit Sauerſtoffgas vermiſcht iſt. Von dieſem Stickgas ſ. den Art. Gas, phlogiſtiſirtes.
Der Stickſtoff iſt ein Hauptbeſtandtheil der thieriſchen Koͤrper, und in ihnen mit Kohlenſtoff und Waſſerſtoff, zuweilen auch mit Phosphor, verbunden. Alle dieſe Stoffe werden in den thieriſchen Koͤrpern durch den Sauerſtoff, mit dem ſie ſich vereinigen, in eine zuſammengeſetzte Halbſaͤure oder Saͤure verwandelt.
Mit Sauerſtoff macht der Stickſtoff das ſalpeterhalbſaure Gas (nitroͤſe Luft) und die Salpeterſaͤure; mit dem Waſſerſtoffe bildet er Ammoniak (fluͤchtiges Alkali).
Nach einigen Verſuchen des Herrn Berthollet wollte man aus dieſem Stoffe anfangs ein alkaliſirendes Princip machen. Und in der That haͤtte dieſe Analogie dem antiphlogiſtiſchen Syſtem eine nicht geringe Zierde gegeben. Die phlogiſtiſirte Luft waͤre dann eben das fuͤr die Alkalien geworden, was die dephlogiſtiſirte fuͤr die Saͤuren ward. Da man aber nach der wichtigen Entdeckung von Cavendiſh (ſ. Th. II. S. 409 u. f.) fand, daß die Zerſetzung der dephlogiſtiſirten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><hirendition="#b"><pbfacs="#f0881"xml:id="P.5.869"n="869"/><lb/>
voiſier</hi><hirendition="#aq">(Traité élém. de chimie. To. I. Sect. 4.)</hi> waͤhlte den Namen <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Azote,</hi></hi> der von dem privativen <foreignxml:lang="grc">α</foreign> der Griechen und dem Worte <foreignxml:lang="grc"><gapreason="fm"/><notetype="editorial">zwh\</note></foreign><hirendition="#aq">(vita)</hi> hergeleitet iſt, mithin ſoviel als <hirendition="#b">toͤdtend, ungeſchickt zu Erhaltung des Lebens,</hi> bedeutet, um dadurch ohne Einmiſchung einer Hypotheſe das bloße Factum auszudruͤcken, daß die Thiere durch das Einathmen dieſes Stoffes ihres Lebens beraubt werden, oder erſticken. Eben dieſes druͤckt das deutſche <hirendition="#b">Stickſtoff</hi> aus. Der Name <hirendition="#b">Salpeterſtoff</hi> hat ſeinen Grund in dem angenommenen Satze, daß Stickſtoff mit Sauerſtoff in gewiſſen Verhaͤltniſſen verbunden, Salpeterſaͤure gebe. <hirendition="#b">Lavoiſier</hi> verwarf das vorgeſchlagne <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Nitrogène</hi></hi> deshalb, weil man eben ſowohl <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Alcaligène</hi></hi> waͤhlen koͤnnte, da dieſer Stoff auch ein Beſtandtheil des fluͤchtigen Laugenſalzes ſey.</p><p>Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem iſt der Stickſtoff in großer Menge in der Natur verbreitet, und macht uͤber zwey Drittel des Gewichts der atmoſphaͤriſchen Luft aus, in welcher er mit Waͤrmeſtoff zu <hirendition="#b">Stickgas</hi> (Salpeterſtoffgas, phlogiſtiſirter Luft) verbunden, und mit Sauerſtoffgas vermiſcht iſt. Von dieſem Stickgas ſ. den Art. <hirendition="#b">Gas, phlogiſtiſirtes.</hi></p><p>Der Stickſtoff iſt ein Hauptbeſtandtheil der thieriſchen Koͤrper, und in ihnen mit Kohlenſtoff und Waſſerſtoff, zuweilen auch mit Phosphor, verbunden. Alle dieſe Stoffe werden in den thieriſchen Koͤrpern durch den Sauerſtoff, mit dem ſie ſich vereinigen, in eine zuſammengeſetzte Halbſaͤure oder Saͤure verwandelt.</p><p>Mit Sauerſtoff macht der Stickſtoff das <hirendition="#b">ſalpeterhalbſaure Gas</hi> (nitroͤſe Luft) und die <hirendition="#b">Salpeterſaͤure;</hi> mit dem Waſſerſtoffe bildet er <hirendition="#b">Ammoniak</hi> (fluͤchtiges Alkali).</p><p>Nach einigen Verſuchen des Herrn <hirendition="#b">Berthollet</hi> wollte man aus dieſem Stoffe anfangs ein alkaliſirendes Princip machen. Und in der That haͤtte dieſe Analogie dem antiphlogiſtiſchen Syſtem eine nicht geringe Zierde gegeben. Die phlogiſtiſirte Luft waͤre dann eben das fuͤr die Alkalien geworden, was die dephlogiſtiſirte fuͤr die Saͤuren ward. Da man aber nach der wichtigen Entdeckung von <hirendition="#b">Cavendiſh</hi> (ſ. Th. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 409 u. f.) fand, daß die Zerſetzung der dephlogiſtiſirten<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[869/0881]
voiſier (Traité élém. de chimie. To. I. Sect. 4.) waͤhlte den Namen Azote, der von dem privativen α der Griechen und dem Worte _ (vita) hergeleitet iſt, mithin ſoviel als toͤdtend, ungeſchickt zu Erhaltung des Lebens, bedeutet, um dadurch ohne Einmiſchung einer Hypotheſe das bloße Factum auszudruͤcken, daß die Thiere durch das Einathmen dieſes Stoffes ihres Lebens beraubt werden, oder erſticken. Eben dieſes druͤckt das deutſche Stickſtoff aus. Der Name Salpeterſtoff hat ſeinen Grund in dem angenommenen Satze, daß Stickſtoff mit Sauerſtoff in gewiſſen Verhaͤltniſſen verbunden, Salpeterſaͤure gebe. Lavoiſier verwarf das vorgeſchlagne Nitrogène deshalb, weil man eben ſowohl Alcaligène waͤhlen koͤnnte, da dieſer Stoff auch ein Beſtandtheil des fluͤchtigen Laugenſalzes ſey.
Nach dem antiphlogiſtiſchen Syſtem iſt der Stickſtoff in großer Menge in der Natur verbreitet, und macht uͤber zwey Drittel des Gewichts der atmoſphaͤriſchen Luft aus, in welcher er mit Waͤrmeſtoff zu Stickgas (Salpeterſtoffgas, phlogiſtiſirter Luft) verbunden, und mit Sauerſtoffgas vermiſcht iſt. Von dieſem Stickgas ſ. den Art. Gas, phlogiſtiſirtes.
Der Stickſtoff iſt ein Hauptbeſtandtheil der thieriſchen Koͤrper, und in ihnen mit Kohlenſtoff und Waſſerſtoff, zuweilen auch mit Phosphor, verbunden. Alle dieſe Stoffe werden in den thieriſchen Koͤrpern durch den Sauerſtoff, mit dem ſie ſich vereinigen, in eine zuſammengeſetzte Halbſaͤure oder Saͤure verwandelt.
Mit Sauerſtoff macht der Stickſtoff das ſalpeterhalbſaure Gas (nitroͤſe Luft) und die Salpeterſaͤure; mit dem Waſſerſtoffe bildet er Ammoniak (fluͤchtiges Alkali).
Nach einigen Verſuchen des Herrn Berthollet wollte man aus dieſem Stoffe anfangs ein alkaliſirendes Princip machen. Und in der That haͤtte dieſe Analogie dem antiphlogiſtiſchen Syſtem eine nicht geringe Zierde gegeben. Die phlogiſtiſirte Luft waͤre dann eben das fuͤr die Alkalien geworden, was die dephlogiſtiſirte fuͤr die Saͤuren ward. Da man aber nach der wichtigen Entdeckung von Cavendiſh (ſ. Th. II. S. 409 u. f.) fand, daß die Zerſetzung der dephlogiſtiſirten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/881>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.