[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Gräfinn von G ** Schwedischen Bücher, welche mein Ge-mahl hochzuhalten pflegte, und ich konn- te leicht errathen, wem sie diesen guten Geschmack zu danken hatte. Unter ihrem Spiegel hieng das Bildniß meines Ge- mahls. So bald sie merkte, daß mirs in die Augen fiel: so überreichte sie mirs zum Geschenke, und gestund mir, daß sie es selber gemahlet hätte; denn sie konnte vor- trefflich in Miniatür malen. Jch hielt es für eine Grausamkeit, sie um dieses An- denken zu bringen. Darum bat ich sie, das Bild noch einmal zu malen, und die- ses so lange zu behalten. Jhr Sohn war noch nicht völlig drey- Sie
Gräfinn von G ** Schwediſchen Bücher, welche mein Ge-mahl hochzuhalten pflegte, und ich konn- te leicht errathen, wem ſie dieſen guten Geſchmack zu danken hatte. Unter ihrem Spiegel hieng das Bildniß meines Ge- mahls. So bald ſie merkte, daß mirs in die Augen fiel: ſo überreichte ſie mirs zum Geſchenke, und geſtund mir, daß ſie es ſelber gemahlet hätte; denn ſie konnte vor- trefflich in Miniatür malen. Jch hielt es für eine Grauſamkeit, ſie um dieſes An- denken zu bringen. Darum bat ich ſie, das Bild noch einmal zu malen, und die- ſes ſo lange zu behalten. Jhr Sohn war noch nicht völlig drey- Sie
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Gräfinn von G **
Schwediſchen Bücher, welche mein Ge-
mahl hochzuhalten pflegte, und ich konn-
te leicht errathen, wem ſie dieſen guten
Geſchmack zu danken hatte. Unter ihrem
Spiegel hieng das Bildniß meines Ge-
mahls. So bald ſie merkte, daß mirs in
die Augen fiel: ſo überreichte ſie mirs zum
Geſchenke, und geſtund mir, daß ſie es
ſelber gemahlet hätte; denn ſie konnte vor-
trefflich in Miniatür malen. Jch hielt es
für eine Grauſamkeit, ſie um dieſes An-
denken zu bringen. Darum bat ich ſie,
das Bild noch einmal zu malen, und die-
ſes ſo lange zu behalten.
Jhr Sohn war noch nicht völlig drey-
zehn Jahr alt. Er war ein ſehr artiger
und lebhafter Knabe. Sie hatte ihn
ſchon in ſeinen zarteſten Jahren einem ge-
ſchickten Manne zur Aufſicht anvertraut,
und ihn itzt nur auf etliche Wochen zu ſich
kommen laſſen, weil ſie wegen der anhal-
tenden Krankheit ihr Ende vermuthet.
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