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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Gräfinn von G**
schwer, aber ench und meine Freunde zu verlassen,
das ist bitter. Jch sterbe; und ihnen, mein lieber
R - - überlasse ich meine Gemahlinn. Er
starb auch an eben dem Tage. Jch will meinen
Schmerz über seinen Tod nicht beschreiben. Er
war ein Beweis der zärtlichsten Liebe und bis zur
Ausschweifung groß. Jch fand eine Wollust
in meinen Thränen, die mich viele Wochen an
keine Beruhigung denken ließ, und Amalie klagte
mit mir, an Statt, daß sie mich trösten sollte.
R - - mußte die meiste Zeit über das Bette
hüten, und auch dieses vermehrte meinen Schmerz:
Steeley allein sann auf meine Ruhe und nöthig-
te mich, da die beste Zeit des Jahres verstrichen
war, mit ihm nach London zurück zu kehren.

Das erste, was mir da wieder begegnete, war
ein Vorfall mit dem Prinzen. Er war im Be-
griffe von London wegzugehn, und wagte es in
Roberts Gesellschaft bey unsrer Ankunft mir die
Condolenz abzustatten. Er wiederholte seinen
Besuch binnen zwey Tagen etliche mal und be-
gehrte, daß ich ihm eine Bittschrift an den Kö-
nig mitgeben und um die Ersetzung der eingezo-
genen Güter meines Gemahls anhalten sollte.
Jch gab ihm eine, bloß um ihn nicht zu beleidi-
gen. Noch an eben dem Tage erhielt ich einen
Besuch von dem Staatssecretair. Jch will ih-
nen, fieng er nach etlichen Complimenten an, die
Ursache meines Besuchs kurz entdecken. Jch
bin ein Abgeordneter des Prinzen, und ich weis
nicht, ob sie mich ohne Unwillen anhören werden.
Wissen sie, daß ihm seine Gemahlinn vor etlichen

Jahren

Graͤfinn von G**
ſchwer, aber ench und meine Freunde zu verlaſſen,
das iſt bitter. Jch ſterbe; und ihnen, mein lieber
R ‒ ‒ uͤberlaſſe ich meine Gemahlinn. Er
ſtarb auch an eben dem Tage. Jch will meinen
Schmerz uͤber ſeinen Tod nicht beſchreiben. Er
war ein Beweis der zaͤrtlichſten Liebe und bis zur
Ausſchweifung groß. Jch fand eine Wolluſt
in meinen Thraͤnen, die mich viele Wochen an
keine Beruhigung denken ließ, und Amalie klagte
mit mir, an Statt, daß ſie mich troͤſten ſollte.
R ‒ ‒ mußte die meiſte Zeit uͤber das Bette
huͤten, und auch dieſes vermehrte meinen Schmerz:
Steeley allein ſann auf meine Ruhe und noͤthig-
te mich, da die beſte Zeit des Jahres verſtrichen
war, mit ihm nach London zuruͤck zu kehren.

Das erſte, was mir da wieder begegnete, war
ein Vorfall mit dem Prinzen. Er war im Be-
griffe von London wegzugehn, und wagte es in
Roberts Geſellſchaft bey unſrer Ankunft mir die
Condolenz abzuſtatten. Er wiederholte ſeinen
Beſuch binnen zwey Tagen etliche mal und be-
gehrte, daß ich ihm eine Bittſchrift an den Koͤ-
nig mitgeben und um die Erſetzung der eingezo-
genen Guͤter meines Gemahls anhalten ſollte.
Jch gab ihm eine, bloß um ihn nicht zu beleidi-
gen. Noch an eben dem Tage erhielt ich einen
Beſuch von dem Staatsſecretair. Jch will ih-
nen, fieng er nach etlichen Complimenten an, die
Urſache meines Beſuchs kurz entdecken. Jch
bin ein Abgeordneter des Prinzen, und ich weis
nicht, ob ſie mich ohne Unwillen anhoͤren werden.
Wiſſen ſie, daß ihm ſeine Gemahlinn vor etlichen

Jahren
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[135/0135] Graͤfinn von G** ſchwer, aber ench und meine Freunde zu verlaſſen, das iſt bitter. Jch ſterbe; und ihnen, mein lieber R ‒ ‒ uͤberlaſſe ich meine Gemahlinn. Er ſtarb auch an eben dem Tage. Jch will meinen Schmerz uͤber ſeinen Tod nicht beſchreiben. Er war ein Beweis der zaͤrtlichſten Liebe und bis zur Ausſchweifung groß. Jch fand eine Wolluſt in meinen Thraͤnen, die mich viele Wochen an keine Beruhigung denken ließ, und Amalie klagte mit mir, an Statt, daß ſie mich troͤſten ſollte. R ‒ ‒ mußte die meiſte Zeit uͤber das Bette huͤten, und auch dieſes vermehrte meinen Schmerz: Steeley allein ſann auf meine Ruhe und noͤthig- te mich, da die beſte Zeit des Jahres verſtrichen war, mit ihm nach London zuruͤck zu kehren. Das erſte, was mir da wieder begegnete, war ein Vorfall mit dem Prinzen. Er war im Be- griffe von London wegzugehn, und wagte es in Roberts Geſellſchaft bey unſrer Ankunft mir die Condolenz abzuſtatten. Er wiederholte ſeinen Beſuch binnen zwey Tagen etliche mal und be- gehrte, daß ich ihm eine Bittſchrift an den Koͤ- nig mitgeben und um die Erſetzung der eingezo- genen Guͤter meines Gemahls anhalten ſollte. Jch gab ihm eine, bloß um ihn nicht zu beleidi- gen. Noch an eben dem Tage erhielt ich einen Beſuch von dem Staatsſecretair. Jch will ih- nen, fieng er nach etlichen Complimenten an, die Urſache meines Beſuchs kurz entdecken. Jch bin ein Abgeordneter des Prinzen, und ich weis nicht, ob ſie mich ohne Unwillen anhoͤren werden. Wiſſen ſie, daß ihm ſeine Gemahlinn vor etlichen Jahren

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/135>, abgerufen am 21.11.2024.