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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 60. Individualrechte.
3. Rechtsschutz staatsrechtlicher Individualrechte.
§. 60.

Staatsrechtliche Individualrechte sind Rechte staats-
rechtlichen Inhalts, welche einem individuellen Subjecte
mit dem Character erworbener Rechte zustehen, -- im
Gegensatze des bloss aus der Anwendung allgemeiner
Gesetze abgeleiteten Rechtszustands einer Person. Es
leuchtet ein, dass es diesen Rechten an einem beson-
deren Rechtsschutze nicht fehlen darf, aber eine allge-
meine Theorie darüber lässt sich nicht aufstellen; viel-
mehr sind die einzelnen Arten solcher Rechte rücksicht-
lich der Frage des Rechtsschutzes besonders zu behan-
deln. Die wichtigsten sind folgende.

1. Das Recht des Monarchen findet im inneren
Staatsleben seinen Schutz in der Gesammtheit der Mit-
tel, welche dem Staatsoberhaupte zu Gebote stehen,
um dem Inhalte der Verfassung Anerkennung zu ver-
schaffen. Für den Schutz der persönlichen Majestäts-
rechte ist durch besondere Strafrechtssätze gesorgt.

2. Der Anspruch einer fürstlichen Person auf Zu-
lassung zur Thronfolge ist als ein Parteistreit gegen-
über einem oder mehreren anderen Prätendenten, dann
aber auch als ein Streit zwischen dem Prätendenten und
den Ständen eines Landes denkbar. So sehr nun derartige
Ansprüche vermöge ihres Characters als individualisirter
subjectiver Rechte eine Behandlung in der Form des civil-
processualischen Verfahrens zu fordern scheinen, so fehlt
es doch in Deutschland an einem ordentlichen Gerichte,
welches zu erkennen berufen wäre. Die Landesgerichte

§. 60. Individualrechte.
3. Rechtsschutz staatsrechtlicher Individualrechte.
§. 60.

Staatsrechtliche Individualrechte sind Rechte staats-
rechtlichen Inhalts, welche einem individuellen Subjecte
mit dem Character erworbener Rechte zustehen, — im
Gegensatze des bloss aus der Anwendung allgemeiner
Gesetze abgeleiteten Rechtszustands einer Person. Es
leuchtet ein, dass es diesen Rechten an einem beson-
deren Rechtsschutze nicht fehlen darf, aber eine allge-
meine Theorie darüber lässt sich nicht aufstellen; viel-
mehr sind die einzelnen Arten solcher Rechte rücksicht-
lich der Frage des Rechtsschutzes besonders zu behan-
deln. Die wichtigsten sind folgende.

1. Das Recht des Monarchen findet im inneren
Staatsleben seinen Schutz in der Gesammtheit der Mit-
tel, welche dem Staatsoberhaupte zu Gebote stehen,
um dem Inhalte der Verfassung Anerkennung zu ver-
schaffen. Für den Schutz der persönlichen Majestäts-
rechte ist durch besondere Strafrechtssätze gesorgt.

2. Der Anspruch einer fürstlichen Person auf Zu-
lassung zur Thronfolge ist als ein Parteistreit gegen-
über einem oder mehreren anderen Prätendenten, dann
aber auch als ein Streit zwischen dem Prätendenten und
den Ständen eines Landes denkbar. So sehr nun derartige
Ansprüche vermöge ihres Characters als individualisirter
subjectiver Rechte eine Behandlung in der Form des civil-
processualischen Verfahrens zu fordern scheinen, so fehlt
es doch in Deutschland an einem ordentlichen Gerichte,
welches zu erkennen berufen wäre. Die Landesgerichte

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[191/0209] §. 60. Individualrechte. 3. Rechtsschutz staatsrechtlicher Individualrechte. §. 60. Staatsrechtliche Individualrechte sind Rechte staats- rechtlichen Inhalts, welche einem individuellen Subjecte mit dem Character erworbener Rechte zustehen, — im Gegensatze des bloss aus der Anwendung allgemeiner Gesetze abgeleiteten Rechtszustands einer Person. Es leuchtet ein, dass es diesen Rechten an einem beson- deren Rechtsschutze nicht fehlen darf, aber eine allge- meine Theorie darüber lässt sich nicht aufstellen; viel- mehr sind die einzelnen Arten solcher Rechte rücksicht- lich der Frage des Rechtsschutzes besonders zu behan- deln. Die wichtigsten sind folgende. 1. Das Recht des Monarchen findet im inneren Staatsleben seinen Schutz in der Gesammtheit der Mit- tel, welche dem Staatsoberhaupte zu Gebote stehen, um dem Inhalte der Verfassung Anerkennung zu ver- schaffen. Für den Schutz der persönlichen Majestäts- rechte ist durch besondere Strafrechtssätze gesorgt. 2. Der Anspruch einer fürstlichen Person auf Zu- lassung zur Thronfolge ist als ein Parteistreit gegen- über einem oder mehreren anderen Prätendenten, dann aber auch als ein Streit zwischen dem Prätendenten und den Ständen eines Landes denkbar. So sehr nun derartige Ansprüche vermöge ihres Characters als individualisirter subjectiver Rechte eine Behandlung in der Form des civil- processualischen Verfahrens zu fordern scheinen, so fehlt es doch in Deutschland an einem ordentlichen Gerichte, welches zu erkennen berufen wäre. Die Landesgerichte

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/209>, abgerufen am 24.11.2024.