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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 20. Die Gemeinden.
dem er die Verwaltung der Gemeinden seiner Aufsicht
unterwirft, dass sie in einem dem Gesammtinteresse
entsprechenden Sinne geführt werde.4

Daneben aber stellt der Staat noch mancherlei an-
dere Ansprüche an die Gemeinden. Allerdings be-
trachtet er sie auch jetzt noch als die natürlichen Ab-
theilungen und Gruppirungen des Volks; an sie und
ihre Vertreter und nicht an die gestaltlose Masse wen-
det sich vielfach seine Regierung zum Zwecke der
Durchführung allgemeiner Massregeln.5 Zugleich be-
traut er zweckmässig den Gemeindevorstand mit einer
Reihe staatlicher Functionen, insbesondere der örtlichen
Polizei, in deren Ausführung dieser unmittelbar im
Dienste des Staats handelt.6

treffen, wird den Gemeinden damit keine gesetzgebende Gewalt
verliehen. Die Natur der hierdurch nachgelassenen Dispositionen
kann jedoch nur im Einzelnen bestimmt werden.
4 In welchem Umfange diese Staatsaufsicht geübt werden soll,
-- das ist der Hauptpunkt der Verschiedenheit der particulären
Gemeindeordnungen. Bisweilen erscheint das Mass der Ver-
waltungsfreiheit abhängig von dem Masse der in der Ordnung
der Wahl der Gemeindebeamten enthaltenen Garantieen, so dass,
je unbegränzter das Wahlrecht, um so ausgedehnter die Staats-
aufsicht ist.
5 Ausser den Gemeinden giebt es wohl noch andere Gruppi-
rungen der Staatsbürger, welche als eigenthümlich ausgestattete
politische Körper auftreten, z. B. Kreis- oder Provinzialverbände,
in Württemberg die Amtscorporationen. Es ist nun eine Frage des
Particularrechts, ob solche Erscheinungen mehr der Stellung der
Gemeinden oder mehr der Stellung der Landstände analog zu
beurtheilen sind.
6 Sowohl die Gerichtsbarkeit, als die Polizei gehören nach
jetzigem deutschen Staatsrechte dem Staate, und werden, wenn
sie local der Gemeinde anvertraut sind, von dieser nicht als eigenes
Recht, sondern als Recht des Staats ausgeübt. Es ist diess nicht

§. 20. Die Gemeinden.
dem er die Verwaltung der Gemeinden seiner Aufsicht
unterwirft, dass sie in einem dem Gesammtinteresse
entsprechenden Sinne geführt werde.4

Daneben aber stellt der Staat noch mancherlei an-
dere Ansprüche an die Gemeinden. Allerdings be-
trachtet er sie auch jetzt noch als die natürlichen Ab-
theilungen und Gruppirungen des Volks; an sie und
ihre Vertreter und nicht an die gestaltlose Masse wen-
det sich vielfach seine Regierung zum Zwecke der
Durchführung allgemeiner Massregeln.5 Zugleich be-
traut er zweckmässig den Gemeindevorstand mit einer
Reihe staatlicher Functionen, insbesondere der örtlichen
Polizei, in deren Ausführung dieser unmittelbar im
Dienste des Staats handelt.6

treffen, wird den Gemeinden damit keine gesetzgebende Gewalt
verliehen. Die Natur der hierdurch nachgelassenen Dispositionen
kann jedoch nur im Einzelnen bestimmt werden.
4 In welchem Umfange diese Staatsaufsicht geübt werden soll,
— das ist der Hauptpunkt der Verschiedenheit der particulären
Gemeindeordnungen. Bisweilen erscheint das Mass der Ver-
waltungsfreiheit abhängig von dem Masse der in der Ordnung
der Wahl der Gemeindebeamten enthaltenen Garantieen, so dass,
je unbegränzter das Wahlrecht, um so ausgedehnter die Staats-
aufsicht ist.
5 Ausser den Gemeinden giebt es wohl noch andere Gruppi-
rungen der Staatsbürger, welche als eigenthümlich ausgestattete
politische Körper auftreten, z. B. Kreis- oder Provinzialverbände,
in Württemberg die Amtscorporationen. Es ist nun eine Frage des
Particularrechts, ob solche Erscheinungen mehr der Stellung der
Gemeinden oder mehr der Stellung der Landstände analog zu
beurtheilen sind.
6 Sowohl die Gerichtsbarkeit, als die Polizei gehören nach
jetzigem deutschen Staatsrechte dem Staate, und werden, wenn
sie local der Gemeinde anvertraut sind, von dieser nicht als eigenes
Recht, sondern als Recht des Staats ausgeübt. Es ist diess nicht
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[57/0075] §. 20. Die Gemeinden. dem er die Verwaltung der Gemeinden seiner Aufsicht unterwirft, dass sie in einem dem Gesammtinteresse entsprechenden Sinne geführt werde. 4 Daneben aber stellt der Staat noch mancherlei an- dere Ansprüche an die Gemeinden. Allerdings be- trachtet er sie auch jetzt noch als die natürlichen Ab- theilungen und Gruppirungen des Volks; an sie und ihre Vertreter und nicht an die gestaltlose Masse wen- det sich vielfach seine Regierung zum Zwecke der Durchführung allgemeiner Massregeln. 5 Zugleich be- traut er zweckmässig den Gemeindevorstand mit einer Reihe staatlicher Functionen, insbesondere der örtlichen Polizei, in deren Ausführung dieser unmittelbar im Dienste des Staats handelt. 6 3 4 In welchem Umfange diese Staatsaufsicht geübt werden soll, — das ist der Hauptpunkt der Verschiedenheit der particulären Gemeindeordnungen. Bisweilen erscheint das Mass der Ver- waltungsfreiheit abhängig von dem Masse der in der Ordnung der Wahl der Gemeindebeamten enthaltenen Garantieen, so dass, je unbegränzter das Wahlrecht, um so ausgedehnter die Staats- aufsicht ist. 5 Ausser den Gemeinden giebt es wohl noch andere Gruppi- rungen der Staatsbürger, welche als eigenthümlich ausgestattete politische Körper auftreten, z. B. Kreis- oder Provinzialverbände, in Württemberg die Amtscorporationen. Es ist nun eine Frage des Particularrechts, ob solche Erscheinungen mehr der Stellung der Gemeinden oder mehr der Stellung der Landstände analog zu beurtheilen sind. 6 Sowohl die Gerichtsbarkeit, als die Polizei gehören nach jetzigem deutschen Staatsrechte dem Staate, und werden, wenn sie local der Gemeinde anvertraut sind, von dieser nicht als eigenes Recht, sondern als Recht des Staats ausgeübt. Es ist diess nicht 3 treffen, wird den Gemeinden damit keine gesetzgebende Gewalt verliehen. Die Natur der hierdurch nachgelassenen Dispositionen kann jedoch nur im Einzelnen bestimmt werden.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/75>, abgerufen am 04.12.2024.