[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Gräfinn von G ** seinen Wunden gestorben? rief ich aus.So hat er die traurigen Zubereitungen zu einem gewaltsamen Tode, welche ärger als der Tod selber sind, nicht mit ansehen dürfen? Nunmehr bin ich ruhig. Jch fragte, ob man ihn ohne Schimpf zur Er- den bestattet hätte. Er sagte mir, daß dieses gar nicht hätte geschehen können, weil in der Nacht, da er gestorben wäre, die Feinde das Dorf angefallen, und das Bataillon, bey dem mein Gemahl gefan- gen gesessen, genöthiget hätten, sich in der grösten Eil und mit Verlust zurückzuzie- hen. Jn eben dieser Unordnung wäre er mit gewichen, und der Feldprediger von meines Gemahls Regimente hätte ihm Gelegenheit geschafft, mit einem Deta- schement zurückzugehen, und mir die Nachricht und etliche Kleinodien von mei- nem Gemahle zu überbringen. Der Feldprediger hatte selbst an mich Namen D 3
Gräfinn von G ** ſeinen Wunden geſtorben? rief ich aus.So hat er die traurigen Zubereitungen zu einem gewaltſamen Tode, welche ärger als der Tod ſelber ſind, nicht mit anſehen dürfen? Nunmehr bin ich ruhig. Jch fragte, ob man ihn ohne Schimpf zur Er- den beſtattet hätte. Er ſagte mir, daß dieſes gar nicht hätte geſchehen können, weil in der Nacht, da er geſtorben wäre, die Feinde das Dorf angefallen, und das Bataillon, bey dem mein Gemahl gefan- gen geſeſſen, genöthiget hätten, ſich in der gröſten Eil und mit Verluſt zurückzuzie- hen. Jn eben dieſer Unordnung wäre er mit gewichen, und der Feldprediger von meines Gemahls Regimente hätte ihm Gelegenheit geſchafft, mit einem Deta- ſchement zurückzugehen, und mir die Nachricht und etliche Kleinodien von mei- nem Gemahle zu überbringen. Der Feldprediger hatte ſelbſt an mich Namen D 3
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Gräfinn von G **
ſeinen Wunden geſtorben? rief ich aus.
So hat er die traurigen Zubereitungen zu
einem gewaltſamen Tode, welche ärger
als der Tod ſelber ſind, nicht mit anſehen
dürfen? Nunmehr bin ich ruhig. Jch
fragte, ob man ihn ohne Schimpf zur Er-
den beſtattet hätte. Er ſagte mir, daß
dieſes gar nicht hätte geſchehen können,
weil in der Nacht, da er geſtorben wäre,
die Feinde das Dorf angefallen, und das
Bataillon, bey dem mein Gemahl gefan-
gen geſeſſen, genöthiget hätten, ſich in der
gröſten Eil und mit Verluſt zurückzuzie-
hen. Jn eben dieſer Unordnung wäre er
mit gewichen, und der Feldprediger von
meines Gemahls Regimente hätte ihm
Gelegenheit geſchafft, mit einem Deta-
ſchement zurückzugehen, und mir die
Nachricht und etliche Kleinodien von mei-
nem Gemahle zu überbringen.
Der Feldprediger hatte ſelbſt an mich
geſchrieben, und mir in meines Gemahls
Namen
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