Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

Von peinlichem Jnquisitions-Proceß.
ser gerichtlich/ für angehörigen oder fremden Richter/ als Privat-Per-
sonen/ nicht bey denen Acten geschehen/ so fern aber darinnen Jrthum
erwiesen/ verfällt der Argwohn; Also ist man auch denen Bösewich-
ten und Zauberern/ die von des Teuffels Affen-Spiel-Künsten oder ih-
ren Tantz-Versammlungen viel plaudern/ und deßfalls einen mit be-
schuldigen wollen/ nicht zu glauben schuldig/ maßen es der gesunden
Vernunfft zuwider.

L. fin. C. de accusat. P. H. O. Art. 32.

§. 5. Ferner verursachet einen Richter auch nachzuforschen/Dräuungen
was sie verur-
sachen.

wann etwa auff vorhergegangene Dräuworte würckliche Beschädi-
gung erfolget/ ja es geben zuweilen Dräuungen Anlaß zur scharffen
Frage/ wie nicht weniger zum Beweiß des Raubens/ dieses soll genug
seyn/ da bey jemand Geld oder Güter/ so geraubet/ befunden würden/
und er seinen Gewährs-Mann/ von dem er solches an sich bracht/ nicht
anzeigen könte oder wolte/ alsdann mag der Richter erforschen/ und
wofern noch andere Anzeigungen darzu kommen/ gar peinlich befra-
gen; in gleicher Maße wird ein Richter zu solchen Jnquisitions-Hand-
lungen durch jemandes bösen Leben und Wandels Umgang/ angerei-
tzet/ oder wann einer in der That die Flucht ergreifft/ oder auch zu de-
ren Vorbereitung einige Anzeige giebet/ so mag man zu Banden und
Gefängniß/ auch wohl gar zur Tortur verfahren/ jedoch muß das Ver-
brechen gewiß und andere Umstände dabey seyn/ es sey gleich eine sol-
che Ubelthat/ darüber man sich von Rechts wegen vergleichen möge
oder nicht; derowegen man sich der Flucht halben vorher informiren
soll. Deßgleichen giebt groß- und schwehre Feindschafft/ oder Haß
mit Beleidigten/ auch Verbrechens wegen gemachter Vertrag/ zwischen
Beleidigten und zur That verdächtigen Personen/ starcke Muthmassung
zum Jnquisitions-Recht.

L. 5. C. de furt. arg. L. 3. §. 2. ff. de administr. tut. L. 25. §. 6. ff. de aedil. Edict.

§. 6. Demnechst muß ein Richter das Verhör anfangen mitRichters
Pflicht Ver-
hörs halben.

Gottesfurcht/ der Warheit begierig/ ohne Gemüths-Zuneigung/ von
Geitz/ Furcht und Personen Ansehen befreyet/ also/ daß weder Be-
klagten Gewalt/ Hoheit/ Reichthum noch Armuth und Standes Ge-
ringheit ihn abhalten oder übereylen möge/ sondern er allezeit unver-
änderten Rechts Zweck und Gerechtigkeit Vorhaben behalte/ ohne
Standes Würde/ Geding und Beschaffenheit Erwegung/ mit glei-
chem Ernst und Richterlichen Amts-Gebärden; jedoch mag er einem
Edlen mehr Ehre beweisen/ aber sich nimmer zu gemein machen/ son-

dern
R r r r

Von peinlichem Jnquiſitions-Proceß.
ſer gerichtlich/ fuͤr angehoͤrigen oder fremden Richter/ als Privat-Per-
ſonen/ nicht bey denen Acten geſchehen/ ſo fern aber darinnen Jrthum
erwieſen/ verfaͤllt der Argwohn; Alſo iſt man auch denen Boͤſewich-
ten und Zauberern/ die von des Teuffels Affen-Spiel-Kuͤnſten oder ih-
ren Tantz-Verſammlungen viel plaudern/ und deßfalls einen mit be-
ſchuldigen wollen/ nicht zu glauben ſchuldig/ maßen es der geſunden
Vernunfft zuwider.

L. fin. C. de accuſat. P. H. O. Art. 32.

§. 5. Ferner verurſachet einen Richter auch nachzuforſchen/Draͤuungen
was ſie verur-
ſachen.

wann etwa auff vorhergegangene Draͤuworte wuͤrckliche Beſchaͤdi-
gung erfolget/ ja es geben zuweilen Draͤuungen Anlaß zur ſcharffen
Frage/ wie nicht weniger zum Beweiß des Raubens/ dieſes ſoll genug
ſeyn/ da bey jemand Geld oder Guͤter/ ſo geraubet/ befunden wuͤrden/
und er ſeinen Gewaͤhrs-Mann/ von dem er ſolches an ſich bracht/ nicht
anzeigen koͤnte oder wolte/ alsdann mag der Richter erforſchen/ und
wofern noch andere Anzeigungen darzu kommen/ gar peinlich befra-
gen; in gleicher Maße wird ein Richter zu ſolchen Jnquiſitions-Hand-
lungen durch jemandes boͤſen Leben und Wandels Umgang/ angerei-
tzet/ oder wann einer in der That die Flucht ergreifft/ oder auch zu de-
ren Vorbereitung einige Anzeige giebet/ ſo mag man zu Banden und
Gefaͤngniß/ auch wohl gar zur Tortur verfahren/ jedoch muß das Ver-
brechen gewiß und andere Umſtaͤnde dabey ſeyn/ es ſey gleich eine ſol-
che Ubelthat/ daruͤber man ſich von Rechts wegen vergleichen moͤge
oder nicht; derowegen man ſich der Flucht halben vorher informiren
ſoll. Deßgleichen giebt groß- und ſchwehre Feindſchafft/ oder Haß
mit Beleidigten/ auch Verbrechens wegen gemachter Vertrag/ zwiſchen
Beleidigten und zur That verdaͤchtigen Perſonen/ ſtarcke Muthmaſſung
zum Jnquiſitions-Recht.

L. 5. C. de furt. arg. L. 3. §. 2. ff. de adminiſtr. tut. L. 25. §. 6. ff. de ædil. Edict.

§. 6. Demnechſt muß ein Richter das Verhoͤr anfangen mitRichters
Pflicht Ver-
hoͤrs halben.

Gottesfurcht/ der Warheit begierig/ ohne Gemuͤths-Zuneigung/ von
Geitz/ Furcht und Perſonen Anſehen befreyet/ alſo/ daß weder Be-
klagten Gewalt/ Hoheit/ Reichthum noch Armuth und Standes Ge-
ringheit ihn abhalten oder uͤbereylen moͤge/ ſondern er allezeit unver-
aͤnderten Rechts Zweck und Gerechtigkeit Vorhaben behalte/ ohne
Standes Wuͤrde/ Geding und Beſchaffenheit Erwegung/ mit glei-
chem Ernſt und Richterlichen Amts-Gebaͤrden; jedoch mag er einem
Edlen mehr Ehre beweiſen/ aber ſich nimmer zu gemein machen/ ſon-

dern
R r r r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0688" n="681"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von peinlichem Jnqui&#x017F;itions-Proceß.</hi></fw><lb/>
&#x017F;er gerichtlich/ fu&#x0364;r angeho&#x0364;rigen oder fremden Richter/ als Privat-Per-<lb/>
&#x017F;onen/ nicht bey denen Acten ge&#x017F;chehen/ &#x017F;o fern aber darinnen Jrthum<lb/>
erwie&#x017F;en/ verfa&#x0364;llt der Argwohn; Al&#x017F;o i&#x017F;t man auch denen Bo&#x0364;&#x017F;ewich-<lb/>
ten und Zauberern/ die von des Teuffels Affen-Spiel-Ku&#x0364;n&#x017F;ten oder ih-<lb/>
ren Tantz-Ver&#x017F;ammlungen viel plaudern/ und deßfalls einen mit be-<lb/>
&#x017F;chuldigen wollen/ nicht zu glauben &#x017F;chuldig/ maßen es der ge&#x017F;unden<lb/>
Vernunfft zuwider.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">L. fin. C. de accu&#x017F;at.</hi> P. H. O. <hi rendition="#aq">Art.</hi> 32.</item>
              </list><lb/>
              <p>§. 5. Ferner verur&#x017F;achet einen Richter auch nachzufor&#x017F;chen/<note place="right">Dra&#x0364;uungen<lb/>
was &#x017F;ie verur-<lb/>
&#x017F;achen.</note><lb/>
wann etwa auff vorhergegangene Dra&#x0364;uworte wu&#x0364;rckliche Be&#x017F;cha&#x0364;di-<lb/>
gung erfolget/ ja es geben zuweilen Dra&#x0364;uungen Anlaß zur &#x017F;charffen<lb/>
Frage/ wie nicht weniger zum Beweiß des Raubens/ die&#x017F;es &#x017F;oll genug<lb/>
&#x017F;eyn/ da bey jemand Geld oder Gu&#x0364;ter/ &#x017F;o geraubet/ befunden wu&#x0364;rden/<lb/>
und er &#x017F;einen Gewa&#x0364;hrs-Mann/ von dem er &#x017F;olches an &#x017F;ich bracht/ nicht<lb/>
anzeigen ko&#x0364;nte oder wolte/ alsdann mag der Richter erfor&#x017F;chen/ und<lb/>
wofern noch andere Anzeigungen darzu kommen/ gar peinlich befra-<lb/>
gen; in gleicher Maße wird ein Richter zu &#x017F;olchen Jnqui&#x017F;itions-Hand-<lb/>
lungen durch jemandes bo&#x0364;&#x017F;en Leben und Wandels Umgang/ angerei-<lb/>
tzet/ oder wann einer in der That die Flucht ergreifft/ oder auch zu de-<lb/>
ren Vorbereitung einige Anzeige giebet/ &#x017F;o mag man zu Banden und<lb/>
Gefa&#x0364;ngniß/ auch wohl gar zur Tortur verfahren/ jedoch muß das Ver-<lb/>
brechen gewiß und andere Um&#x017F;ta&#x0364;nde dabey &#x017F;eyn/ es &#x017F;ey gleich eine &#x017F;ol-<lb/>
che Ubelthat/ daru&#x0364;ber man &#x017F;ich von Rechts wegen vergleichen mo&#x0364;ge<lb/>
oder nicht; derowegen man &#x017F;ich der Flucht halben vorher informiren<lb/>
&#x017F;oll. Deßgleichen giebt groß- und &#x017F;chwehre Feind&#x017F;chafft/ oder Haß<lb/>
mit Beleidigten/ auch Verbrechens wegen gemachter Vertrag/ zwi&#x017F;chen<lb/>
Beleidigten und zur That verda&#x0364;chtigen Per&#x017F;onen/ &#x017F;tarcke Muthma&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
zum Jnqui&#x017F;itions-Recht.</p><lb/>
              <list>
                <item> <hi rendition="#aq">L. 5. C. de furt. arg. L. 3. §. 2. ff. de admini&#x017F;tr. tut. L. 25. §. 6. ff. de ædil. Edict.</hi> </item>
              </list><lb/>
              <p>§. 6. Demnech&#x017F;t muß ein Richter das Verho&#x0364;r anfangen mit<note place="right">Richters<lb/>
Pflicht Ver-<lb/>
ho&#x0364;rs halben.</note><lb/>
Gottesfurcht/ der Warheit begierig/ ohne Gemu&#x0364;ths-Zuneigung/ von<lb/>
Geitz/ Furcht und Per&#x017F;onen An&#x017F;ehen befreyet/ al&#x017F;o/ daß weder Be-<lb/>
klagten Gewalt/ Hoheit/ Reichthum noch Armuth und Standes Ge-<lb/>
ringheit ihn abhalten oder u&#x0364;bereylen mo&#x0364;ge/ &#x017F;ondern er allezeit unver-<lb/>
a&#x0364;nderten Rechts Zweck und Gerechtigkeit Vorhaben behalte/ ohne<lb/>
Standes Wu&#x0364;rde/ Geding und Be&#x017F;chaffenheit Erwegung/ mit glei-<lb/>
chem Ern&#x017F;t und Richterlichen Amts-Geba&#x0364;rden; jedoch mag er einem<lb/>
Edlen mehr Ehre bewei&#x017F;en/ aber &#x017F;ich nimmer zu gemein machen/ &#x017F;on-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r r r</fw><fw place="bottom" type="catch">dern</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[681/0688] Von peinlichem Jnquiſitions-Proceß. ſer gerichtlich/ fuͤr angehoͤrigen oder fremden Richter/ als Privat-Per- ſonen/ nicht bey denen Acten geſchehen/ ſo fern aber darinnen Jrthum erwieſen/ verfaͤllt der Argwohn; Alſo iſt man auch denen Boͤſewich- ten und Zauberern/ die von des Teuffels Affen-Spiel-Kuͤnſten oder ih- ren Tantz-Verſammlungen viel plaudern/ und deßfalls einen mit be- ſchuldigen wollen/ nicht zu glauben ſchuldig/ maßen es der geſunden Vernunfft zuwider. L. fin. C. de accuſat. P. H. O. Art. 32. §. 5. Ferner verurſachet einen Richter auch nachzuforſchen/ wann etwa auff vorhergegangene Draͤuworte wuͤrckliche Beſchaͤdi- gung erfolget/ ja es geben zuweilen Draͤuungen Anlaß zur ſcharffen Frage/ wie nicht weniger zum Beweiß des Raubens/ dieſes ſoll genug ſeyn/ da bey jemand Geld oder Guͤter/ ſo geraubet/ befunden wuͤrden/ und er ſeinen Gewaͤhrs-Mann/ von dem er ſolches an ſich bracht/ nicht anzeigen koͤnte oder wolte/ alsdann mag der Richter erforſchen/ und wofern noch andere Anzeigungen darzu kommen/ gar peinlich befra- gen; in gleicher Maße wird ein Richter zu ſolchen Jnquiſitions-Hand- lungen durch jemandes boͤſen Leben und Wandels Umgang/ angerei- tzet/ oder wann einer in der That die Flucht ergreifft/ oder auch zu de- ren Vorbereitung einige Anzeige giebet/ ſo mag man zu Banden und Gefaͤngniß/ auch wohl gar zur Tortur verfahren/ jedoch muß das Ver- brechen gewiß und andere Umſtaͤnde dabey ſeyn/ es ſey gleich eine ſol- che Ubelthat/ daruͤber man ſich von Rechts wegen vergleichen moͤge oder nicht; derowegen man ſich der Flucht halben vorher informiren ſoll. Deßgleichen giebt groß- und ſchwehre Feindſchafft/ oder Haß mit Beleidigten/ auch Verbrechens wegen gemachter Vertrag/ zwiſchen Beleidigten und zur That verdaͤchtigen Perſonen/ ſtarcke Muthmaſſung zum Jnquiſitions-Recht. Draͤuungen was ſie verur- ſachen. L. 5. C. de furt. arg. L. 3. §. 2. ff. de adminiſtr. tut. L. 25. §. 6. ff. de ædil. Edict. §. 6. Demnechſt muß ein Richter das Verhoͤr anfangen mit Gottesfurcht/ der Warheit begierig/ ohne Gemuͤths-Zuneigung/ von Geitz/ Furcht und Perſonen Anſehen befreyet/ alſo/ daß weder Be- klagten Gewalt/ Hoheit/ Reichthum noch Armuth und Standes Ge- ringheit ihn abhalten oder uͤbereylen moͤge/ ſondern er allezeit unver- aͤnderten Rechts Zweck und Gerechtigkeit Vorhaben behalte/ ohne Standes Wuͤrde/ Geding und Beſchaffenheit Erwegung/ mit glei- chem Ernſt und Richterlichen Amts-Gebaͤrden; jedoch mag er einem Edlen mehr Ehre beweiſen/ aber ſich nimmer zu gemein machen/ ſon- dern Richters Pflicht Ver- hoͤrs halben. R r r r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/688
Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/688>, abgerufen am 22.11.2024.