Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 20. Die Gemeinden. auf dem Gebiete des deutschen Staatslebens, dass dieseGegensätze in unserer Zeit ihre Versöhnung gefunden haben. Die Gemeinde ist eine corporative Verbindung von Es lässt sich nun nicht verkennen, dass die Arbeit 1 Bekanntlich gebührt das Verdienst der erstmaligen Auf-
stellung und Durchführung des richtigen Gesichtspunkts der preussischen Städteordnung vom 19. November 1808. Wieder- belebung des ganz erschlafften Bürgersinns! -- Fast in allen Staaten sind hierauf Gemeindeordnungen gegeben worden, welche mehr oder weniger als Nachbildungen derselben erscheinen. Aber doch weichen sie gar sehr von einander ab. Nicht einmal darüber herrscht Uebereinstimmung, ob Stadt und Land getrennt oder einer Ordnung unterstellt sein soll. §. 20. Die Gemeinden. auf dem Gebiete des deutschen Staatslebens, dass dieseGegensätze in unserer Zeit ihre Versöhnung gefunden haben. Die Gemeinde ist eine corporative Verbindung von Es lässt sich nun nicht verkennen, dass die Arbeit 1 Bekanntlich gebührt das Verdienst der erstmaligen Auf-
stellung und Durchführung des richtigen Gesichtspunkts der preussischen Städteordnung vom 19. November 1808. Wieder- belebung des ganz erschlafften Bürgersinns! — Fast in allen Staaten sind hierauf Gemeindeordnungen gegeben worden, welche mehr oder weniger als Nachbildungen derselben erscheinen. Aber doch weichen sie gar sehr von einander ab. Nicht einmal darüber herrscht Uebereinstimmung, ob Stadt und Land getrennt oder einer Ordnung unterstellt sein soll. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0073" n="55"/><fw place="top" type="header">§. 20. Die Gemeinden.</fw><lb/> auf dem Gebiete des deutschen Staatslebens, dass diese<lb/> Gegensätze in unserer Zeit ihre Versöhnung gefunden<lb/> haben.</p><lb/> <p>Die Gemeinde ist eine corporative Verbindung von<lb/> selbständigem Lebensinhalte; sie will die Interessen be-<lb/> friedigen, welche das nachbarschaftliche auf örtlicher<lb/> Ansiedelung beruhende Leben hervorbringt. Das von<lb/> den Vorfahren überkommene Corporationsvermögen er-<lb/> scheint als ein gestiftetes und der Zukunft zu bewahren-<lb/> des Gut, aus dessen Ertrage in Verbindung mit anderen<lb/> Einkünften (insbesondere den Gemeindesteuern) die Be-<lb/> dürfnisse des örtlichen Zusammenlebens in Rücksicht auf<lb/> äussere Ordnung, Cultur und öffentliche Wohlthätigkeit<lb/> bestritten werden sollen. In der Pflege und der ge-<lb/> deihlichen Förderung der hieraus hervorgehenden Ein-<lb/> richtungen und Anstalten und der Vermittelung des<lb/> hiervon abhängigen Wohlbefindens der einzelnen Ge-<lb/> meindeglieder beruht die wesentliche Aufgabe der Ge-<lb/> meindeverbindung.<note place="foot" n="1">Bekanntlich gebührt das Verdienst der erstmaligen Auf-<lb/> stellung und Durchführung des richtigen Gesichtspunkts der<lb/> preussischen Städteordnung vom 19. November 1808. Wieder-<lb/> belebung des ganz erschlafften Bürgersinns! — Fast in allen<lb/> Staaten sind hierauf Gemeindeordnungen gegeben worden, welche<lb/> mehr oder weniger als Nachbildungen derselben erscheinen. Aber<lb/> doch weichen sie gar sehr von einander ab. Nicht einmal darüber<lb/> herrscht Uebereinstimmung, ob Stadt und Land getrennt oder<lb/> einer Ordnung unterstellt sein soll.</note></p><lb/> <p>Es lässt sich nun nicht verkennen, dass die Arbeit<lb/> des Staats für das <hi rendition="#g">ganze Volk</hi> in mancher Beziehung<lb/> ähnlich ist und zum Theil mit derjenigen zusammen-<lb/> fällt, welche die Gemeinde in ihrem engeren Kreise zu<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0073]
§. 20. Die Gemeinden.
auf dem Gebiete des deutschen Staatslebens, dass diese
Gegensätze in unserer Zeit ihre Versöhnung gefunden
haben.
Die Gemeinde ist eine corporative Verbindung von
selbständigem Lebensinhalte; sie will die Interessen be-
friedigen, welche das nachbarschaftliche auf örtlicher
Ansiedelung beruhende Leben hervorbringt. Das von
den Vorfahren überkommene Corporationsvermögen er-
scheint als ein gestiftetes und der Zukunft zu bewahren-
des Gut, aus dessen Ertrage in Verbindung mit anderen
Einkünften (insbesondere den Gemeindesteuern) die Be-
dürfnisse des örtlichen Zusammenlebens in Rücksicht auf
äussere Ordnung, Cultur und öffentliche Wohlthätigkeit
bestritten werden sollen. In der Pflege und der ge-
deihlichen Förderung der hieraus hervorgehenden Ein-
richtungen und Anstalten und der Vermittelung des
hiervon abhängigen Wohlbefindens der einzelnen Ge-
meindeglieder beruht die wesentliche Aufgabe der Ge-
meindeverbindung. 1
Es lässt sich nun nicht verkennen, dass die Arbeit
des Staats für das ganze Volk in mancher Beziehung
ähnlich ist und zum Theil mit derjenigen zusammen-
fällt, welche die Gemeinde in ihrem engeren Kreise zu
1 Bekanntlich gebührt das Verdienst der erstmaligen Auf-
stellung und Durchführung des richtigen Gesichtspunkts der
preussischen Städteordnung vom 19. November 1808. Wieder-
belebung des ganz erschlafften Bürgersinns! — Fast in allen
Staaten sind hierauf Gemeindeordnungen gegeben worden, welche
mehr oder weniger als Nachbildungen derselben erscheinen. Aber
doch weichen sie gar sehr von einander ab. Nicht einmal darüber
herrscht Uebereinstimmung, ob Stadt und Land getrennt oder
einer Ordnung unterstellt sein soll.
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