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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Gräfinn von G**
hat seine Gemahlinn wieder gefunden, er lebt mit
ihr in Holland. Wollen wir nicht zu ihm reisen?
wie glücklich würden wir bey ihm seyn! Mehr
brauchte er nicht, um mich meinem Vaterlande
zu entziehen.

Nun war es beschlossen, wir giengen nach
Holland. Jch setzte mich mit ihm zu Ende des
Augusts zu Schiffe, und auch die See ward mir
durch die Liebe angenehm. Wir haben nichts
als eine kleine Seekrankheit und etliche Stürme
ausgestanden, die uns nichts gethan, als daß sie
uns ein Paar Wochen länger auf der See aufge-
halten haben. Wir sind schon vor vier Tagen
ans Land gestiegen und gestern früh zu Lande hier
angekommen.

Dieß war die Geschichte von Amaliens und
und Steeleys Liebe.

Die beiden ersten Tage verstrichen uns unter
lauter Erzählungen, und der dritte war der Ver-
mählungstag. Jch und Caroline kleideten unse-
re Braut an, und verliebten uns recht in sie, so
reizend war sie; allein der, für den sie so reizend
war, hatte nicht weniger männliche Schönheiten.
Wir führten sie in sein Zimmer. Jtzt, sprach sie,
ist es noch Zeit, wenn sie Lust haben, eine andere
zu wählen, und umarmte ihn. R - - kam bald
darauf mit seinem guten Freunde, einem Predi-
ger bey der französischen Gemeine, der sie ver-
mählen sollte. Er hatte ihm die Umstände von
beiden gesagt. Wir setzten uns nieder und wir
wußten nicht, daß unser Geistlicher eine Rede
halten würde. Er that es mit so vieler Bered-

sam-
II. Theil. H

Graͤfinn von G**
hat ſeine Gemahlinn wieder gefunden, er lebt mit
ihr in Holland. Wollen wir nicht zu ihm reiſen?
wie gluͤcklich wuͤrden wir bey ihm ſeyn! Mehr
brauchte er nicht, um mich meinem Vaterlande
zu entziehen.

Nun war es beſchloſſen, wir giengen nach
Holland. Jch ſetzte mich mit ihm zu Ende des
Auguſts zu Schiffe, und auch die See ward mir
durch die Liebe angenehm. Wir haben nichts
als eine kleine Seekrankheit und etliche Stuͤrme
ausgeſtanden, die uns nichts gethan, als daß ſie
uns ein Paar Wochen laͤnger auf der See aufge-
halten haben. Wir ſind ſchon vor vier Tagen
ans Land geſtiegen und geſtern fruͤh zu Lande hier
angekommen.

Dieß war die Geſchichte von Amaliens und
und Steeleys Liebe.

Die beiden erſten Tage verſtrichen uns unter
lauter Erzaͤhlungen, und der dritte war der Ver-
maͤhlungstag. Jch und Caroline kleideten unſe-
re Braut an, und verliebten uns recht in ſie, ſo
reizend war ſie; allein der, fuͤr den ſie ſo reizend
war, hatte nicht weniger maͤnnliche Schoͤnheiten.
Wir fuͤhrten ſie in ſein Zimmer. Jtzt, ſprach ſie,
iſt es noch Zeit, wenn ſie Luſt haben, eine andere
zu waͤhlen, und umarmte ihn. R ‒ ‒ kam bald
darauf mit ſeinem guten Freunde, einem Predi-
ger bey der franzoͤſiſchen Gemeine, der ſie ver-
maͤhlen ſollte. Er hatte ihm die Umſtaͤnde von
beiden geſagt. Wir ſetzten uns nieder und wir
wußten nicht, daß unſer Geiſtlicher eine Rede
halten wuͤrde. Er that es mit ſo vieler Bered-

ſam-
II. Theil. H
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[113/0113] Graͤfinn von G** hat ſeine Gemahlinn wieder gefunden, er lebt mit ihr in Holland. Wollen wir nicht zu ihm reiſen? wie gluͤcklich wuͤrden wir bey ihm ſeyn! Mehr brauchte er nicht, um mich meinem Vaterlande zu entziehen. Nun war es beſchloſſen, wir giengen nach Holland. Jch ſetzte mich mit ihm zu Ende des Auguſts zu Schiffe, und auch die See ward mir durch die Liebe angenehm. Wir haben nichts als eine kleine Seekrankheit und etliche Stuͤrme ausgeſtanden, die uns nichts gethan, als daß ſie uns ein Paar Wochen laͤnger auf der See aufge- halten haben. Wir ſind ſchon vor vier Tagen ans Land geſtiegen und geſtern fruͤh zu Lande hier angekommen. Dieß war die Geſchichte von Amaliens und und Steeleys Liebe. Die beiden erſten Tage verſtrichen uns unter lauter Erzaͤhlungen, und der dritte war der Ver- maͤhlungstag. Jch und Caroline kleideten unſe- re Braut an, und verliebten uns recht in ſie, ſo reizend war ſie; allein der, fuͤr den ſie ſo reizend war, hatte nicht weniger maͤnnliche Schoͤnheiten. Wir fuͤhrten ſie in ſein Zimmer. Jtzt, ſprach ſie, iſt es noch Zeit, wenn ſie Luſt haben, eine andere zu waͤhlen, und umarmte ihn. R ‒ ‒ kam bald darauf mit ſeinem guten Freunde, einem Predi- ger bey der franzoͤſiſchen Gemeine, der ſie ver- maͤhlen ſollte. Er hatte ihm die Umſtaͤnde von beiden geſagt. Wir ſetzten uns nieder und wir wußten nicht, daß unſer Geiſtlicher eine Rede halten wuͤrde. Er that es mit ſo vieler Bered- ſam- II. Theil. H

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/113>, abgerufen am 21.11.2024.