[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Gräfinn von G ** det habe. Mariane war ebenfalls tödt-lich krank, und ich hielt sie schon für ver- loren. Allein es besserte sich mit ihr. Jndessen nöthigte mich mein Bankerott, mein Glück anderwärts zu versuchen. Jch gieng nach Ostindien. Du weist, daß ich der Catholischen Religion zuge- than bin. Jch liebte deine Tochter, oder vielmehr meine an Kindesstatt angenom- mene Mariane recht väterlich. Um sie nun theils in meiner Religion erziehen zu lassen, theils sie wohl zu versorgen: so nahm ich, was ich noch hatte, und that dieses liebe Kind vor meiner Abrei- se, und ohne iemanden etwas zu sagen, in ein Kloster an der Grenze der Oester- reichischen Niederlande. Jch war eben im Begriffe dahin zu reisen, und zu sehen, ob Mariane noch lebte, als ich hieher gerufen ward. Jch kann nicht länger warten, ich muß wissen, ob sie noch lebt. Komm mit, sprach er zu Carolinen. Wir wollen den Augenblick in das Kloster fah- ren. F 5
Gräfinn von G ** det habe. Mariane war ebenfalls tödt-lich krank, und ich hielt ſie ſchon für ver- loren. Allein es beſſerte ſich mit ihr. Jndeſſen nöthigte mich mein Bankerott, mein Glück anderwärts zu verſuchen. Jch gieng nach Oſtindien. Du weist, daß ich der Catholiſchen Religion zuge- than bin. Jch liebte deine Tochter, oder vielmehr meine an Kindesſtatt angenom- mene Mariane recht väterlich. Um ſie nun theils in meiner Religion erziehen zu laſſen, theils ſie wohl zu verſorgen: ſo nahm ich, was ich noch hatte, und that dieſes liebe Kind vor meiner Abrei- ſe, und ohne iemanden etwas zu ſagen, in ein Kloſter an der Grenze der Oeſter- reichiſchen Niederlande. Jch war eben im Begriffe dahin zu reiſen, und zu ſehen, ob Mariane noch lebte, als ich hieher gerufen ward. Jch kann nicht länger warten, ich muß wiſſen, ob ſie noch lebt. Komm mit, ſprach er zu Carolinen. Wir wollen den Augenblick in das Kloſter fah- ren. F 5
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Gräfinn von G **
det habe. Mariane war ebenfalls tödt-
lich krank, und ich hielt ſie ſchon für ver-
loren. Allein es beſſerte ſich mit ihr.
Jndeſſen nöthigte mich mein Bankerott,
mein Glück anderwärts zu verſuchen.
Jch gieng nach Oſtindien. Du weist,
daß ich der Catholiſchen Religion zuge-
than bin. Jch liebte deine Tochter, oder
vielmehr meine an Kindesſtatt angenom-
mene Mariane recht väterlich. Um ſie
nun theils in meiner Religion erziehen
zu laſſen, theils ſie wohl zu verſorgen:
ſo nahm ich, was ich noch hatte, und
that dieſes liebe Kind vor meiner Abrei-
ſe, und ohne iemanden etwas zu ſagen, in
ein Kloſter an der Grenze der Oeſter-
reichiſchen Niederlande. Jch war eben
im Begriffe dahin zu reiſen, und zu ſehen,
ob Mariane noch lebte, als ich hieher
gerufen ward. Jch kann nicht länger
warten, ich muß wiſſen, ob ſie noch lebt.
Komm mit, ſprach er zu Carolinen. Wir
wollen den Augenblick in das Kloſter fah-
ren.
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