Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Abdanckungs-Sermon.
Der allerhöchste GOTT/ der einem so/ den andern anders be-
ruffet/ hat auch den seeligen Herrn Capell-Meister umb und in die-
ser Residentz Dreßden/ da ein rechter Bruder des Christ-eiferigen
Theodosii, das Chur-Schwert GOtt gebe allen seinen Feinden
zum Schrecken noch lange Zeit führet/ sein Randevous gemachet/
und zwar so/ daß so wohl mit seinen virtuosen Gemüthe/ als grau-
en silberfarbenen Haaren/ Er als ein rechter der edlen Music gie-
riger Schwan/ sich neben die Fürsten schwingen/ und sich allezeit
eines gnädigen Auges und gutthätigen Hand rühmen dürffen;
Mit was vor Contento, Ehr und Ruhm dieser und anderer weit-
entferneten Länder/ kann ich hierinnen Einfältiger/ nicht beurtheilen:
Diogenem lachet man aus/ wenn er mit seinen geborgeten Feuer
den grossen Welt-Lichte einen Splendor ertheilen will/ mit einer
Handvoll Wasser des Meeres Fluthen zu vermehren/ ist vergebli-
che Arbeit: Kurtz/ das Werck wird so lange die Welt stehet/ den see-
ligen Herrn Schützen als seinen Meister loben: Nur seiner geist-
lichen und allezeit auff GOTT gerichteten Schwannen-Music,
kann ich nicht vergessen: GOttes Rechte/ sie mochte Dur oder
Mol seyn/ war allezeit das Lied in seinem Hause/ nach seinem Jhme
erwehleten Leich-Spruch; Da mancher Jhme eine verfälschete
Music brachte/ und das Instrument seines Hertzens halb mit Schaf-
und Wolffs-Seiten überzogen hatte/ welches denn bey GOTT
eine abscheuliche Dissonantz giebet/ so bliebe der Ehrliche Schütze
doch allezeit schlecht und recht/ Er hassete die den HERREN has-
sen/ falsche Leute hielte und litte Er nicht in seinem Hause/ und dar-
umb liefe auch das Final seines Schwannen-Fluges wohl und glück-
lich abe: Denn da Er nun bey den Abend und Temmerung seines
Lebens/ seinen Beruff nicht mehr verwalten konte/ die Hof-Ca-
pelle
verlassen/ und in seinem Siech- und Todes-Neste verharren
muste/ die Möller wolten nicht mehr mahlen/ die Seulen seines

baufäl-

Abdanckungs-Sermon.
Der allerhoͤchſte GOTT/ der einem ſo/ den andern anders be-
ruffet/ hat auch den ſeeligen Herrn Capell-Meiſter umb und in die-
ſer Reſidentz Dreßden/ da ein rechter Bruder des Chriſt-eiferigen
Theodoſii, das Chur-Schwert GOtt gebe allen ſeinen Feinden
zum Schrecken noch lange Zeit fuͤhret/ ſein Randevous gemachet/
und zwar ſo/ daß ſo wohl mit ſeinen virtuoſen Gemuͤthe/ als grau-
en ſilberfarbenen Haaren/ Er als ein rechter der edlen Muſic gie-
riger Schwan/ ſich neben die Fuͤrſten ſchwingen/ und ſich allezeit
eines gnaͤdigen Auges und gutthaͤtigen Hand ruͤhmen duͤrffen;
Mit was vor Contento, Ehr und Ruhm dieſer und anderer weit-
entferneten Laͤnder/ kañ ich hierinnen Einfaͤltiger/ nicht beurtheilen:
Diogenem lachet man aus/ wenn er mit ſeinen geborgeten Feuer
den groſſen Welt-Lichte einen Splendor ertheilen will/ mit einer
Handvoll Waſſer des Meeres Fluthen zu vermehren/ iſt vergebli-
che Arbeit: Kurtz/ das Werck wird ſo lange die Welt ſtehet/ den ſee-
ligen Herrn Schuͤtzen als ſeinen Meiſter loben: Nur ſeiner geiſt-
lichen und allezeit auff GOTT gerichteten Schwannen-Muſic,
kann ich nicht vergeſſen: GOttes Rechte/ ſie mochte Dur oder
Mol ſeyn/ war allezeit das Lied in ſeinem Hauſe/ nach ſeinem Jhme
erwehleten Leich-Spruch; Da mancher Jhme eine verfaͤlſchete
Muſic brachte/ und das Inſtrument ſeines Hertzens halb mit Schaf-
und Wolffs-Seiten uͤberzogen hatte/ welches denn bey GOTT
eine abſcheuliche Diſſonantz giebet/ ſo bliebe der Ehrliche Schuͤtze
doch allezeit ſchlecht und recht/ Er haſſete die den HERREN haſ-
ſen/ falſche Leute hielte und litte Er nicht in ſeinem Hauſe/ und dar-
umb liefe auch das Final ſeines Schwannen-Fluges wohl und gluͤck-
lich abe: Denn da Er nun bey den Abend und Temmerung ſeines
Lebens/ ſeinen Beruff nicht mehr verwalten konte/ die Hof-Ca-
pelle
verlaſſen/ und in ſeinem Siech- und Todes-Neſte verharren
muſte/ die Moͤller wolten nicht mehr mahlen/ die Seulen ſeines

baufaͤl-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0058"/><fw type="header" place="top">Abdanckungs-<hi rendition="#aq">Sermon.</hi><lb/></fw> Der allerho&#x0364;ch&#x017F;te GOTT/ der einem &#x017F;o/ den andern anders be-<lb/>
ruffet/ hat auch den &#x017F;eeligen Herrn Capell-Mei&#x017F;ter umb und in die-<lb/>
&#x017F;er Re&#x017F;identz Dreßden/ da ein rechter Bruder des Chri&#x017F;t-eiferigen<lb/><hi rendition="#aq">Theodo&#x017F;ii</hi>, das Chur-Schwert GOtt gebe allen &#x017F;einen Feinden<lb/>
zum Schrecken noch lange Zeit fu&#x0364;hret/ &#x017F;ein <hi rendition="#aq">Randevous</hi> gemachet/<lb/>
und zwar &#x017F;o/ daß &#x017F;o wohl mit &#x017F;einen <hi rendition="#aq">virtuo</hi>&#x017F;en Gemu&#x0364;the/ als grau-<lb/>
en &#x017F;ilberfarbenen Haaren/ Er als ein rechter der edlen <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic</hi> gie-<lb/>
riger Schwan/ &#x017F;ich neben die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;chwingen/ und &#x017F;ich allezeit<lb/>
eines gna&#x0364;digen Auges und guttha&#x0364;tigen Hand ru&#x0364;hmen du&#x0364;rffen;<lb/>
Mit was vor <hi rendition="#aq">Contento</hi>, Ehr und Ruhm die&#x017F;er und anderer weit-<lb/>
entferneten La&#x0364;nder/ kan&#x0303; ich hierinnen Einfa&#x0364;ltiger/ nicht beurtheilen:<lb/><hi rendition="#aq">Diogenem</hi> lachet man aus/ wenn er mit &#x017F;einen geborgeten Feuer<lb/>
den gro&#x017F;&#x017F;en Welt-Lichte einen <hi rendition="#aq">Splendor</hi> ertheilen will/ mit einer<lb/>
Handvoll Wa&#x017F;&#x017F;er des Meeres Fluthen zu vermehren/ i&#x017F;t vergebli-<lb/>
che Arbeit: Kurtz/ das Werck wird &#x017F;o lange die Welt &#x017F;tehet/ den &#x017F;ee-<lb/>
ligen Herrn Schu&#x0364;tzen als &#x017F;einen Mei&#x017F;ter loben: Nur &#x017F;einer gei&#x017F;t-<lb/>
lichen und allezeit auff GOTT gerichteten Schwannen-<hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic</hi>,<lb/>
kann ich nicht verge&#x017F;&#x017F;en: GOttes Rechte/ &#x017F;ie mochte <hi rendition="#aq">Dur</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">Mol</hi> &#x017F;eyn/ war allezeit das Lied in &#x017F;einem Hau&#x017F;e/ nach &#x017F;einem Jhme<lb/>
erwehleten Leich-Spruch; Da mancher Jhme eine verfa&#x0364;l&#x017F;chete<lb/><hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic</hi> brachte/ und das <hi rendition="#aq">In&#x017F;trument</hi> &#x017F;eines Hertzens halb mit Schaf-<lb/>
und Wolffs-Seiten u&#x0364;berzogen hatte/ welches denn bey GOTT<lb/>
eine ab&#x017F;cheuliche <hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;onan</hi>tz giebet/ &#x017F;o bliebe der Ehrliche Schu&#x0364;tze<lb/>
doch allezeit &#x017F;chlecht und recht/ Er ha&#x017F;&#x017F;ete die den HERREN ha&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ fal&#x017F;che Leute hielte und litte Er nicht in &#x017F;einem Hau&#x017F;e/ und dar-<lb/>
umb liefe auch das <hi rendition="#aq">Final</hi> &#x017F;eines Schwannen-Fluges wohl und glu&#x0364;ck-<lb/>
lich abe: Denn da Er nun bey den Abend und Temmerung &#x017F;eines<lb/>
Lebens/ &#x017F;einen Beruff nicht mehr verwalten konte/ die Hof-<hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
pelle</hi> verla&#x017F;&#x017F;en/ und in &#x017F;einem Siech- und Todes-Ne&#x017F;te verharren<lb/>
mu&#x017F;te/ die Mo&#x0364;ller wolten nicht mehr mahlen/ die Seulen &#x017F;eines<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">baufa&#x0364;l-<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0058] Abdanckungs-Sermon. Der allerhoͤchſte GOTT/ der einem ſo/ den andern anders be- ruffet/ hat auch den ſeeligen Herrn Capell-Meiſter umb und in die- ſer Reſidentz Dreßden/ da ein rechter Bruder des Chriſt-eiferigen Theodoſii, das Chur-Schwert GOtt gebe allen ſeinen Feinden zum Schrecken noch lange Zeit fuͤhret/ ſein Randevous gemachet/ und zwar ſo/ daß ſo wohl mit ſeinen virtuoſen Gemuͤthe/ als grau- en ſilberfarbenen Haaren/ Er als ein rechter der edlen Muſic gie- riger Schwan/ ſich neben die Fuͤrſten ſchwingen/ und ſich allezeit eines gnaͤdigen Auges und gutthaͤtigen Hand ruͤhmen duͤrffen; Mit was vor Contento, Ehr und Ruhm dieſer und anderer weit- entferneten Laͤnder/ kañ ich hierinnen Einfaͤltiger/ nicht beurtheilen: Diogenem lachet man aus/ wenn er mit ſeinen geborgeten Feuer den groſſen Welt-Lichte einen Splendor ertheilen will/ mit einer Handvoll Waſſer des Meeres Fluthen zu vermehren/ iſt vergebli- che Arbeit: Kurtz/ das Werck wird ſo lange die Welt ſtehet/ den ſee- ligen Herrn Schuͤtzen als ſeinen Meiſter loben: Nur ſeiner geiſt- lichen und allezeit auff GOTT gerichteten Schwannen-Muſic, kann ich nicht vergeſſen: GOttes Rechte/ ſie mochte Dur oder Mol ſeyn/ war allezeit das Lied in ſeinem Hauſe/ nach ſeinem Jhme erwehleten Leich-Spruch; Da mancher Jhme eine verfaͤlſchete Muſic brachte/ und das Inſtrument ſeines Hertzens halb mit Schaf- und Wolffs-Seiten uͤberzogen hatte/ welches denn bey GOTT eine abſcheuliche Diſſonantz giebet/ ſo bliebe der Ehrliche Schuͤtze doch allezeit ſchlecht und recht/ Er haſſete die den HERREN haſ- ſen/ falſche Leute hielte und litte Er nicht in ſeinem Hauſe/ und dar- umb liefe auch das Final ſeines Schwannen-Fluges wohl und gluͤck- lich abe: Denn da Er nun bey den Abend und Temmerung ſeines Lebens/ ſeinen Beruff nicht mehr verwalten konte/ die Hof-Ca- pelle verlaſſen/ und in ſeinem Siech- und Todes-Neſte verharren muſte/ die Moͤller wolten nicht mehr mahlen/ die Seulen ſeines baufaͤl-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

SLUB Dresden: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T09:14:21Z)
Frank Wiegand: Transkription und Textauszeichnung nach DTA-Basisformat (2012-12-03T09:14:21Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672/58
Zitationshilfe: Geier, Martin: Die köstlichste Arbeit/ aus dem 119. Psalm v. 54. [...] bei Ansehnlicher und Volckreicher Leichbestattung Des [...] Herrn Henrich Schützens [...]. Dresden, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geier_schuetz_1672/58>, abgerufen am 23.11.2024.