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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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dianer" (eb. 287). "Die Christen wollen nicht arbeiten, sie sind Spieler, Bösewichter und Gotteslästerer," sagte ein Indianer von Nikaragua; auf die Antwort, so handelten nur die schlechten, erwiderte er: "wo sind denn die guten? ich wenigstens kenne nur schlechte" (Waitz 4, 280-81). Ein zweiter Grund, weshalb viele Naturvölker so schwer die Kultur, auch wenn sie ihnen friedlich naht, annehmen, liegt in ihren Gewöhnungen. Es muss hier nochmals auf die Kraft der Vererbung erinnert werden. Durch Jahrtausende langes Leben an ein unstätes Umherschweifen u. dergl. gewöhnt, wird es ihnen sehr schwer, so plötzlich die althergebrachte, tief in ihr leibliches und geistiges Wesen eingewachsene Lebensart zu ändern.



§ 21. Die afrikanischen Neger.

Wir müssen, um einem möglichen Einwand zu begegnen, noch einmal auf einen Umstand zurückkommen, den wir schon vorhin wenigstens berührten. Wie ist es zu erklären, dass die Neger nicht aussterben? Sie sind doch geplagt, gedrückt, gemisshandelt wie kein zweites Volk, der Heimath entrissen, oft ganz zum Lastthier herabgewürdigt -- und sie gedeihen doch. Der Hang der Neger zu Ausschweifungen ist bekannt; wie gefährlich ihre Kriege, die sie untereinander führen, für die Besiegten sind, wird nur zu deutlich durch die massenhaft fortgeschleppten Sklaven bewiesen: Menschenleben vergeuden auch sie ganz rücksichtslos, wofür schon der eine Name Dahomey als Beweis genügt. Und doch waren das dieselben Gründe, welche wir als das Aussterben der Naturvölker veranlassend annahmen. Wie kommt es, dass sie dort wirken und hier nicht? Muss man nicht doch also zu jenen Gründen noch einen hinzufügen und welcher könnte das sein, als mangelnde Lebenskraft oder sonst irgend etwas Geheimnissvolles? Aber trotzdem sind die Neger, nach einstimmigem Urtheil aller Forscher, die leiblich am wenigsten vollkommen organisirten Menschen, und es wäre doch seltsam, wenn höher stehende Völker mindere Lebenskraft hätten als sie.

Allein diese Annahme ist auch durchaus unnöthig. Die grössere Ausdauer des Negers beruht auf seinem anders gearteten Naturell, was wir zunächst nach der psychischen Seite hin verfolgen wollen. Vom Charakter des Negers ist jeder melancholische Zug ausgeschlossen. Jeder momentane Eindruck ist bei ihrer derb sinnlichen Natur so mächtig, dass der folgende den vorhergehenden sofort auslöscht, und so vergessen sie dadurch auch im tiefsten Elend ihre schlimme Lage rasch und gänzlich, wenn irgend eine plötzliche Anregung zur Lust über sie kommt. So zwingen sie die Sklavenhändler, um sie

dianer« (eb. 287). »Die Christen wollen nicht arbeiten, sie sind Spieler, Bösewichter und Gotteslästerer,« sagte ein Indianer von Nikaragua; auf die Antwort, so handelten nur die schlechten, erwiderte er: »wo sind denn die guten? ich wenigstens kenne nur schlechte« (Waitz 4, 280-81). Ein zweiter Grund, weshalb viele Naturvölker so schwer die Kultur, auch wenn sie ihnen friedlich naht, annehmen, liegt in ihren Gewöhnungen. Es muss hier nochmals auf die Kraft der Vererbung erinnert werden. Durch Jahrtausende langes Leben an ein unstätes Umherschweifen u. dergl. gewöhnt, wird es ihnen sehr schwer, so plötzlich die althergebrachte, tief in ihr leibliches und geistiges Wesen eingewachsene Lebensart zu ändern.



§ 21. Die afrikanischen Neger.

Wir müssen, um einem möglichen Einwand zu begegnen, noch einmal auf einen Umstand zurückkommen, den wir schon vorhin wenigstens berührten. Wie ist es zu erklären, dass die Neger nicht aussterben? Sie sind doch geplagt, gedrückt, gemisshandelt wie kein zweites Volk, der Heimath entrissen, oft ganz zum Lastthier herabgewürdigt — und sie gedeihen doch. Der Hang der Neger zu Ausschweifungen ist bekannt; wie gefährlich ihre Kriege, die sie untereinander führen, für die Besiegten sind, wird nur zu deutlich durch die massenhaft fortgeschleppten Sklaven bewiesen: Menschenleben vergeuden auch sie ganz rücksichtslos, wofür schon der eine Name Dahomey als Beweis genügt. Und doch waren das dieselben Gründe, welche wir als das Aussterben der Naturvölker veranlassend annahmen. Wie kommt es, dass sie dort wirken und hier nicht? Muss man nicht doch also zu jenen Gründen noch einen hinzufügen und welcher könnte das sein, als mangelnde Lebenskraft oder sonst irgend etwas Geheimnissvolles? Aber trotzdem sind die Neger, nach einstimmigem Urtheil aller Forscher, die leiblich am wenigsten vollkommen organisirten Menschen, und es wäre doch seltsam, wenn höher stehende Völker mindere Lebenskraft hätten als sie.

Allein diese Annahme ist auch durchaus unnöthig. Die grössere Ausdauer des Negers beruht auf seinem anders gearteten Naturell, was wir zunächst nach der psychischen Seite hin verfolgen wollen. Vom Charakter des Negers ist jeder melancholische Zug ausgeschlossen. Jeder momentane Eindruck ist bei ihrer derb sinnlichen Natur so mächtig, dass der folgende den vorhergehenden sofort auslöscht, und so vergessen sie dadurch auch im tiefsten Elend ihre schlimme Lage rasch und gänzlich, wenn irgend eine plötzliche Anregung zur Lust über sie kommt. So zwingen sie die Sklavenhändler, um sie

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 nur schlechte« (Waitz 4, 280-81). Ein zweiter Grund, weshalb
 viele Naturvölker so schwer die Kultur, auch wenn sie ihnen
 friedlich naht, annehmen, liegt in ihren Gewöhnungen. Es muss
 hier nochmals auf die Kraft der Vererbung erinnert werden. Durch
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 vergeuden auch sie ganz rücksichtslos, wofür schon der
 eine Name Dahomey als Beweis genügt. Und doch waren das
 dieselben Gründe, welche wir als das Aussterben der
 Naturvölker veranlassend annahmen. Wie kommt es, dass sie dort
 wirken und hier nicht? Muss man nicht doch also zu jenen
 Gründen noch einen hinzufügen und welcher könnte das
 sein, als mangelnde Lebenskraft oder sonst irgend etwas
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[0144] dianer« (eb. 287). »Die Christen wollen nicht arbeiten, sie sind Spieler, Bösewichter und Gotteslästerer,« sagte ein Indianer von Nikaragua; auf die Antwort, so handelten nur die schlechten, erwiderte er: »wo sind denn die guten? ich wenigstens kenne nur schlechte« (Waitz 4, 280-81). Ein zweiter Grund, weshalb viele Naturvölker so schwer die Kultur, auch wenn sie ihnen friedlich naht, annehmen, liegt in ihren Gewöhnungen. Es muss hier nochmals auf die Kraft der Vererbung erinnert werden. Durch Jahrtausende langes Leben an ein unstätes Umherschweifen u. dergl. gewöhnt, wird es ihnen sehr schwer, so plötzlich die althergebrachte, tief in ihr leibliches und geistiges Wesen eingewachsene Lebensart zu ändern. § 21. Die afrikanischen Neger. Wir müssen, um einem möglichen Einwand zu begegnen, noch einmal auf einen Umstand zurückkommen, den wir schon vorhin wenigstens berührten. Wie ist es zu erklären, dass die Neger nicht aussterben? Sie sind doch geplagt, gedrückt, gemisshandelt wie kein zweites Volk, der Heimath entrissen, oft ganz zum Lastthier herabgewürdigt — und sie gedeihen doch. Der Hang der Neger zu Ausschweifungen ist bekannt; wie gefährlich ihre Kriege, die sie untereinander führen, für die Besiegten sind, wird nur zu deutlich durch die massenhaft fortgeschleppten Sklaven bewiesen: Menschenleben vergeuden auch sie ganz rücksichtslos, wofür schon der eine Name Dahomey als Beweis genügt. Und doch waren das dieselben Gründe, welche wir als das Aussterben der Naturvölker veranlassend annahmen. Wie kommt es, dass sie dort wirken und hier nicht? Muss man nicht doch also zu jenen Gründen noch einen hinzufügen und welcher könnte das sein, als mangelnde Lebenskraft oder sonst irgend etwas Geheimnissvolles? Aber trotzdem sind die Neger, nach einstimmigem Urtheil aller Forscher, die leiblich am wenigsten vollkommen organisirten Menschen, und es wäre doch seltsam, wenn höher stehende Völker mindere Lebenskraft hätten als sie. Allein diese Annahme ist auch durchaus unnöthig. Die grössere Ausdauer des Negers beruht auf seinem anders gearteten Naturell, was wir zunächst nach der psychischen Seite hin verfolgen wollen. Vom Charakter des Negers ist jeder melancholische Zug ausgeschlossen. Jeder momentane Eindruck ist bei ihrer derb sinnlichen Natur so mächtig, dass der folgende den vorhergehenden sofort auslöscht, und so vergessen sie dadurch auch im tiefsten Elend ihre schlimme Lage rasch und gänzlich, wenn irgend eine plötzliche Anregung zur Lust über sie kommt. So zwingen sie die Sklavenhändler, um sie

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/144>, abgerufen am 24.11.2024.