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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Erster Abschnitt. Geschichtliches.
nannte, für legitim erklärt, und weil, wie schon erwähnt die Nord-
staaten die Seegewalt errangen, mithin auch auf der See die Angreifer
waren, so ist es erklärlich, daß die Verluste durch Seeminen fast aus-
schließlich ihre Schiffe betrafen.

So sind denn nicht weniger als 37 Fälle zu verzeichnen, bei
denen der Torpedo eine meist erfolgreiche Rolle gespielt hat.

Es darf indessen nicht vergessen werden, daß die weitaus
größte Zahl dieser Vorkommnisse sich auf ausgedehnten Flußrevieren
abgespielt hat, auf denen es leichter sein dürfte, Minensperren
dann und so zu legen, daß sie der Aufmerksamkeit des Angreifers
entgehen.

Es muß in Betracht gezogen werden, daß die Angreifer erst
Erfahrungen sammeln mußten, wie dem neuen Vertheidigungsmittel
zu begegnen war. Man muß bedenken, daß viele, wenn nicht die
meisten Schiffe der Nordstaaten nicht daraufhin konstruirt waren,
Unterwasserexplosionen aushalten zu können, und daß es keine Abwehr-
mittel gab; man muß von der obengenannten Zahl zwei Fälle ab-
rechnen, in denen durch Unerfahrenheit in der Behandlung die Minen
nicht dem Feinde schädlich wurden, sondern ihre Wirkung gegen den
Vertheidiger selbst richteten,*) und man darf schließlich zwei weitere
Fälle außer Betracht lassen, bei denen von den Südstaaten ein
schnödes Mittel angewendet wurde, um den Schiffen der Nordstaaten
Schaden zuzufügen. Letztere beiden Fälle mögen hier gleich vorweg
genommen werden. Es waren dies die Affaire von City Point und
der Untergang des Nordstaaten-Kanonenbootes "Greyhound" auf dem
James River.

Ersterer Fall betrifft die Anwendung einer sogenannten Höllen-
maschine. Die Schiffe der Nordstaaten nahmen in City Point
Munition ein. Ein Arbeiter mischte sich unter die Mannschaften,
setzte inmitten der großen Menge von Munition ein Packet nieder
und entfernte sich. Das Packet explodirte, brachte einen Theil der
Munition ebenfalls zur Detonation und bewirkte einen sehr großen
Verlust an Menschenleben und Material. Die Zahl der Todten und
Verwundeten konnte nicht festgestellt werden. Man thäte Unrecht,
wenn man die hier gebrauchte Höllenmaschine, welche sowohl früher

*) Die Konföderirten-Dampfer "Marion" und "Ettiwa" gingen beim
Minenlegen verloren.

Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches.
nannte, für legitim erklärt, und weil, wie ſchon erwähnt die Nord-
ſtaaten die Seegewalt errangen, mithin auch auf der See die Angreifer
waren, ſo iſt es erklärlich, daß die Verluſte durch Seeminen faſt aus-
ſchließlich ihre Schiffe betrafen.

So ſind denn nicht weniger als 37 Fälle zu verzeichnen, bei
denen der Torpedo eine meiſt erfolgreiche Rolle geſpielt hat.

Es darf indeſſen nicht vergeſſen werden, daß die weitaus
größte Zahl dieſer Vorkommniſſe ſich auf ausgedehnten Flußrevieren
abgeſpielt hat, auf denen es leichter ſein dürfte, Minenſperren
dann und ſo zu legen, daß ſie der Aufmerkſamkeit des Angreifers
entgehen.

Es muß in Betracht gezogen werden, daß die Angreifer erſt
Erfahrungen ſammeln mußten, wie dem neuen Vertheidigungsmittel
zu begegnen war. Man muß bedenken, daß viele, wenn nicht die
meiſten Schiffe der Nordſtaaten nicht daraufhin konſtruirt waren,
Unterwaſſerexploſionen aushalten zu können, und daß es keine Abwehr-
mittel gab; man muß von der obengenannten Zahl zwei Fälle ab-
rechnen, in denen durch Unerfahrenheit in der Behandlung die Minen
nicht dem Feinde ſchädlich wurden, ſondern ihre Wirkung gegen den
Vertheidiger ſelbſt richteten,*) und man darf ſchließlich zwei weitere
Fälle außer Betracht laſſen, bei denen von den Südſtaaten ein
ſchnödes Mittel angewendet wurde, um den Schiffen der Nordſtaaten
Schaden zuzufügen. Letztere beiden Fälle mögen hier gleich vorweg
genommen werden. Es waren dies die Affaire von City Point und
der Untergang des Nordſtaaten-Kanonenbootes „Greyhound“ auf dem
James River.

Erſterer Fall betrifft die Anwendung einer ſogenannten Höllen-
maſchine. Die Schiffe der Nordſtaaten nahmen in City Point
Munition ein. Ein Arbeiter miſchte ſich unter die Mannſchaften,
ſetzte inmitten der großen Menge von Munition ein Packet nieder
und entfernte ſich. Das Packet explodirte, brachte einen Theil der
Munition ebenfalls zur Detonation und bewirkte einen ſehr großen
Verluſt an Menſchenleben und Material. Die Zahl der Todten und
Verwundeten konnte nicht feſtgeſtellt werden. Man thäte Unrecht,
wenn man die hier gebrauchte Höllenmaſchine, welche ſowohl früher

*) Die Konföderirten-Dampfer „Marion“ und „Ettiwa“ gingen beim
Minenlegen verloren.
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[8/0022] Erſter Abſchnitt. Geſchichtliches. nannte, für legitim erklärt, und weil, wie ſchon erwähnt die Nord- ſtaaten die Seegewalt errangen, mithin auch auf der See die Angreifer waren, ſo iſt es erklärlich, daß die Verluſte durch Seeminen faſt aus- ſchließlich ihre Schiffe betrafen. So ſind denn nicht weniger als 37 Fälle zu verzeichnen, bei denen der Torpedo eine meiſt erfolgreiche Rolle geſpielt hat. Es darf indeſſen nicht vergeſſen werden, daß die weitaus größte Zahl dieſer Vorkommniſſe ſich auf ausgedehnten Flußrevieren abgeſpielt hat, auf denen es leichter ſein dürfte, Minenſperren dann und ſo zu legen, daß ſie der Aufmerkſamkeit des Angreifers entgehen. Es muß in Betracht gezogen werden, daß die Angreifer erſt Erfahrungen ſammeln mußten, wie dem neuen Vertheidigungsmittel zu begegnen war. Man muß bedenken, daß viele, wenn nicht die meiſten Schiffe der Nordſtaaten nicht daraufhin konſtruirt waren, Unterwaſſerexploſionen aushalten zu können, und daß es keine Abwehr- mittel gab; man muß von der obengenannten Zahl zwei Fälle ab- rechnen, in denen durch Unerfahrenheit in der Behandlung die Minen nicht dem Feinde ſchädlich wurden, ſondern ihre Wirkung gegen den Vertheidiger ſelbſt richteten, *) und man darf ſchließlich zwei weitere Fälle außer Betracht laſſen, bei denen von den Südſtaaten ein ſchnödes Mittel angewendet wurde, um den Schiffen der Nordſtaaten Schaden zuzufügen. Letztere beiden Fälle mögen hier gleich vorweg genommen werden. Es waren dies die Affaire von City Point und der Untergang des Nordſtaaten-Kanonenbootes „Greyhound“ auf dem James River. Erſterer Fall betrifft die Anwendung einer ſogenannten Höllen- maſchine. Die Schiffe der Nordſtaaten nahmen in City Point Munition ein. Ein Arbeiter miſchte ſich unter die Mannſchaften, ſetzte inmitten der großen Menge von Munition ein Packet nieder und entfernte ſich. Das Packet explodirte, brachte einen Theil der Munition ebenfalls zur Detonation und bewirkte einen ſehr großen Verluſt an Menſchenleben und Material. Die Zahl der Todten und Verwundeten konnte nicht feſtgeſtellt werden. Man thäte Unrecht, wenn man die hier gebrauchte Höllenmaſchine, welche ſowohl früher *) Die Konföderirten-Dampfer „Marion“ und „Ettiwa“ gingen beim Minenlegen verloren.

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/22>, abgerufen am 21.11.2024.