[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen ren. Jn drey Tagen sind wir wiederhier. Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, giengen sie beyde fort. Mein Mann und ich hatten kaum das Herz uns anzusehen, geschweige zu reden. Ein heimlicher Schauer lief mir durch alle Glieder. Gott, was soll das werden! fieng endlich mein Mann an. Mariane, das Kloster-- und nicht weit von der Grenze. Was sind dieses für entsetzli- che Nachrichten! Ach der arme, der un- glückliche Carlson! Möchte doch dieses- mal unsere Muthmaßung falsch seyn! Wäre doch Andreas wieder da, oder wäre er vielmehr nimmermehr wieder nach Europa gekommen! Seine Gegen- wart wird uns ganz gewiß das traurig- ste Geheimniß offenbaren, das uns ewig hätte verborgen bleiben sollen. Wird nicht Caroline, um ihre Tochter wieder zu finden, sie als Frau aus den Armen ihres eigenen Sohns reissen müssen? Mit diesen grausamen Vorstellungen qväl- ten
Leben der Schwediſchen ren. Jn drey Tagen ſind wir wiederhier. Und ohne ein Wort weiter zu ſprechen, giengen ſie beyde fort. Mein Mann und ich hatten kaum das Herz uns anzuſehen, geſchweige zu reden. Ein heimlicher Schauer lief mir durch alle Glieder. Gott, was ſoll das werden! fieng endlich mein Mann an. Mariane, das Kloſter-- und nicht weit von der Grenze. Was ſind dieſes für entſetzli- che Nachrichten! Ach der arme, der un- glückliche Carlſon! Möchte doch dieſes- mal unſere Muthmaßung falſch ſeyn! Wäre doch Andreas wieder da, oder wäre er vielmehr nimmermehr wieder nach Europa gekommen! Seine Gegen- wart wird uns ganz gewiß das traurig- ſte Geheimniß offenbaren, das uns ewig hätte verborgen bleiben ſollen. Wird nicht Caroline, um ihre Tochter wieder zu finden, ſie als Frau aus den Armen ihres eigenen Sohns reiſſen müſſen? Mit dieſen grauſamen Vorſtellungen qväl- ten
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Leben der Schwediſchen
ren. Jn drey Tagen ſind wir wieder
hier. Und ohne ein Wort weiter zu
ſprechen, giengen ſie beyde fort. Mein
Mann und ich hatten kaum das Herz
uns anzuſehen, geſchweige zu reden. Ein
heimlicher Schauer lief mir durch alle
Glieder. Gott, was ſoll das werden!
fieng endlich mein Mann an. Mariane,
das Kloſter-- und nicht weit von der
Grenze. Was ſind dieſes für entſetzli-
che Nachrichten! Ach der arme, der un-
glückliche Carlſon! Möchte doch dieſes-
mal unſere Muthmaßung falſch ſeyn!
Wäre doch Andreas wieder da, oder
wäre er vielmehr nimmermehr wieder
nach Europa gekommen! Seine Gegen-
wart wird uns ganz gewiß das traurig-
ſte Geheimniß offenbaren, das uns ewig
hätte verborgen bleiben ſollen. Wird
nicht Caroline, um ihre Tochter wieder
zu finden, ſie als Frau aus den Armen
ihres eigenen Sohns reiſſen müſſen?
Mit dieſen grauſamen Vorſtellungen qväl-
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