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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Gräfinn von G**
Schutz bitten, wenn ich ihn verdiene. Jch bin
der Graf von G - - Mein Name wird ihnen
durch mein Unglück vielleicht schon bekannt seyn.
Jch bin vor zehn Jahren als ein Schwedischer
Obrister so unglücklich gewesen, daß mir das Le-
ben durch das Kriegsrecht abgesprochen worden
ist. Darauf| erzählte er ihm das Uebrige, und
wie er zu seiner Sicherheit, als ein Gefangner
der Russen, den Namen Loewenhoeck angenom-
men. Der Prinz, fuhr er fort, ist mein Feind,
und meine Verurtheilung ist vielleicht eine Wür-
kung seiner Rache gewesen. Jch will ihnen die
Ursache nicht sagen, wodurch er bewogen worden,
meinen Untergang zu suchen. Sie ist ihm viel-
leicht nachtheiliger, als seine Rache selbst. Jch
schliesse aus seiner Bestürzung, daß er mich
für todt muß gehalten haben, und wer weis, ob
nicht die Zeit seinen Haß gegen mich vertrieben
hat. Bin ich, schloß er endlich, nicht so unschul-
dig, als ich ihnen gesagt habe: so lasse mich Gott
noch durch die Verfolgung dieses Prinzen ster-
ben. Unser Wirth, dem das Blut vor edler
Empfindung in das Gesicht trat, reichte dem
Grafen die Hand. Bleiben sie bey mir, sprach
er. Jch will alle mein Ansehn bey Hofe zu ihrer
Sicherheit anwenden, und wenn das nicht hilft,
mein Leben. Verlassen sie sich auf mein Wort,
ich bin ein ehrlicher Mann. Jch will dem Prinzen
in etlichen Stunden entgegen fahren und ihn zu-
rück holen, und bey meiner Zurückkunft will ich
ihnen sagen, was sie thun sollen. Erzählen sie mir
indessen alles, was zu ihrem Schicksale gehört,

denn
J 2

Graͤfinn von G**
Schutz bitten, wenn ich ihn verdiene. Jch bin
der Graf von G ‒ ‒ Mein Name wird ihnen
durch mein Ungluͤck vielleicht ſchon bekannt ſeyn.
Jch bin vor zehn Jahren als ein Schwediſcher
Obriſter ſo ungluͤcklich geweſen, daß mir das Le-
ben durch das Kriegsrecht abgeſprochen worden
iſt. Darauf| erzaͤhlte er ihm das Uebrige, und
wie er zu ſeiner Sicherheit, als ein Gefangner
der Ruſſen, den Namen Loewenhoeck angenom-
men. Der Prinz, fuhr er fort, iſt mein Feind,
und meine Verurtheilung iſt vielleicht eine Wuͤr-
kung ſeiner Rache geweſen. Jch will ihnen die
Urſache nicht ſagen, wodurch er bewogen worden,
meinen Untergang zu ſuchen. Sie iſt ihm viel-
leicht nachtheiliger, als ſeine Rache ſelbſt. Jch
ſchlieſſe aus ſeiner Beſtuͤrzung, daß er mich
fuͤr todt muß gehalten haben, und wer weis, ob
nicht die Zeit ſeinen Haß gegen mich vertrieben
hat. Bin ich, ſchloß er endlich, nicht ſo unſchul-
dig, als ich ihnen geſagt habe: ſo laſſe mich Gott
noch durch die Verfolgung dieſes Prinzen ſter-
ben. Unſer Wirth, dem das Blut vor edler
Empfindung in das Geſicht trat, reichte dem
Grafen die Hand. Bleiben ſie bey mir, ſprach
er. Jch will alle mein Anſehn bey Hofe zu ihrer
Sicherheit anwenden, und wenn das nicht hilft,
mein Leben. Verlaſſen ſie ſich auf mein Wort,
ich bin ein ehrlicher Mann. Jch will dem Prinzen
in etlichen Stunden entgegen fahren und ihn zu-
ruͤck holen, und bey meiner Zuruͤckkunft will ich
ihnen ſagen, was ſie thun ſollen. Erzaͤhlen ſie mir
indeſſen alles, was zu ihrem Schickſale gehoͤrt,

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J 2
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[131/0131] Graͤfinn von G** Schutz bitten, wenn ich ihn verdiene. Jch bin der Graf von G ‒ ‒ Mein Name wird ihnen durch mein Ungluͤck vielleicht ſchon bekannt ſeyn. Jch bin vor zehn Jahren als ein Schwediſcher Obriſter ſo ungluͤcklich geweſen, daß mir das Le- ben durch das Kriegsrecht abgeſprochen worden iſt. Darauf| erzaͤhlte er ihm das Uebrige, und wie er zu ſeiner Sicherheit, als ein Gefangner der Ruſſen, den Namen Loewenhoeck angenom- men. Der Prinz, fuhr er fort, iſt mein Feind, und meine Verurtheilung iſt vielleicht eine Wuͤr- kung ſeiner Rache geweſen. Jch will ihnen die Urſache nicht ſagen, wodurch er bewogen worden, meinen Untergang zu ſuchen. Sie iſt ihm viel- leicht nachtheiliger, als ſeine Rache ſelbſt. Jch ſchlieſſe aus ſeiner Beſtuͤrzung, daß er mich fuͤr todt muß gehalten haben, und wer weis, ob nicht die Zeit ſeinen Haß gegen mich vertrieben hat. Bin ich, ſchloß er endlich, nicht ſo unſchul- dig, als ich ihnen geſagt habe: ſo laſſe mich Gott noch durch die Verfolgung dieſes Prinzen ſter- ben. Unſer Wirth, dem das Blut vor edler Empfindung in das Geſicht trat, reichte dem Grafen die Hand. Bleiben ſie bey mir, ſprach er. Jch will alle mein Anſehn bey Hofe zu ihrer Sicherheit anwenden, und wenn das nicht hilft, mein Leben. Verlaſſen ſie ſich auf mein Wort, ich bin ein ehrlicher Mann. Jch will dem Prinzen in etlichen Stunden entgegen fahren und ihn zu- ruͤck holen, und bey meiner Zuruͤckkunft will ich ihnen ſagen, was ſie thun ſollen. Erzaͤhlen ſie mir indeſſen alles, was zu ihrem Schickſale gehoͤrt, denn J 2

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/131>, abgerufen am 21.11.2024.