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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
Hof gefährlich seyn würde. Jch konnte
mir einbilden, daß man sie bewundern,
und daß ihr Herz der Versuchung der Lob-
sprüche und Ehrenbezeigung nicht gleich
den ersten Augenblick widerstehen würde.
Die erlittene Ungande ist nichts, als ein
Beweis, daß ich eine liebenswürdige
und tugendhafte Frau habe.

Wir lebten auf unserm Landgute so ru-
hig und zärtlich, als iemals. Und damit
wir den Verlust unsers klugen Vaters de-
sto weniger fühlten: so nahm mein Ge-
mahl seinen ehemaligen Reisegefährten,
den Herrn R-- zu sich. Er war noch
ein junger Mann, der aber in einer gros-
sen Gesellschaft zu nichts taugte, als ei-
nen leeren Platz einzunehmen. Er war
stumm und unbelebt, wenn er viele Leu-
te sah. Doch in dem Umgang von drey
oder vier Personen, die er kannte, war
er ganz unentbehrlich. Seine Belesenheit
war außerordentlich, und seine Beschei-

den-

Gräfinn von G **
Hof gefährlich ſeyn würde. Jch konnte
mir einbilden, daß man ſie bewundern,
und daß ihr Herz der Verſuchung der Lob-
ſprüche und Ehrenbezeigung nicht gleich
den erſten Augenblick widerſtehen würde.
Die erlittene Ungande iſt nichts, als ein
Beweis, daß ich eine liebenswürdige
und tugendhafte Frau habe.

Wir lebten auf unſerm Landgute ſo ru-
hig und zärtlich, als iemals. Und damit
wir den Verluſt unſers klugen Vaters de-
ſto weniger fühlten: ſo nahm mein Ge-
mahl ſeinen ehemaligen Reiſegefährten,
den Herrn R-- zu ſich. Er war noch
ein junger Mann, der aber in einer groſ-
ſen Geſellſchaft zu nichts taugte, als ei-
nen leeren Platz einzunehmen. Er war
ſtumm und unbelebt, wenn er viele Leu-
te ſah. Doch in dem Umgang von drey
oder vier Perſonen, die er kannte, war
er ganz unentbehrlich. Seine Beleſenheit
war außerordentlich, und ſeine Beſchei-

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[45/0045] Gräfinn von G ** Hof gefährlich ſeyn würde. Jch konnte mir einbilden, daß man ſie bewundern, und daß ihr Herz der Verſuchung der Lob- ſprüche und Ehrenbezeigung nicht gleich den erſten Augenblick widerſtehen würde. Die erlittene Ungande iſt nichts, als ein Beweis, daß ich eine liebenswürdige und tugendhafte Frau habe. Wir lebten auf unſerm Landgute ſo ru- hig und zärtlich, als iemals. Und damit wir den Verluſt unſers klugen Vaters de- ſto weniger fühlten: ſo nahm mein Ge- mahl ſeinen ehemaligen Reiſegefährten, den Herrn R-- zu ſich. Er war noch ein junger Mann, der aber in einer groſ- ſen Geſellſchaft zu nichts taugte, als ei- nen leeren Platz einzunehmen. Er war ſtumm und unbelebt, wenn er viele Leu- te ſah. Doch in dem Umgang von drey oder vier Perſonen, die er kannte, war er ganz unentbehrlich. Seine Beleſenheit war außerordentlich, und ſeine Beſchei- den-

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/45>, abgerufen am 24.11.2024.