Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.schlossen sich jetzt alle Maoris, auch die früher lässigen, an; es ist besser, hiess es, fürs Vaterland zu sterben, als unterjocht von Fremden zu leben. Auch im englischen Parlament erhoben sich Stimmen für sie, so vor allen die Martins, des Bischofs von Aukland. William Thompson war alleiniger Anführer dieses Krieges und seiner Stelle sehr gewachsen; denn der Kampf, der von den Maoris hauptsächlich als Guerillakrieg geführt wurde, konnte nur durch die englischen Kanonen und die englische Uebermacht (1861 hatten die Engländer 12,000 Mann zusammen) mehr und mehr zu Gunsten der Engländer gewendet werden. Indess kam es durch Einfluss der Missionäre und durch den an Brownes Stelle gesandten Lord Grey zur friedlichen Vermittlung. Wir sehen also auch hier Anfänge, bedeutend genug, um in kurzer Zeit die Gründe, auf welchen wir das Aussterben der neuseeländischen Eingeborenen beruhend fanden, zu beseitigen. Es ist sehr traurig, dass diese nationale Erhebung von englischer Seite gleich im Anfang geknickt oder wenigstens gehemmt ist: doch ist die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sie abermals auch diesen Stoss überwinden wird. Die Hauptsache wird sein, dass sie selber Muth und Zuversicht gewinnen, dann werden sie die Kultur sich nicht bloss äusserlich und auf eine Weise, die ihnen nur schadet, aneignen, sondern sie werden sich, da sie stets sich sehr fähig gezeigt haben, an ihr emporheben und ein neues Leben zu führen im Stande sein. Zu dieser Hoffnung berechtigt auch die innige Religiosität, welche die meisten der neu und wahrhaft Bekehrten zeigen. Ob sie aber auch in diesem Falle später nicht einmal durch Vermischung mit den Weissen aufhören als Nationalität zu existiren? Ein solches Aufgehen würde indess nur erfreulich sein, denn es bewiese zugleich, dass auch die Engländer der Kolonie von ihrem starren Racenhochmuth nachgelassen hätten. In Tonga nun, wo von jeher die Sitten strenger waren und namentlich nie diese Lüderlichkeit herrschte, welche in Polynesien an anderen Punkten so gefährlich wirkte; wo man mit dem Menschenleben, wenigstens jetzt und schon seit längerer Zeit, nicht so verschwenderisch umging, ist ein Sinken der Volkszahl nicht eingetreten. Das Christenthum hat die Monogamie durchgesetzt und so ist denn trotz der vielen Kriege, welche die Einführung des Christenthums und die Befestigung der Königsherrschaft mit sich brachte, die Bevölkerung, die sich im Allgemeinen einer sehr guten Gesundheit erfreut, im Wachsen (Erskine 160-61). Die Bevölkerung von Samoa schätzt Erskine (104) auf etwa 37,000 Seelen, doch glaubt er, dass sie abnehme (a.a.O. u. 60). Auch Turner erwähnt die grosse Sterblichkeit der Kinder daselbst, welche durch thörichte Behandlung derselben vor und bei der ersten Nahrung veranlasst wird. Seitdem aber jetzt die Missionäre günstig wirken, die Polygamie abgeschafft und ausschweifende Lebensweise schlossen sich jetzt alle Maoris, auch die früher lässigen, an; es ist besser, hiess es, fürs Vaterland zu sterben, als unterjocht von Fremden zu leben. Auch im englischen Parlament erhoben sich Stimmen für sie, so vor allen die Martins, des Bischofs von Aukland. William Thompson war alleiniger Anführer dieses Krieges und seiner Stelle sehr gewachsen; denn der Kampf, der von den Maoris hauptsächlich als Guerillakrieg geführt wurde, konnte nur durch die englischen Kanonen und die englische Uebermacht (1861 hatten die Engländer 12,000 Mann zusammen) mehr und mehr zu Gunsten der Engländer gewendet werden. Indess kam es durch Einfluss der Missionäre und durch den an Brownes Stelle gesandten Lord Grey zur friedlichen Vermittlung. Wir sehen also auch hier Anfänge, bedeutend genug, um in kurzer Zeit die Gründe, auf welchen wir das Aussterben der neuseeländischen Eingeborenen beruhend fanden, zu beseitigen. Es ist sehr traurig, dass diese nationale Erhebung von englischer Seite gleich im Anfang geknickt oder wenigstens gehemmt ist: doch ist die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sie abermals auch diesen Stoss überwinden wird. Die Hauptsache wird sein, dass sie selber Muth und Zuversicht gewinnen, dann werden sie die Kultur sich nicht bloss äusserlich und auf eine Weise, die ihnen nur schadet, aneignen, sondern sie werden sich, da sie stets sich sehr fähig gezeigt haben, an ihr emporheben und ein neues Leben zu führen im Stande sein. Zu dieser Hoffnung berechtigt auch die innige Religiosität, welche die meisten der neu und wahrhaft Bekehrten zeigen. Ob sie aber auch in diesem Falle später nicht einmal durch Vermischung mit den Weissen aufhören als Nationalität zu existiren? Ein solches Aufgehen würde indess nur erfreulich sein, denn es bewiese zugleich, dass auch die Engländer der Kolonie von ihrem starren Raçenhochmuth nachgelassen hätten. In Tonga nun, wo von jeher die Sitten strenger waren und namentlich nie diese Lüderlichkeit herrschte, welche in Polynesien an anderen Punkten so gefährlich wirkte; wo man mit dem Menschenleben, wenigstens jetzt und schon seit längerer Zeit, nicht so verschwenderisch umging, ist ein Sinken der Volkszahl nicht eingetreten. Das Christenthum hat die Monogamie durchgesetzt und so ist denn trotz der vielen Kriege, welche die Einführung des Christenthums und die Befestigung der Königsherrschaft mit sich brachte, die Bevölkerung, die sich im Allgemeinen einer sehr guten Gesundheit erfreut, im Wachsen (Erskine 160-61). Die Bevölkerung von Samoa schätzt Erskine (104) auf etwa 37,000 Seelen, doch glaubt er, dass sie abnehme (a.a.O. u. 60). Auch Turner erwähnt die grosse Sterblichkeit der Kinder daselbst, welche durch thörichte Behandlung derselben vor und bei der ersten Nahrung veranlasst wird. Seitdem aber jetzt die Missionäre günstig wirken, die Polygamie abgeschafft und ausschweifende Lebensweise <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142"/> schlossen sich jetzt alle Maoris, auch die früher lässigen, an; es ist besser, hiess es, fürs Vaterland zu sterben, als unterjocht von Fremden zu leben. Auch im englischen Parlament erhoben sich Stimmen für sie, so vor allen die Martins, des Bischofs von Aukland. William Thompson war alleiniger Anführer dieses Krieges und seiner Stelle sehr gewachsen; denn der Kampf, der von den Maoris hauptsächlich als Guerillakrieg geführt wurde, konnte nur durch die englischen Kanonen und die englische Uebermacht (1861 hatten die Engländer 12,000 Mann zusammen) mehr und mehr zu Gunsten der Engländer gewendet werden. Indess kam es durch Einfluss der Missionäre und durch den an Brownes Stelle gesandten Lord Grey zur friedlichen Vermittlung. Wir sehen also auch hier Anfänge, bedeutend genug, um in kurzer Zeit die Gründe, auf welchen wir das Aussterben der neuseeländischen Eingeborenen beruhend fanden, zu beseitigen. Es ist sehr traurig, dass diese nationale Erhebung von englischer Seite gleich im Anfang geknickt oder wenigstens gehemmt ist: doch ist die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sie abermals auch diesen Stoss überwinden wird. Die Hauptsache wird sein, dass sie selber Muth und Zuversicht gewinnen, dann werden sie die Kultur sich nicht bloss äusserlich und auf eine Weise, die ihnen nur schadet, aneignen, sondern sie werden sich, da sie stets sich sehr fähig gezeigt haben, an ihr emporheben und ein neues Leben zu führen im Stande sein. Zu dieser Hoffnung berechtigt auch die innige Religiosität, welche die meisten der neu und wahrhaft Bekehrten zeigen. Ob sie aber auch in diesem Falle später nicht einmal durch Vermischung mit den Weissen aufhören als Nationalität zu existiren? Ein solches Aufgehen würde indess nur erfreulich sein, denn es bewiese zugleich, dass auch die Engländer der Kolonie von ihrem starren Raçenhochmuth nachgelassen hätten.</p> <p>In Tonga nun, wo von jeher die Sitten strenger waren und namentlich nie diese Lüderlichkeit herrschte, welche in Polynesien an anderen Punkten so gefährlich wirkte; wo man mit dem Menschenleben, wenigstens jetzt und schon seit längerer Zeit, nicht so verschwenderisch umging, ist ein Sinken der Volkszahl nicht eingetreten. Das Christenthum hat die Monogamie durchgesetzt und so ist denn trotz der vielen Kriege, welche die Einführung des Christenthums und die Befestigung der Königsherrschaft mit sich brachte, die Bevölkerung, die sich im Allgemeinen einer sehr guten Gesundheit erfreut, im Wachsen (Erskine 160-61).</p> <p>Die Bevölkerung von Samoa schätzt Erskine (104) auf etwa 37,000 Seelen, doch glaubt er, dass sie abnehme (a.a.O. u. 60). Auch Turner erwähnt die grosse Sterblichkeit der Kinder daselbst, welche durch thörichte Behandlung derselben vor und bei der ersten Nahrung veranlasst wird. Seitdem aber jetzt die Missionäre günstig wirken, die Polygamie abgeschafft und ausschweifende Lebensweise </p> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
schlossen sich jetzt alle Maoris, auch die früher lässigen, an; es ist besser, hiess es, fürs Vaterland zu sterben, als unterjocht von Fremden zu leben. Auch im englischen Parlament erhoben sich Stimmen für sie, so vor allen die Martins, des Bischofs von Aukland. William Thompson war alleiniger Anführer dieses Krieges und seiner Stelle sehr gewachsen; denn der Kampf, der von den Maoris hauptsächlich als Guerillakrieg geführt wurde, konnte nur durch die englischen Kanonen und die englische Uebermacht (1861 hatten die Engländer 12,000 Mann zusammen) mehr und mehr zu Gunsten der Engländer gewendet werden. Indess kam es durch Einfluss der Missionäre und durch den an Brownes Stelle gesandten Lord Grey zur friedlichen Vermittlung. Wir sehen also auch hier Anfänge, bedeutend genug, um in kurzer Zeit die Gründe, auf welchen wir das Aussterben der neuseeländischen Eingeborenen beruhend fanden, zu beseitigen. Es ist sehr traurig, dass diese nationale Erhebung von englischer Seite gleich im Anfang geknickt oder wenigstens gehemmt ist: doch ist die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sie abermals auch diesen Stoss überwinden wird. Die Hauptsache wird sein, dass sie selber Muth und Zuversicht gewinnen, dann werden sie die Kultur sich nicht bloss äusserlich und auf eine Weise, die ihnen nur schadet, aneignen, sondern sie werden sich, da sie stets sich sehr fähig gezeigt haben, an ihr emporheben und ein neues Leben zu führen im Stande sein. Zu dieser Hoffnung berechtigt auch die innige Religiosität, welche die meisten der neu und wahrhaft Bekehrten zeigen. Ob sie aber auch in diesem Falle später nicht einmal durch Vermischung mit den Weissen aufhören als Nationalität zu existiren? Ein solches Aufgehen würde indess nur erfreulich sein, denn es bewiese zugleich, dass auch die Engländer der Kolonie von ihrem starren Raçenhochmuth nachgelassen hätten.
In Tonga nun, wo von jeher die Sitten strenger waren und namentlich nie diese Lüderlichkeit herrschte, welche in Polynesien an anderen Punkten so gefährlich wirkte; wo man mit dem Menschenleben, wenigstens jetzt und schon seit längerer Zeit, nicht so verschwenderisch umging, ist ein Sinken der Volkszahl nicht eingetreten. Das Christenthum hat die Monogamie durchgesetzt und so ist denn trotz der vielen Kriege, welche die Einführung des Christenthums und die Befestigung der Königsherrschaft mit sich brachte, die Bevölkerung, die sich im Allgemeinen einer sehr guten Gesundheit erfreut, im Wachsen (Erskine 160-61).
Die Bevölkerung von Samoa schätzt Erskine (104) auf etwa 37,000 Seelen, doch glaubt er, dass sie abnehme (a.a.O. u. 60). Auch Turner erwähnt die grosse Sterblichkeit der Kinder daselbst, welche durch thörichte Behandlung derselben vor und bei der ersten Nahrung veranlasst wird. Seitdem aber jetzt die Missionäre günstig wirken, die Polygamie abgeschafft und ausschweifende Lebensweise
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