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George, Stefan: Das Jahr der Seele. Berlin, 1897.

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Die reichsten schätze lernet frei verschwenden
Wie nach den langen strahlen auf verdorrte
Gewächse sollet ihr am frohen orte
Den heissen gliedern milden regen spenden
Gedenkt vom schönsten pflückend was hier sprosset
Wenn süss und schwül die dämmrungssterne blicken
Wenn glühn und dunkeln wechselnd euch bestricken
Dass ihr soviel verliehen ist genosset
Und thörig nennt als übel zu befahren
Dass ihr in euch schon ferne bilder küsstet
Und dass ihr niemals zu versöhnen wüsstet
Den kuss im traum empfangen und den wahren.

Wenn von den eichen erste morgenkühle
Die feuchten perlen uns ins antlitz blies
So knirrte auf dem pfad der spitze kies
Erinnerte die schweigenden gefühle
Und auch die eigene stimme schien dir rauh
Wenn du im takt verwandter pulse bangen
Vernahmst die enger zu den deinen drangen
Und laues schmiegen trocknete den tau.

Ruhm diesen wipfeln dieser farbenflur
Sie lehrten uns das glück in seinem flüchten
Zu streifen und es bleibt noch zarte spur
An unsrer hand wie schmelz von reifen früchten

Die reichsten schätze lernet frei verschwenden
Wie nach den langen strahlen auf verdorrte
Gewächse sollet ihr am frohen orte
Den heissen gliedern milden regen spenden
Gedenkt vom schönsten pflückend was hier sprosset
Wenn süss und schwül die dämmrungssterne blicken
Wenn glühn und dunkeln wechselnd euch bestricken
Dass ihr soviel verliehen ist genosset
Und thörig nennt als übel zu befahren
Dass ihr in euch schon ferne bilder küsstet
Und dass ihr niemals zu versöhnen wüsstet
Den kuss im traum empfangen und den wahren.

Wenn von den eichen erste morgenkühle
Die feuchten perlen uns ins antlitz blies
So knirrte auf dem pfad der spitze kies
Erinnerte die schweigenden gefühle
Und auch die eigene stimme schien dir rauh
Wenn du im takt verwandter pulse bangen
Vernahmst die enger zu den deinen drangen
Und laues schmiegen trocknete den tau.

Ruhm diesen wipfeln dieser farbenflur
Sie lehrten uns das glück in seinem flüchten
Zu streifen und es bleibt noch zarte spur
An unsrer hand wie schmelz von reifen früchten

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[0025] Die reichsten schätze lernet frei verschwenden Wie nach den langen strahlen auf verdorrte Gewächse sollet ihr am frohen orte Den heissen gliedern milden regen spenden Gedenkt vom schönsten pflückend was hier sprosset Wenn süss und schwül die dämmrungssterne blicken Wenn glühn und dunkeln wechselnd euch bestricken Dass ihr soviel verliehen ist genosset Und thörig nennt als übel zu befahren Dass ihr in euch schon ferne bilder küsstet Und dass ihr niemals zu versöhnen wüsstet Den kuss im traum empfangen und den wahren. Wenn von den eichen erste morgenkühle Die feuchten perlen uns ins antlitz blies So knirrte auf dem pfad der spitze kies Erinnerte die schweigenden gefühle Und auch die eigene stimme schien dir rauh Wenn du im takt verwandter pulse bangen Vernahmst die enger zu den deinen drangen Und laues schmiegen trocknete den tau. Ruhm diesen wipfeln dieser farbenflur Sie lehrten uns das glück in seinem flüchten Zu streifen und es bleibt noch zarte spur An unsrer hand wie schmelz von reifen früchten

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Zitationshilfe: George, Stefan: Das Jahr der Seele. Berlin, 1897, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/george_seele_1897/25>, abgerufen am 05.05.2024.