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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Ueber das wärmeleitende Vermögen der Körper. Zu Th. IV. S. 555. 556.

Alle Körper leiten die freye stralende Wärme durch ihre Substanz, und es giebt daher keine für den Wärmestoff undurchdringliche Hülle, kein Gefäß, in welches man diesen Stoff einschließen, und immer die gleiche Menge desselben mit unveränderter Intensität beysammen erhalten könnte.

Aber nicht alle Körper leiten den Wärmestoff gleich leicht und gleich schnell, oder lassen warme in sie eingeschlossene Körper gleich schnell abkühlen. Zu den Erfahrungen, die dieses beweisen und sich daraus erklären lassen, gehören ausser den im Art. angeführten noch folgende. Ein erhitzter Körper wird schneller im Wasser abgekühlt, als in Luft von eben der Temperatur. Bäume mit Stroh umwunden sind vor dem Winterfroste besser geschützt, als ohne diese Bedeckung (worauf auch die Bienenbergerischen uneigentlich sogenannten Frostableiter, richtiger Wärmezuleiter, beruhen). Unter Strohdächern ist es im Sommer kühler, und im Winter wärmer, als unter Ziegeldächern. Eisgruben mit hölzernen Wänden halten das Eindringen der äußern Wärme ungleich länger ab, als die mit steinernen Bekleidungen. Unter der Hülle des Schnees bleibt der Boden weit länger warm, als wenn er von der Luft unmittelbar berührt wird. Unter Asche kan man erwärmte Flüßigkeiten länger warm erhalten, als in der Luft, welches letztere schon Aristoteles (Problemat. Sect. XXIV.) bemerkt.

Hierauf beruht nun der Unterschied zwischen bessern und schlechtern Leitern der Wärme, und der B<*>gr<*>ff von wärmeleitendem Vermögen, Leitungskraft für die Wärme, wärmeleitender Kraft der Körper. Man kan jedoch bey Bestimmung dieses Begriffs von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen. Wenn z. B. ein bis zum Siedpunkt erhitztes Thermometer in eine Masse Schnee gestellt wird, so wird es darinn weit schneller zu der Temperatur des schmelzenden Schnees herabkommen, als in Luft von eben dieser Temperatur. Demzufolge wird man dem Schnee eine stärkere wärmeleitende Kraft, als der Luft, zuschreiben. Dagegen


Ueber das waͤrmeleitende Vermoͤgen der Koͤrper. Zu Th. IV. S. 555. 556.

Alle Koͤrper leiten die freye ſtralende Waͤrme durch ihre Subſtanz, und es giebt daher keine fuͤr den Waͤrmeſtoff undurchdringliche Huͤlle, kein Gefaͤß, in welches man dieſen Stoff einſchließen, und immer die gleiche Menge deſſelben mit unveraͤnderter Intenſitaͤt beyſammen erhalten koͤnnte.

Aber nicht alle Koͤrper leiten den Waͤrmeſtoff gleich leicht und gleich ſchnell, oder laſſen warme in ſie eingeſchloſſene Koͤrper gleich ſchnell abkuͤhlen. Zu den Erfahrungen, die dieſes beweiſen und ſich daraus erklaͤren laſſen, gehoͤren auſſer den im Art. angefuͤhrten noch folgende. Ein erhitzter Koͤrper wird ſchneller im Waſſer abgekuͤhlt, als in Luft von eben der Temperatur. Baͤume mit Stroh umwunden ſind vor dem Winterfroſte beſſer geſchuͤtzt, als ohne dieſe Bedeckung (worauf auch die Bienenbergeriſchen uneigentlich ſogenannten Froſtableiter, richtiger Waͤrmezuleiter, beruhen). Unter Strohdaͤchern iſt es im Sommer kuͤhler, und im Winter waͤrmer, als unter Ziegeldaͤchern. Eisgruben mit hoͤlzernen Waͤnden halten das Eindringen der aͤußern Waͤrme ungleich laͤnger ab, als die mit ſteinernen Bekleidungen. Unter der Huͤlle des Schnees bleibt der Boden weit laͤnger warm, als wenn er von der Luft unmittelbar beruͤhrt wird. Unter Aſche kan man erwaͤrmte Fluͤßigkeiten laͤnger warm erhalten, als in der Luft, welches letztere ſchon Ariſtoteles (Problemat. Sect. XXIV.) bemerkt.

Hierauf beruht nun der Unterſchied zwiſchen beſſern und ſchlechtern Leitern der Waͤrme, und der B<*>gr<*>ff von waͤrmeleitendem Vermoͤgen, Leitungskraft fuͤr die Waͤrme, waͤrmeleitender Kraft der Koͤrper. Man kan jedoch bey Beſtimmung dieſes Begriffs von verſchiedenen Geſichtspunkten ausgehen. Wenn z. B. ein bis zum Siedpunkt erhitztes Thermometer in eine Maſſe Schnee geſtellt wird, ſo wird es darinn weit ſchneller zu der Temperatur des ſchmelzenden Schnees herabkommen, als in Luft von eben dieſer Temperatur. Demzufolge wird man dem Schnee eine ſtaͤrkere waͤrmeleitende Kraft, als der Luft, zuſchreiben. Dagegen

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[945/0957] Ueber das waͤrmeleitende Vermoͤgen der Koͤrper. Zu Th. IV. S. 555. 556. Alle Koͤrper leiten die freye ſtralende Waͤrme durch ihre Subſtanz, und es giebt daher keine fuͤr den Waͤrmeſtoff undurchdringliche Huͤlle, kein Gefaͤß, in welches man dieſen Stoff einſchließen, und immer die gleiche Menge deſſelben mit unveraͤnderter Intenſitaͤt beyſammen erhalten koͤnnte. Aber nicht alle Koͤrper leiten den Waͤrmeſtoff gleich leicht und gleich ſchnell, oder laſſen warme in ſie eingeſchloſſene Koͤrper gleich ſchnell abkuͤhlen. Zu den Erfahrungen, die dieſes beweiſen und ſich daraus erklaͤren laſſen, gehoͤren auſſer den im Art. angefuͤhrten noch folgende. Ein erhitzter Koͤrper wird ſchneller im Waſſer abgekuͤhlt, als in Luft von eben der Temperatur. Baͤume mit Stroh umwunden ſind vor dem Winterfroſte beſſer geſchuͤtzt, als ohne dieſe Bedeckung (worauf auch die Bienenbergeriſchen uneigentlich ſogenannten Froſtableiter, richtiger Waͤrmezuleiter, beruhen). Unter Strohdaͤchern iſt es im Sommer kuͤhler, und im Winter waͤrmer, als unter Ziegeldaͤchern. Eisgruben mit hoͤlzernen Waͤnden halten das Eindringen der aͤußern Waͤrme ungleich laͤnger ab, als die mit ſteinernen Bekleidungen. Unter der Huͤlle des Schnees bleibt der Boden weit laͤnger warm, als wenn er von der Luft unmittelbar beruͤhrt wird. Unter Aſche kan man erwaͤrmte Fluͤßigkeiten laͤnger warm erhalten, als in der Luft, welches letztere ſchon Ariſtoteles (Problemat. Sect. XXIV.) bemerkt. Hierauf beruht nun der Unterſchied zwiſchen beſſern und ſchlechtern Leitern der Waͤrme, und der B<*>gr<*>ff von waͤrmeleitendem Vermoͤgen, Leitungskraft fuͤr die Waͤrme, waͤrmeleitender Kraft der Koͤrper. Man kan jedoch bey Beſtimmung dieſes Begriffs von verſchiedenen Geſichtspunkten ausgehen. Wenn z. B. ein bis zum Siedpunkt erhitztes Thermometer in eine Maſſe Schnee geſtellt wird, ſo wird es darinn weit ſchneller zu der Temperatur des ſchmelzenden Schnees herabkommen, als in Luft von eben dieſer Temperatur. Demzufolge wird man dem Schnee eine ſtaͤrkere waͤrmeleitende Kraft, als der Luft, zuſchreiben. Dagegen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 945. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/957>, abgerufen am 22.11.2024.