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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 48. Die Verordnungen.
wird ein bedeutender Theil der Gesetzgebung, d. h. der
staatlichen Festsetzung allgemeiner Normen von der
Nothwendigkeit ständischer Zustimmung ausgenommen,
so dass man dann Gesetze unterscheiden muss, welche
der Monarch nur mit, und Gesetze, welche er ohne Zu-
stimmung der Stände ertheilen kann. Die letzteren
kann man zum Unterschiede von jenen Verordnungen
nennen, aber sie sind ihrer inneren Kraft nach nicht
weniger wirkliche und wahre Gesetze.

Wo eine solche Beschränkung nicht ausgesprochen
ist, ist es unmöglich, das Gebiet des Gesetzes im for-
mellen Sinne des Worts durch eine aus der Natur der
Gegenstände genommene Gränze zu umschreiben; viel-
mehr wird die staatliche Aufstellung jedes selbständigen
Rechtssatzes über irgend welche der Staatsgewalt unter-
worfene Angelegenheiten in das Bereich des Gesetzes
zu stellen sein.2 Aber auch bei einer so umfassenden
Bestimmung des Gesetzesbegriffs wird eine Art von
Normirungen nicht mit ergriffen, welche ebenfalls nur

2 Es können alle möglichen Interessen in der Gesetzesform
bestimmt werden. Sobald ein Bedürfniss vorhanden ist, über eine
Angelegenheit in einer allgemein verbindlichen Weise dauernde
Regeln aufzustellen, ist der Gebrauch dieser Form zulässig, voraus-
gesetzt, dass diese Regeln sich nicht schon aus anderen bestehen-
den Normen ableiten lassen, sondern selbständig und neu sind.
Es können auch Angelegenheiten, welche seither durch einseitige
Verfügung des Monarchen erledigt, d. h. als Verwaltungssache
betrachtet wurden, durch die spätere Entwickelung des Staats-
lebens in die Sphäre des Gesetzes geschoben werden, z. B. Militär-
organisationen. Was aber einmal in Gesetzesform bestimmt
worden ist, gehört nun dieser Form für die Zukunft an. Darin
liegt bei der oft so schwierigen Gränzbestimmung zwischen Gesetz
und Verordnung bisweilen der zuverlässigste Anhaltepunkt.
10*

§. 48. Die Verordnungen.
wird ein bedeutender Theil der Gesetzgebung, d. h. der
staatlichen Festsetzung allgemeiner Normen von der
Nothwendigkeit ständischer Zustimmung ausgenommen,
so dass man dann Gesetze unterscheiden muss, welche
der Monarch nur mit, und Gesetze, welche er ohne Zu-
stimmung der Stände ertheilen kann. Die letzteren
kann man zum Unterschiede von jenen Verordnungen
nennen, aber sie sind ihrer inneren Kraft nach nicht
weniger wirkliche und wahre Gesetze.

Wo eine solche Beschränkung nicht ausgesprochen
ist, ist es unmöglich, das Gebiet des Gesetzes im for-
mellen Sinne des Worts durch eine aus der Natur der
Gegenstände genommene Gränze zu umschreiben; viel-
mehr wird die staatliche Aufstellung jedes selbständigen
Rechtssatzes über irgend welche der Staatsgewalt unter-
worfene Angelegenheiten in das Bereich des Gesetzes
zu stellen sein.2 Aber auch bei einer so umfassenden
Bestimmung des Gesetzesbegriffs wird eine Art von
Normirungen nicht mit ergriffen, welche ebenfalls nur

2 Es können alle möglichen Interessen in der Gesetzesform
bestimmt werden. Sobald ein Bedürfniss vorhanden ist, über eine
Angelegenheit in einer allgemein verbindlichen Weise dauernde
Regeln aufzustellen, ist der Gebrauch dieser Form zulässig, voraus-
gesetzt, dass diese Regeln sich nicht schon aus anderen bestehen-
den Normen ableiten lassen, sondern selbständig und neu sind.
Es können auch Angelegenheiten, welche seither durch einseitige
Verfügung des Monarchen erledigt, d. h. als Verwaltungssache
betrachtet wurden, durch die spätere Entwickelung des Staats-
lebens in die Sphäre des Gesetzes geschoben werden, z. B. Militär-
organisationen. Was aber einmal in Gesetzesform bestimmt
worden ist, gehört nun dieser Form für die Zukunft an. Darin
liegt bei der oft so schwierigen Gränzbestimmung zwischen Gesetz
und Verordnung bisweilen der zuverlässigste Anhaltepunkt.
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[147/0165] §. 48. Die Verordnungen. wird ein bedeutender Theil der Gesetzgebung, d. h. der staatlichen Festsetzung allgemeiner Normen von der Nothwendigkeit ständischer Zustimmung ausgenommen, so dass man dann Gesetze unterscheiden muss, welche der Monarch nur mit, und Gesetze, welche er ohne Zu- stimmung der Stände ertheilen kann. Die letzteren kann man zum Unterschiede von jenen Verordnungen nennen, aber sie sind ihrer inneren Kraft nach nicht weniger wirkliche und wahre Gesetze. Wo eine solche Beschränkung nicht ausgesprochen ist, ist es unmöglich, das Gebiet des Gesetzes im for- mellen Sinne des Worts durch eine aus der Natur der Gegenstände genommene Gränze zu umschreiben; viel- mehr wird die staatliche Aufstellung jedes selbständigen Rechtssatzes über irgend welche der Staatsgewalt unter- worfene Angelegenheiten in das Bereich des Gesetzes zu stellen sein. 2 Aber auch bei einer so umfassenden Bestimmung des Gesetzesbegriffs wird eine Art von Normirungen nicht mit ergriffen, welche ebenfalls nur 2 Es können alle möglichen Interessen in der Gesetzesform bestimmt werden. Sobald ein Bedürfniss vorhanden ist, über eine Angelegenheit in einer allgemein verbindlichen Weise dauernde Regeln aufzustellen, ist der Gebrauch dieser Form zulässig, voraus- gesetzt, dass diese Regeln sich nicht schon aus anderen bestehen- den Normen ableiten lassen, sondern selbständig und neu sind. Es können auch Angelegenheiten, welche seither durch einseitige Verfügung des Monarchen erledigt, d. h. als Verwaltungssache betrachtet wurden, durch die spätere Entwickelung des Staats- lebens in die Sphäre des Gesetzes geschoben werden, z. B. Militär- organisationen. Was aber einmal in Gesetzesform bestimmt worden ist, gehört nun dieser Form für die Zukunft an. Darin liegt bei der oft so schwierigen Gränzbestimmung zwischen Gesetz und Verordnung bisweilen der zuverlässigste Anhaltepunkt. 10*

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/165>, abgerufen am 23.11.2024.