Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.angewiesen, ein Verfahren, welches sich bitter genug rächt: denn die bei ihnen gewöhnlichsten Uebel sind solche, die schon bei geringer Pflege leicht heilen, bei Vernachlässigung aber tödtlich werden (Turnbull 260 u. 292). Als Chirurgen waren auch sie wie alle Polynesier geschickt (Mörenhout 1, 161). In Amerika finden wir so ziemlich dasselbe. Denn auch die Mexikaner, obwohl tüchtige Chirurgen und mit mancherlei medizinischen Mitteln bekannt, setzten ihre festeste Hoffnung auf abergläubische Mittel (Waitz 4, 165, 174). Die Californier versuchten durch Anblasen und Aussaugen des kranken Gliedes oder dadurch, dass sie andere opferten oder verstümmelten, die Krankheit zu heben (Waitz 4, 250). Aussaugen, Anblasen, Reiben galt auch auf Haiti als Hauptmittel, so wie denn, merkwürdig genug, hier die Aerzte dieselbe Ceremonie anwandten, welche die Neuholländer noch jetzt haben: sie zogen dem Kranken einen Stein und mit ihm den Anlass aller Krankheiten aus dem Mund. Schwerkranke wurden, wie in Mikronesien, ausgesetzt, oder, wie in Nukuhiva erstickt (Waitz 4, 327). Das Hervorziehen des Steines oder Knochens aus dem Körper des Kranken fand sich auf dem brasilianischen Festland unter den Payaguas (Azara 269). Auch in Peru war das Heilverfahren, obwohl man einige Arzneipflanzen kannte, purgirte und zur Ader liess, fast durchaus auf Zauberei begründet (Waitz 4, 463). In Nordamerika nun waren bei fast allen den minder kultivirten Völkern die Aerzte ganz und gar Zauberer, die Krankheit nur Besessenheit, der böse Geist ward daher, zur Kur, ausgesaugt und ausgespieen, oder durch Blasen, Kneten, Schlagen und ähnliche Mittel entfernt (Waitz 3, 213-14). Auch in Südamerika ist Zauberei, Aussaugen Anblasen u. s. w. Hauptmittel und fast überall der Arzt zugleich Zauberer, nur bei den Botokuden nicht, welche nur natürliche Mittel, Reiben, Kneten, Urtikation, auch, aber meist ohne Erfolg, innerliche Arzneien anwenden (Tschudi 2, 286-87) und als Chirurgen nicht ungeschickt sind. Aber Zauberer waren die Aerzte bei den Tupis, den Makusis, deren Heilverfahren, das neben vieler Zauberei auch manche wirklich wirksame Mittel kannte, Schomburgk (2, 333) schildert, ferner bei den Waraus (eb. 1, 170), den Cariben (2, 427), den Araukariern, welche indess neben den Zauberärzten auch noch andere und tüchtigere Aerzte hatten (Waitz 3, 519), den Feuerländern (Bouqainville 130) u. s. w. Dampfbäder sind sehr allgemein verbreitet und bei fast allen Krankheiten angewendet; so bei den Mexikanern und bei den alten Tolteken (Waitz 4, 270); ebenso in Nordamerika (3, 217) in Südamerika bei den Makusi (Schomburgk 2, 333) und sonst. Nicht anders war im grossen Ganzen, nach Langsdorff, das Heilverfahren der Aleuten. Auch die Hottentotten betrachteten alle Krankheiten als Wir- angewiesen, ein Verfahren, welches sich bitter genug rächt: denn die bei ihnen gewöhnlichsten Uebel sind solche, die schon bei geringer Pflege leicht heilen, bei Vernachlässigung aber tödtlich werden (Turnbull 260 u. 292). Als Chirurgen waren auch sie wie alle Polynesier geschickt (Mörenhout 1, 161). In Amerika finden wir so ziemlich dasselbe. Denn auch die Mexikaner, obwohl tüchtige Chirurgen und mit mancherlei medizinischen Mitteln bekannt, setzten ihre festeste Hoffnung auf abergläubische Mittel (Waitz 4, 165, 174). Die Californier versuchten durch Anblasen und Aussaugen des kranken Gliedes oder dadurch, dass sie andere opferten oder verstümmelten, die Krankheit zu heben (Waitz 4, 250). Aussaugen, Anblasen, Reiben galt auch auf Haiti als Hauptmittel, so wie denn, merkwürdig genug, hier die Aerzte dieselbe Ceremonie anwandten, welche die Neuholländer noch jetzt haben: sie zogen dem Kranken einen Stein und mit ihm den Anlass aller Krankheiten aus dem Mund. Schwerkranke wurden, wie in Mikronesien, ausgesetzt, oder, wie in Nukuhiva erstickt (Waitz 4, 327). Das Hervorziehen des Steines oder Knochens aus dem Körper des Kranken fand sich auf dem brasilianischen Festland unter den Payaguas (Azara 269). Auch in Peru war das Heilverfahren, obwohl man einige Arzneipflanzen kannte, purgirte und zur Ader liess, fast durchaus auf Zauberei begründet (Waitz 4, 463). In Nordamerika nun waren bei fast allen den minder kultivirten Völkern die Aerzte ganz und gar Zauberer, die Krankheit nur Besessenheit, der böse Geist ward daher, zur Kur, ausgesaugt und ausgespieen, oder durch Blasen, Kneten, Schlagen und ähnliche Mittel entfernt (Waitz 3, 213-14). Auch in Südamerika ist Zauberei, Aussaugen Anblasen u. s. w. Hauptmittel und fast überall der Arzt zugleich Zauberer, nur bei den Botokuden nicht, welche nur natürliche Mittel, Reiben, Kneten, Urtikation, auch, aber meist ohne Erfolg, innerliche Arzneien anwenden (Tschudi 2, 286-87) und als Chirurgen nicht ungeschickt sind. Aber Zauberer waren die Aerzte bei den Tupis, den Makusis, deren Heilverfahren, das neben vieler Zauberei auch manche wirklich wirksame Mittel kannte, Schomburgk (2, 333) schildert, ferner bei den Waraus (eb. 1, 170), den Cariben (2, 427), den Araukariern, welche indess neben den Zauberärzten auch noch andere und tüchtigere Aerzte hatten (Waitz 3, 519), den Feuerländern (Bouqainville 130) u. s. w. Dampfbäder sind sehr allgemein verbreitet und bei fast allen Krankheiten angewendet; so bei den Mexikanern und bei den alten Tolteken (Waitz 4, 270); ebenso in Nordamerika (3, 217) in Südamerika bei den Makusi (Schomburgk 2, 333) und sonst. Nicht anders war im grossen Ganzen, nach Langsdorff, das Heilverfahren der Aleuten. Auch die Hottentotten betrachteten alle Krankheiten als Wir- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035"/> angewiesen, ein Verfahren, welches sich bitter genug rächt: denn die bei ihnen gewöhnlichsten Uebel sind solche, die schon bei geringer Pflege leicht heilen, bei Vernachlässigung aber tödtlich werden (Turnbull 260 u. 292). Als Chirurgen waren auch sie wie alle Polynesier geschickt (Mörenhout 1, 161).</p> <p>In Amerika finden wir so ziemlich dasselbe. Denn auch die Mexikaner, obwohl tüchtige Chirurgen und mit mancherlei medizinischen Mitteln bekannt, setzten ihre festeste Hoffnung auf abergläubische Mittel (Waitz 4, 165, 174). Die Californier versuchten durch Anblasen und Aussaugen des kranken Gliedes oder dadurch, dass sie andere opferten oder verstümmelten, die Krankheit zu heben (Waitz 4, 250). Aussaugen, Anblasen, Reiben galt auch auf Haiti als Hauptmittel, so wie denn, merkwürdig genug, hier die Aerzte dieselbe Ceremonie anwandten, welche die Neuholländer noch jetzt haben: sie zogen dem Kranken einen Stein und mit ihm den Anlass aller Krankheiten aus dem Mund. Schwerkranke wurden, wie in Mikronesien, ausgesetzt, oder, wie in Nukuhiva erstickt (Waitz 4, 327). Das Hervorziehen des Steines oder Knochens aus dem Körper des Kranken fand sich auf dem brasilianischen Festland unter den Payaguas (Azara 269). Auch in Peru war das Heilverfahren, obwohl man einige Arzneipflanzen kannte, purgirte und zur Ader liess, fast durchaus auf Zauberei begründet (Waitz 4, 463). In Nordamerika nun waren bei fast allen den minder kultivirten Völkern die Aerzte ganz und gar Zauberer, die Krankheit nur Besessenheit, der böse Geist ward daher, zur Kur, ausgesaugt und ausgespieen, oder durch Blasen, Kneten, Schlagen und ähnliche Mittel entfernt (Waitz 3, 213-14). Auch in Südamerika ist Zauberei, Aussaugen Anblasen u. s. w. Hauptmittel und fast überall der Arzt zugleich Zauberer, nur bei den Botokuden nicht, welche nur natürliche Mittel, Reiben, Kneten, Urtikation, auch, aber meist ohne Erfolg, innerliche Arzneien anwenden (Tschudi 2, 286-87) und als Chirurgen nicht ungeschickt sind. Aber Zauberer waren die Aerzte bei den Tupis, den Makusis, deren Heilverfahren, das neben vieler Zauberei auch manche wirklich wirksame Mittel kannte, Schomburgk (2, 333) schildert, ferner bei den Waraus (eb. 1, 170), den Cariben (2, 427), den Araukariern, welche indess neben den Zauberärzten auch noch andere und tüchtigere Aerzte hatten (Waitz 3, 519), den Feuerländern (Bouqainville 130) u. s. w.</p> <p>Dampfbäder sind sehr allgemein verbreitet und bei fast allen Krankheiten angewendet; so bei den Mexikanern und bei den alten Tolteken (Waitz 4, 270); ebenso in Nordamerika (3, 217) in Südamerika bei den Makusi (Schomburgk 2, 333) und sonst.</p> <p>Nicht anders war im grossen Ganzen, nach Langsdorff, das Heilverfahren der Aleuten.</p> <p>Auch die Hottentotten betrachteten alle Krankheiten als Wir- </p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
angewiesen, ein Verfahren, welches sich bitter genug rächt: denn die bei ihnen gewöhnlichsten Uebel sind solche, die schon bei geringer Pflege leicht heilen, bei Vernachlässigung aber tödtlich werden (Turnbull 260 u. 292). Als Chirurgen waren auch sie wie alle Polynesier geschickt (Mörenhout 1, 161).
In Amerika finden wir so ziemlich dasselbe. Denn auch die Mexikaner, obwohl tüchtige Chirurgen und mit mancherlei medizinischen Mitteln bekannt, setzten ihre festeste Hoffnung auf abergläubische Mittel (Waitz 4, 165, 174). Die Californier versuchten durch Anblasen und Aussaugen des kranken Gliedes oder dadurch, dass sie andere opferten oder verstümmelten, die Krankheit zu heben (Waitz 4, 250). Aussaugen, Anblasen, Reiben galt auch auf Haiti als Hauptmittel, so wie denn, merkwürdig genug, hier die Aerzte dieselbe Ceremonie anwandten, welche die Neuholländer noch jetzt haben: sie zogen dem Kranken einen Stein und mit ihm den Anlass aller Krankheiten aus dem Mund. Schwerkranke wurden, wie in Mikronesien, ausgesetzt, oder, wie in Nukuhiva erstickt (Waitz 4, 327). Das Hervorziehen des Steines oder Knochens aus dem Körper des Kranken fand sich auf dem brasilianischen Festland unter den Payaguas (Azara 269). Auch in Peru war das Heilverfahren, obwohl man einige Arzneipflanzen kannte, purgirte und zur Ader liess, fast durchaus auf Zauberei begründet (Waitz 4, 463). In Nordamerika nun waren bei fast allen den minder kultivirten Völkern die Aerzte ganz und gar Zauberer, die Krankheit nur Besessenheit, der böse Geist ward daher, zur Kur, ausgesaugt und ausgespieen, oder durch Blasen, Kneten, Schlagen und ähnliche Mittel entfernt (Waitz 3, 213-14). Auch in Südamerika ist Zauberei, Aussaugen Anblasen u. s. w. Hauptmittel und fast überall der Arzt zugleich Zauberer, nur bei den Botokuden nicht, welche nur natürliche Mittel, Reiben, Kneten, Urtikation, auch, aber meist ohne Erfolg, innerliche Arzneien anwenden (Tschudi 2, 286-87) und als Chirurgen nicht ungeschickt sind. Aber Zauberer waren die Aerzte bei den Tupis, den Makusis, deren Heilverfahren, das neben vieler Zauberei auch manche wirklich wirksame Mittel kannte, Schomburgk (2, 333) schildert, ferner bei den Waraus (eb. 1, 170), den Cariben (2, 427), den Araukariern, welche indess neben den Zauberärzten auch noch andere und tüchtigere Aerzte hatten (Waitz 3, 519), den Feuerländern (Bouqainville 130) u. s. w.
Dampfbäder sind sehr allgemein verbreitet und bei fast allen Krankheiten angewendet; so bei den Mexikanern und bei den alten Tolteken (Waitz 4, 270); ebenso in Nordamerika (3, 217) in Südamerika bei den Makusi (Schomburgk 2, 333) und sonst.
Nicht anders war im grossen Ganzen, nach Langsdorff, das Heilverfahren der Aleuten.
Auch die Hottentotten betrachteten alle Krankheiten als Wir-
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